Ukraine sucht bei Vormarsch nach Kollaborateuren

Die ukrainischen Truppen durchkämmen die zurückeroberten Gebiete im Osten nach Kollaborateuren der russischen Besatzungsmacht. Außerdem würden Minen geräumt, teilte der ukrainische Generalstab in seinem Lagebericht heute Abend mit. Er machte keine weiteren Angaben zum Vordringen der Ukrainer, die die russischen Truppen im Gebiet Charkiw weitgehend in die Flucht geschlagen haben.

Fotos zeigten ukrainische Soldaten heute in Sjwatohirsk im Gebiet Donezk. Eine Bestätigung für die Einnahme der Stadt mit einem wichtigen orthodoxen Kloster gab es nicht.

Militärstratege ortet „Wendepunkt“

Der österreichische Militärstratege Berthold Sandtner sprach in der ZIB2 unterdessen von einem „Wendepunkt“. „Wenn man aber auf ein schnelles Kriegsende hofft, hofft man umsonst“, sagte der Oberst zur aktuellen Kriegssituation weiter.

Er meinte, dass die Russen vom raschen ukrainischen Vormarsch überrascht worden seien, auch weil es „keine Tiefe in der Verteidigung“ gebe und die Moral der russischen Soldaten im Schwinden begriffen sei. Deshalb sei den Russen oft nur die Flucht geblieben, erklärte der Sandtner. Wie Russlands Präsident Wladimir Putin auf die neue Situation reagiere, sei noch offen, ein Atomschlag sei „hoffentlich keine Option“.

Militärstratege Sandtner im Studio

Die Ukraine treibt nach den militärischen Erfolgen ihre Gegenoffensive weiter voran. Ein Wendepunkt im Krieg? In der ZIB2 war dazu der Militärstratege Berthold Sandtner vom Bundesheer.

Kämpfe fast entlang gesamter Front im Osten

Der ukrainische Generalstab berichtete von Kämpfen fast entlang der gesamten Front im Osten. Mehrere Angriffe der russischen Armee seien abgewehrt worden. Die eigene Luftwaffe und Artillerie habe mehrere russische Kommandopunkte und Depots zerstört. Die Militärangaben waren nicht unabhängig überprüfbar.

Aus der Feindbeobachtung über die Front hinweg meldete der Kiewer Generalstab, dass Russland keine neu zusammengestellten Truppen mehr in die Ukraine entsende. Als Grund wurde genannt, dass viele Freiwillige unter dem Eindruck hoher Totenzahlen einen Einsatz in der Ukraine verweigerten. Dafür gab es keine russische Bestätigung.

Ebenfalls keine Moskauer Bestätigung gab es für eine Mitteilung des ukrainischen Militärgeheimdiensts von gestern. Demzufolge soll der für die Front bei Charkiw zuständige russische General Roman Berdnikow durch General Alexander Lapin ersetzt worden sein.

US-Vertreter: Viele russische Soldaten verlassen Ukraine

Viele der russischen Soldaten, die sich auf dem Rückzug aus dem Großraum Charkiw befinden, verließen nach Einschätzung der US-Armee die Ukraine. Große Teile dieser Truppen hätten die Grenze überquert und seien nach Russland zurückgekehrt, sagte ein hochrangiger US-Militärvertreter. Zahlen nannte der US-Vertreter nicht.