Premierministerin Magdalena Andersson
AP/TT News Agency/Jonas Ekströmer
Wahl in Schweden

Linksbündnis unter Andersson führt

Das knappe Rennen nähert sich der Entscheidung: Bei ersten Prognosen und Nachwahlbefragungen führt das Linksbündnis unter der sozialdemokratischen Premierministerin Magdalena Andersson vor dem rechten Lager. Die Moderaten, Christdemokraten und die Liberalen hatten sich erstmals mit den rechtsradikalen Schwedendemokraten verbündet, um Andersson zu besiegen.

Treffen die Prognosen nach Wahlschluss zu, dürfte sich Andersson eine weitere Amtszeit gesichert haben. Nach einer im Sender TV4 veröffentlichten Befragung kamen die vier Linksparteien auf 50,6 Prozent der Stimmen und die vier Parteien des rechten Lagers auf 48 Prozent. Der Sender SVT prognostizierte einen noch knapperen Ausgang, mit 49,8 für die Linke und 49,2 für die Rechte.

Anderssons Sozialdemokraten lagen klar auf Platz eins. Laut SVT erhielten sie als Einzelpartei etwa 29,3 Prozent der Stimmen. Die Schwedendemokraten kamen demnach auf etwa 20,5 Prozent – damit sind sie auf dem Weg zu einem Rekordergebnis und werden wohl erstmals zweitstärkste politische Kraft im Reichstag in Stockholm. Die Moderaten von Ulf Kristersson lagen den Angaben zufolge bei 18,8 Prozent. Das wäre ihr schlechtestes Ergebnis seit 2002.

In Schweden weichen die Wahlumfragen allerdings manchmal deutlich vom Endergebnis ab. In dem skandinavischen Land waren rund 7,5 Millionen Menschen zur Stimmabgabe aufgerufen, die Wahlbeteiligung ist traditionell hoch.

Bündnis mit Schwedendemokraten

Das Rechtslager aus Moderaten, Christdemokraten und Liberalen hatte sich erstmals mit den rechtsradikalen Schwedendemokraten (SD) zusammengeschlossen. Kristersson von den Moderaten hatte diese Kehrtwende 2019 eingeläutet, damals nahm er bereits Gespräche mit den nationalistischen und einwanderungsfeindlichen Schwedendemokraten um Parteichef Jimmie Akesson auf. Später zogen seine Bündnispartner, Christdemokraten und Liberale, nach.

Jimmie Akesson, Vorsitzender der Demokraten
AP/TT News Agency/Tim Aro
Jimmie Akesson von den Schwedendemokraten: Auf dem Weg zu einem Rekordergebnis

Die aus der Neonazi-Bewegung Ende der 1980er Jahre hervorgegangenen Schwedendemokraten um Akesson waren 2010 mit 5,7 Prozent der Stimmen erstmals in den schwedischen Reichstag eingezogen, 2018 erreichten sie bereits 17,5 Prozent. Ihr Aufstieg in den vergangenen zehn Jahren fällt mit einer deutlichen Zunahme der Zahl der Einwanderinnen und Einwanderer zusammen. Schweden mit seinen zehn Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern nahm in diesem Zeitraum fast eine halbe Million Asylwerber auf. Die klare Ablehnung von Zuwanderung und gleichzeitige Verteidigung des schwedischen Wohlfahrtsstaats haben die Schwedendemokraten bei unteren Einkommensschichten und Pensionisten beliebt gemacht.

Gewalt und Migration als Themen

Wahlkampfthema Nummer eins war auch die Gewaltspirale der vergangenen Jahre. Erst im Sommer hatte es in Schweden eine Serie von Gewalttaten mit Verbindung zur organisierten (Drogen-)Kriminalität gegeben. Bisher jüngstes und spektakuläres Beispiel waren die tödlichen Schüsse in einem Einkaufszentrum in Malmö Mitte August. Immer wieder gerieten auch Unbeteiligte zufällig in die Schusslinie.

Die Opposition warf Anderssons Sozialdemokraten vor, die Situation nicht im Griff zu haben. Laut dem Schwedendemokraten Akesson sei vor allem die „große, unkontrollierte und nachlässige Migrationspolitik“ schuld an der hohen Bandenkriminalität.

NATO und Klima ausgespart

Die Bewerbung des skandinavischen EU-Lands um die NATO-Mitgliedschaft im Zuge des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine spielte dagegen im Wahlkampf kaum eine Rolle. Auch Klimathemen wurden weitgehend ausgespart, wie die schwedische Klimaschutzaktivistin Greta Thunberg kritisierte.

Unabhängig vom Ausgang der Abstimmung dürfte wie bereits nach der Wahl 2018 eine langwierige Regierungsbildung bevorstehen, da sich auch die Parteien innerhalb der Blöcke in mehreren Angelegenheiten uneins sind. Der schwedische Reichstag hat 349 Sitze. Für eine Mehrheit sind somit 175 Mandate notwendig. Um diese äußerst knappe Zahl zu erreichen, sind Andersson und ihre rein sozialdemokratische Minderheitsregierung bisher auf die Unterstützung der liberalen Zentrumspartei, der Linken und der Grünen angewiesen. Der konservativ-rechte Block unter Kristersson verfügte bisher über die restlichen 174 Sitze.

Eine lange Pattsituation wäre allerdings schwierig: Wirtschaftskrise, der NATO-Beitritt und die EU-Ratspräsidentschaft 2023 stellen die künftige Regierung vor enorme Herausforderungen.