Netzwerkkabel
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Lahmgelegt

Wochenlange Cyberangriffe auf Montenegro

Das NATO-Mitglied Montenegro kämpft seit geraumer Zeit gegen einen schweren Hackerangriff auf die Regierung. Die behördlichen Websites fielen aus, etliche Bereiche der systemrelevanten Infrastruktur, etwa auch Banken und Versorgungssysteme, sind in Gefahr. Im Verdacht stehen einmal mehr Verbündete Russlands.

In den Regierungsbüros in Podgorica geht nichts mehr: Alle PCs mussten aus Sicherheitsgründen vom Netz getrennt werden, das Internet wurde abgeschaltet, zahllose Websites funktionieren im Moment ohnehin nicht. Der kleine Balkan-Staat wurde offenbar Opfer eines konzertierten Hacks, der schon im August begonnen hat, wie die Nachrichtenagentur AP berichtete. Laut offiziellen Angaben trügen die Cyberangriffe die Markenzeichen russischer oder prorussischer Hacker.

Auch die systemrelevante Infrastruktur, einschließlich Banken, Wasser- und Stromversorgungssystemen, sind nun einem hohen Risiko ausgesetzt, wie es am Montag hieß. Der jüngste Angriff, der von Fachleuten als in Montenegro beispiellos in Intensität und Dauer beschrieben wird, stand am Ende einer ganzen Serie von Cyberattacken seit Beginn des Ukraine-Kriegs. Im Verdacht steht die Gruppe „Cuba Ransomware“, die im Allgemeinen ohne Einmischung des Kreml operiert, solange sie nicht auf russische Verbündete abzielt. „Cuba Ransomware“ bekannte sich auch zumindest teilweise zu den Angriffen, durchgeführt mit einem Virus namens „Zerodate“.

FBI hilft bei Untersuchung

„Wir sind seit etwa 20 Tagen mit ernsthaften Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Cyberangriff konfrontiert, und das gesamte staatliche System, das System der staatlichen Verwaltung und das System der Dienstleistungen für die Bürger funktionieren auf einem ziemlich restriktiven Niveau“, sagte Verteidigungsminister Rasko Konjevic.

Er ging davon aus, dass solche Hackergruppen im Auftrag staatlicher Geheimdienste agieren. Die NATO-bezogenen Daten des Verteidigungsministeriums seien aber „in besonderer Weise“ geschützt, so Konjevic zur AP. Nun würden Fachleute aus mehreren Ländern, darunter das FBI, dabei helfen, die Systeme wieder zum Laufen zu bringen und die Schuldigen zu finden.

Verteidigungsminister Montenegros Rasko Konjevic
AP/Risto Bozovic
Minister Konjevic vor seinem schwarzen Bildschirm: Er hat Russland im Verdacht

Laut Expertinnen und Experten geht eine ganze Reihe von großangelegten Cyberattacken in den vergangenen Monaten auf das Konto Russlands. Sie sehen darin einen Versuch, unter anderem die Balkan-Region und Osteuropa zu destabilisieren. Zu den Opfern zählten etwa auch die Moldawien, Slowenien und Bulgarien.

Bevölkerung gespalten

Montenegro, 2006 von Serbien abgespalten, wird derzeit von einer Übergangsregierung regiert. Premier Dritan Abazovic hatte eine Vertrauensabstimmung verloren, nachdem er ohne Zustimmung der Koalition einen umstrittenen Vertrag mit der serbisch-orthodoxen Kirche unterschrieben hatte.

Die Bevölkerung ist tief gespalten zwischen zwei Seiten: jenen, die ihre Bande zu Russland und Serbien wieder stärken wollen, und jenen, die die Mitgliedschaft in der EU erreichen wollen. Montenegro ist seit 2010 Beitrittskandidat. Seit 2017 ist das Land auch Teil der NATO, der Beitritt erfolgte gegen den Willen des Kreml.

Spätestens seit Beginn der russischen Invasion in der Ukraine gilt Montenegro in Moskau ebenso als „feindlicher Staat“ wie die EU-Mitgliedsländer, denn Podgorica befürwortete auch die Sanktionen gegen Russland.