Grafik der 7-Tage-Inzidenz
ORF.at/corona
Coronavirus

Flurbereinigung im Datendschungel

Im Dschungel der österreichischen Coronavirus-Daten gibt es nach zweieinhalb Jahren eine Flurbereinigung: Anstatt der bisherigen drei unterschiedlichen Zahlen zu den täglichen Neuinfektionen will das Gesundheitsministerium ab Dienstag nur noch einen Datensatz veröffentlichen. Die Morgenmeldung der Ministerien wird entfallen, es werden nur noch nachmittags die Daten der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) vermeldet.

Die Existenz unterschiedlicher Datenquellen hatte besonders in der Anfangsphase der Pandemie immer wieder für Verwirrung gesorgt. Bis zuletzt wurden drei teils voneinander abweichende Werte für Neuinfektionen und Todesfälle veröffentlicht: die im Krisenstab von Ländern und Bund gemeldeten Zahlen, die im Epidemiologischen Meldesystem (EMS) registrierten Daten und die im Laufe des Tages von der AGES bereinigten EMS-Zahlen.

Künftig wird die Datenmeldung des Krisenstabes gestrichen, und die EMS-Zahlen werden nur noch in der von der AGES bereinigten Version veröffentlicht. Damit wird die Infektions- und Todesfallstatistik zwar vereinheitlicht, aber etwas später als die Morgenmeldung zur Verfügung stehen, nämlich um 14.00 Uhr auf der AGES-Homepage und im Infopoint Coronavirus in ORF.at.

Genauere AGES-Zahlen

Diese Daten wurden auch seit ihrer Verfügbarkeit in ORF.at berichtet. Aus ihnen wird die offizielle 7-Tage-Inzidenz berechnet, nicht nur, weil sie im Gegensatz zu den anderen Zahlen auch etwa um Doppelmeldungen bereinigt sind: Wesentlicher Unterschied ist, dass laborbestätigte Fälle, Tote etc. nicht zum Meldezeitpunkt dargestellt werden, sondern zum Diagnose- bzw. Sterbedatum. Damit sind diese Daten für die Darstellung des Pandemieverlaufs genauer. In der Darstellung in ORF.at wurde und wird auch täglich transparent gemacht, welchen Tagen die neu gemeldeten Fälle zugeordnet werden.

Datenbereinigung mit Umstellung

„Mit dem Schritt wird die Kritik des Rechnungshofes am bisherigen Corona-Datenmanagement umgesetzt“, hieß es in einer Aussendung des Gesundheitsministeriums am Montag. Die Morgenmeldung der Bundesländer gründete sich, so das Ministerium, ursprünglich auf der rasanten Entwicklung der Fallzahlen: „Sie sorgten für einen raschen und tagesaktuellen Überblick über die Entwicklung des Infektionsgeschehens, auch wenn die von den Bundesländern eingemeldeten Fälle teilweise noch nicht im EMS erfasst waren.“

Mit der nunmehrigen Umstellung erfolgt auch eine weitere Datenbereinigung: Die Gesamtzahl der Infektionen wird den Angaben zufolge durch die Umstellung um rund 18.000 geringer ausfallen als bisher von der AGES ausgewiesen.

Höhere Dunkelziffer

Fraglich bleibt allerdings, wie genau die offizielle Statistik das Infektionsgeschehen abbildet. Die Frage der Dunkelziffer war immer ein Unsicherheitsfaktor, mit der deutlichen Reduktion der Tests durch Limitierung der Gratistests und durch die sinkende Bereitschaft, sich testen zu lassen, fällt dieser nun wohl stärker aus.

Komplexitätsforscher Peter Klimek hatte daher im August gewarnt, dass die EMS-Zahlen kaum noch aussagekräftig sein dürften und die Dunkelziffer deutlich über den offiziellen Infektionszahlen liegen dürfte. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler forderten daher statt der kostspieligen Massentests ein Monitoring einer repräsentativen Stichprobe der Bevölkerung.

Impfdaten mit neuen Datenquellen

Auch bei den Impfzahlen kommt es zu einer Harmonisierung: Per Ende September übernehmen im Rahmen einer Kooperation zwischen dem Gesundheitsministerium und der ELGA GmbH die IT-Services der Sozialversicherung die Datenlieferung für das Impfdashboard. Das führt unter anderem zu quartalsaktuellen Bevölkerungszahlen der Statistik Austria; bisher wurden diese nur jährlich aktualisiert.
Da derzeit ausreichend CoV-Impfstoff vorhanden ist, wird zudem der Datensatz mit der Auslieferung von Impfstoffen in die Bundesländer nicht mehr dargestellt.

Genauere Daten zu Hospitalisierten

Seit September – und damit für Kritiker viel zu spät – gibt es auch genauere Daten zu jenen Personen, die mit einer Covid-19-Erkrankung im Krankenhaus behandelt werden. Das von der Gesundheit Österreich GmbH geführte Covid-19-Register zeigt unter anderem den Impfstatus und Vorerkrankungen von Patientinnen und Patienten in den Spitälern, vor allem aber, ob sie wegen einer Coronavirus-Erkrankung aufgenommen und mit welcher Hauptdiagnose sie entlassen wurden.

Die Daten werden allerdings nur wöchentlich aktualisiert und einigermaßen vollständig erst seit Mai des Jahres erhoben. Den Pandemieverlauf bilden sie damit nicht ab, auch Verknüpfungen und Vergleiche mit Spitalsdaten aus anderen Datenquellen sind damit „nicht zulässig“, wie es auf der Website heißt. Zudem werden sie nicht maschinenlesbar angeboten, sie können daher im Infopoint Coronavirus in ORF.at nicht dargestellt werden.

Höherer Aufwand im Spital auch bei Nebendiagnose

Insbesondere die Nichtunterscheidung von Haupt- und Nebendiagnose wurde in den vergangenen Monaten und Jahren immer wieder kritisiert, zum Teil erfolgte die Datenerfassung in den Bundesländern auch nicht einheitlich.

Wien weist seit einiger Zeit aus, ob Patienten aufgrund einer SARS-CoV-2-Erkrankung aufgenommen wurden oder aus zwei anderen Gründen: wegen einer durch Covid verstärkten Grunderkrankung oder aus einem davon völlig unabhängigen Grund, zu dem eine Infektion dazukam. Hingewiesen wird aber auch darauf, dass in Spitälern auch dann ein höherer Pflege- und Isolationsaufwand entsteht, wenn die Aufnahme nicht wegen Covid-19 erfolgt.