Lululemon-Filiale in New York
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Greenwashing

Protest gegen „dreckiges“ lululemon

„Sei ein Mensch. Sei gut. Sei der Planet“, „Frieden mit Absicht“, „Eine gesunde Erde wiederherstellen“, mit Slogans wie diesen wirbt die Yogamarke lululemon. Wie es scheint, mit Erfolg: Erst Anfang September erhöhte das Unternehmen mit einem Umsatz in Milliardenhöhe seine Jahresprognose noch einmal stark. Nun aber sieht sich lululemon mit Protesten von der ureigensten Zielgruppe konfrontiert. Der Vorwurf aus der Klimaschutz- und Yogaszene: Lululemon betreibe Greenwashing.

Neben Shirts, Shorts, Schuhen, Leggings, Hoodies, Cappies, Hidschabs, Haarbänder, Sporttaschen, Wasserflaschen und natürlich Yogamatten, Yogablöcken und Yogabändern gibt es auch lululemon-Stores, eine lululemon-Community, lululemon-Onlinehubs und sogar lululemon-Festivals. Wer sich auf den viel propagierten „Pfad der Veränderung“ begeben möchte, kann bei dem Produktpotpourri des kanadischen Modeunternehmens zweifellos aus dem Vollen schöpfen.

In den vergangenen Jahren stetig gewachsen, ging das Unternehmen nicht zuletzt durch pandemische Home-Workouts regelrecht durch die Decke. Zum Workout mitgeliefert bekam man ein doppelt gutes Gewissen: „Unser Ziel ist es, die Welt zu verbessern, indem wir das volle Potenzial jedes Einzelnen von uns ausschöpfen“, heißt es auf der eigens eingerichteten Nachhaltigkeitswebsite des Unternehmens.

Männer während einer Yoga-Stunde
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Yogalehrer, die einst als Markenbotschafter für lululemon tätig waren, zeigen sich nun von den Unternehmenspraktiken enttäuscht

Saubermännchenmäntelchen mit Flecken

Ein Blick auf die Vergangenheit zeigt aber: Das Saubermännchenmäntelchenimage von lululemon hat im Laufe der Jahre ein paar Flecken bekommen. Einmal wurde etwa ein bisschen bei Materialangaben geschummelt, ein anderes Mal wieder bei der Produktqualität oder bei der gerechten Bezahlung und Behandlung von Fabriksarbeiterinnen. Neben einem Patenrechtsstreit mit Calvin Klein sorgte auch der Firmengründer immer wieder mit kontroversiellen Aussagen für Aufregung – etwa zu asiatischer Aussprache und weiblichen Körperformen.

„Greenwashing“

Wenn Unternehmen sich für PR-Zwecke als nachhaltig und umweltfreundlich positionieren, das aber nicht sind, spricht man von „Greenwashing“. Das reicht von leeren Versprechen bis zu gezielter Täuschung.

Kohlefabriken in Kritik

Nun dürfte das Unternehmen selbst ins Schwitzen kommen: „Hunderte von Yogalehrern und -lehrerinnen kritisieren lululemon wegen kohlebetriebener Fabriken“, titelte der „Guardian“ kürzlich. Klimaschützerinnen und Klimaschützer würden beanstanden, dass die Umweltverschmutzung durch die Produktion des milliardenschweren Bekleidungsunternehmens nicht mit dessen ethischem Markenauftritt vereinbar sei, ist dort weiter zu lesen.

„Praktiziert, was ihr predigt“

Mittlerweile gibt es sogar eine eigene Petition der Kritikerinnen und Kritiker, die an das Unternehmen appellieren, auf Erneuerbare Energien umzustellen. In einem dazugehörigen offenen Brief heißt es: „Praktiziert, was ihr predigt“. Fast 1.700 Yogalehrerende sowie -schülerinnen und -schüler aus rund 30 Ländern fordern lululemon auf, „seinen Werten gerecht zu werden und keine Kohle mehr zu verwenden – für den Planeten und die Menschheit“.

In einem Statement eines Yogalehrers unter der Petition ist zu lesen: „Einer der wichtigsten Grundsätze des Yoga ist ahimsa, die Praxis des ‚geringstmöglichen Schadens‘. Lululemon verdient Geld durch seine Verbindung zum Yoga.“ Die Auswirkungen des Klimawandels könnten nicht aufgehalten werden, wenn sich diese großen Unternehmen nicht engagieren.

Unter den Yogalehrern, die die Petition unterzeichneten, seien auch aktuelle und ehemalige Markenbotschafter dabei. Diese hätten dem Unternehmen einst verholfen, zu einem „Multimilliarden-Dollar-Riesen“ zu wachsen, indem sie öffentliche Kurse in Lululemon-Geschäften leiteten, schrieb der „Guardian“.

Yoga-Gruppe
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Umweltfreundliche Materialien aus umweltschädlicher Produktion – die Yogamarke gerät derzeit unter Druck

Lululemon will „nachhaltige“ Bekleidungsindustrie

Derzeit würden dem „Guardian“ zufolge noch fast die Hälfte der produzierenden Fabriken mit Kohle betrieben werden. Lululemon hat sich laut eigener Aussage zum Ziel gesetzt, die Treibhausgasemissionen des Unternehmens bis 2030 um 60 Prozent zu senken.

In einer Erklärung betonte das Unternehmen, dass es sich darauf konzentriere, „eine Bekleidungsindustrie zu schaffen, die nachhaltig ist und die drastischen Auswirkungen des Klimawandels durch jene Ziele und Strategien bekämpfe, die einen schnellen Übergang zu erneuerbaren Energien und Energieeffizienz beinhalten“.

Seitens des Unternehmens heißt es zudem, dass daher bereits Initiativen zur Steigerung der Energieeffizienz ergriffen worden seien und dass auch für die Rohstofflieferanten Möglichkeiten bestehen, von Kohle auf Erdgas, Biomasse und/oder erneuerbare Energien umzusteigen.

Maßnahmen „nicht gut genug“

Laut Berechnungen, die im „Guardian“-Bericht zitiert werden, ist lululemon von dem Ziel allerdings noch weit entfernt. Die Emissionen würden, abgesehen von jenen im eigenen Betrieb, derzeit sogar steigen.

Dass die Klimaschutzmaßnahmen derzeit bei Weitem nicht ausreichen würden, bestätigt auch „good on you“ – eine Initiative, die Modemarken auf ihre Nachhaltigkeit hin prüft und bewertet. Zwar verwende lululemon „umweltfreundliche und recycelte Materialien“, die Klimaschutzmaßnahmen seien alles in allem aber „nicht gut genug“.

Unter dem Bereich „Planet“ erreicht lululemon daher nur zwei von fünf Punkten. Möglicherweise liegen die anderen fünf Punkte ja noch irgendwo auf dem „Pfad der Veränderung“. Oder wie lululemon kürzlich selbst auf Twitter schrieb: Scheitern – Korrigieren – Erfolg haben – Wiederholen.