zahlreiche Personen warten um die Überführung der Queen vom Buckingham Palast in die Westminster Hall zu beobachten
Reuters/Victoria Jones
Queen-Totenwache

Massen formen „britische“ Warteschlange

London nimmt Abschied von Queen Elizabeth II.: Ein Trauerzug um König Charles III. und seine Söhne Prinz William und Prinz Harry geleitet am Mittwochnachmittag den Sarg der Königin vom Buckingham-Palast zum britischen Parlament, wo sie bis Montag aufgebahrt wird. Schon seit Stunden strömen Tausende Trauernde und Schaulustige in das Zentrum, um einen Platz in der Warteschlange für die Totenwache oder auf den Tribünen für den Trauerzug zu ergattern.

Bereits in der Nacht harrten trotz Regens Zehntausende in Zelten in der Schlange aus. Medien berichten, dass dabei „britische“ – also überaus geordnete – Verhältnisse herrschen würden. Es wird erwartet, dass rund 400.000 Menschen in das britische Parlament strömen werden. Bereits jetzt gibt es Befürchtungen, dass es noch mehr Trauergäste werden könnten und die Kapazitäten ausgereizt werden.

Schon in den vergangenen Stunden hatten Anhängerinnen und Anhänger der Royals den Anfang einer Warteschlange formiert, die von Westminster entlang des südlichen Ufers der Themse geführt wird. Die Behörden riefen noch ankommende Trauergäste dazu auf, sich angemessen auf eine Wartezeit von bis zu 30 Stunden vorzubereiten.

zahlreiche Personen warten um die Überführung der Queen vom Buckingham Palast in die Westminster Hall zu beobachten
Reuters/Kevin Coombs
Es herrschen strikte Sicherheitsvorkehrungen

„Viele Stunden stehen“

Man müsse „für viele Stunden stehen, sehr wahrscheinlich über Nacht“. Dabei gebe es nur wenig Gelegenheit, sich hinzusetzen, da die Schlange durchgehend in Bewegung ist. Wie das zuständige Kulturministerium am Mittwoch mitteilte, werden durchgängig mehr als 1.000 Freiwillige, Securitys und Polizeikräfte entlang der Warteschlange im Einsatz sein.

Hinzu kommen Hunderte medizinische Kräfte, erwachsene Pfadfinder sowie 30 Abgesandte verschiedener Religionen. Auch zwei Gebärdensprachen-Dolmetscher sollen verfügbar sein. Entlang der Strecke stehen nicht nur Erste-Hilfe-Zelte, sondern auch 500 mobile Toiletten. Verschiedenfarbige Armbänder zeigen den Platz in der Warteschlage an.

London verabschiedet sich von Queen

ORF-Korrespondentin Sophie Roupetz erläutert, wie sich London auf die Trauerprozession vorbereitet hat.

Die Menschen wurden aufgerufen, sich einerseits für das Wetter, andererseits für den Anlass angemessen zu kleiden. Sie müssten zudem genug Essen und Trinken, etwaige Medikamente und eine Powerbank für ihre Smartphones mitnehmen. Trauergaben wie Blumen, Kerzen, Stofftiere und Fotos sind nicht erlaubt, ebenso wenig Kleidung mit „beleidigenden“ Slogans. Angesichts der Menschenmassen werden Verkehrsbehinderungen erwartet, auch im öffentlichen Nahverkehr und rund um London.

die Kavallerie „Blues and Royals“
AP/PA/Andrew Matthews
Die Royal Horse Guards patrouillierten vor Beginn des Trauerzugs

Der Flugverkehr in London wurde ebenfalls eingeschränkt. Von 13.50 bis 15.40 Uhr Ortszeit (14.50 bis 16.40 Uhr MESZ) dürften bestimmte Flüge über der Hauptstadt nicht stattfinden, teilte der Flughafen Heathrow mit. Das solle „die Ruhe während der Prozession“ sicherstellen, in der die sterblichen Überreste der Queen vom Buckingham-Palast zur Aufbahrung nach Westminister Hall gebracht werden. „Die Passagiere werden direkt von ihrer Fluggesellschaft über Flugänderungen informiert“, hieß es in der Erklärung des Flughafens weiter.

