OeNB-Chef Holzmann: EZB unterschätzte Inflationsgefahr

Die Europäische Zentralbank (EZB) habe im letzten Jahr die Inflationsgefahr systematisch unterschätzt, das sagte der Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB), Robert Holzmann, gestern in der ZIB2. Dennoch habe es seit Dezember 2021 Maßnahmen gegen die Teuerung gegeben, wenn auch nicht mit Zinserhöhungen. „Man hätte mehr machen können“, so Holzmann. Aber etwa den Angriff Russlands auf die Ukraine habe man nicht vorhersehen können. Auch sei die Inflation in den USA trotz schnellerer Eingriffe ähnlich hoch.

Sparzinsen real noch „lange Zeit“ negativ

Die Inflation wird wohl noch etwas steigen und nach Erwartung der EZB erst Ende 2024 „in Richtung zwei Prozent“ gehen. Für Österreich sei die EZB weniger optimistisch. Auch Sparern macht Holzmann wenig Hoffnung: Unter Berücksichtigung der Inflation, also real, würden die Sparzinsen noch „für lange Zeit“ negativ bleiben – Sparer werden also noch lange Geld verlieren, wenn ihr Vermögen auf Sparbüchern geparkt ist. Auch für viele Menschen mit variablen Kreditzinsen seien „größere Probleme“ zu befürchten.

Immerhin erwartet Holzmann keinen länger dauernden Abschwung bei hoher Inflation (Stagflation). Eventuell könnte es im vierten Quartal einen „Durchhänger“ geben, bei dem die Wirtschaft nicht mehr wächst, während die Preise stark steigen. Wie hoch der Leitzins der EZB am Jahresende sein wird, könne er nicht sagen, aber „sicher höher als heute“.

Von den EU-Staaten wünsche sich die EZB zur Eindämmung der Inflation zwei Punkte: Alle Länder sollten ähnliche Maßnahmen ergreifen, und diese sollten zielgerichtet die Einkommensschwächsten unterstützen. Sonst würde die Geldmenge erhöht, und damit würden die Maßnahmen der EZB konterkariert.