Halbstündiger Geleitzug

Die Zuschauerbereiche entlang der Route des Trauerzugs füllten sich bis zum Nachmittag komplett. Trotz der Menschenmassen war es weitgehend still. Der Geleitzug, in dem auch Elizabeths übrige Kinder Prinzessin Anne, Prinz Andrew und Prinz Edward schreiten, verließ um 15.22 Uhr MESZ (14.22 Uhr Ortszeit) den Palast. In dem ältesten Teil des Parlaments wird der geschlossene und mit der royalen Standarte bedeckte Sarg der Queen aufgebahrt.

zahlreiche Personen warten um die Überführung der Queen vom Buckingham Palast in die Westminster Hall zu beobachten
AP/PA/Andrew Matthews
Auch beim Trauerzug werden zahlreiche Schaulustige erwartet

Weiterhin gehören Annes Sohn Peter Philips und ihr Ehemann Tim Laurence sowie der Herzog von Gloucester, ein Cousin der Queen, und der Earl von Snowdon, ihr Neffe, zum Trauerzug. Charles’ Gattin Königin Camilla sowie die Ehefrauen von William, Harry und Edward – Prinzessin Kate, Herzogin Meghan und Gräfin Sophie – fahren in Autos dem Sarg hinterher.

Prinz Charles bei der Ankunft im Buckingham Palast
AP/Pool Photo/Henry Nicholls
König Charles wird den Trauerzug begleiten

Nach einem kurzen Gottesdienst öffnen dann die Türen, und die Öffentlichkeit darf Abschied von der Königin nehmen. Bis Montagfrüh, dem Tag des Staatsbegräbnisses, sind die Tore rund um die Uhr geöffnet. Die BBC wird einen durchgehenden Livestream zur Verfügung stellen.

Sarg reiste durchs Land

Elizabeth II. war am Donnerstag im Alter von 96 Jahren auf ihrem schottischen Landsitz Schloss Balmoral gestorben. Am Sonntag wurde ihr Sarg in die schottische Hauptstadt Edinburgh überführt und am Montag mit einem Trauermarsch, an dem auch König Charles III. und seine Geschwister zu Fuß teilnahmen, in eine Kathedrale gebracht.

Der Sarg mit den sterblichen Überresten der Queen kam am Dienstagabend mit einer Transportmaschine der britischen Luftwaffe von Edinburgh nach London. Er wurde vor dem Buckingham-Palast von Tausenden Menschen mit lautem Beifall begrüßt und dann von Charles, seinen Geschwistern sowie den Enkeln der Queen empfangen. Über Nacht war der Sarg im Bow Room aufgestellt.

Hunderte Würdenträger bei Begräbnis

Das Staatsbegräbnis für die Queen findet am Montag statt. Dazu werden Hunderte Staats- und Regierungschefs, Angehörige von Königshäusern und andere Würdenträger in London erwartet.

Als große Ehre gilt, dass Japans Kaiser Naruhito und seine Frau, Kaiserin Masako, anreisen werden. Japanische Monarchen nehmen traditionellerweise nicht an Bestattungen teil, weder im eigenen Land noch im Ausland. Dass Naruhito dennoch kommt, sei Ausdruck der tiefen Verbundenheit zwischen der königlichen und der kaiserlichen Familie, berichtete die japanische Nachrichtenagentur Kyodo.

Auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen reist an. Erwartet werden zudem der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, US-Präsident Joe Biden, der französische Präsident Emmanuel Macron und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Vertreter aus Russland und Belarus sind nach Informationen der britischen Nachrichtenagentur PA unerwünscht. Erwartet wird einer der größten Polizeieinsätze in der Geschichte Londons.

Öffentliches Leben soll stillstehen

Mit dem Begräbnis wird aber auch das öffentliche Leben noch einmal in den Ausnahmezustand versetzt. Laut Medienberichten wurden bereits Tausende geplante Operationen in Spitälern verschoben, auch zahlreiche Begräbnisse wurden vertagt. Ganztägig werden keine Gerichtsverhandlungen stattfinden. Zahlreiche Theater und Museen wollen Schließtage einlegen. Sogar große Supermarktketten wie Morrisons und Marks & Spencer wollen ihre Filialien am Montag geschlossen halten.