Patagonia-Schild an einem Gebäude in New York
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„Erde ist einziger Aktionär“

Gründer spendet Patagonia für Klimaschutz

Der einstige Extremkletterer und Gründer des Outdoor-Ausrüsters Patagonia, Yvon Chouinard, hat als Unternehmer bereits öfter unkonventionelle Wege beschritten. In den 1970er Jahren stampfte er sein erfolgreichstes Produkt – Kletterhaken – ein, weil er den Eindruck hatte, dass dieses die Berge zerstöre. Seinen 1973 gegründeten Ausstatter Patagonia formte er im Laufe der Jahre zu einem „aktivistischen“ Unternehmen in Sachen Personalführung und Umweltschutz. Den größten Clou machte der 83-Jährige allerdings am Mittwoch publik: Er spendet Patagonia zugunsten des Umweltschutzes.

Chouinard sowie dessen Frau und zwei Kinder – beide in ihren Vierzigern – stimmten einer Übertragung aller stimmberechtigenden Firmenanteile an die Stiftung Patagonia Purpose Trust zu. Diese wurde eigens geschaffen, um „die Werte des Unternehmens zu bewahren“, so Chouinard in einem offenen Brief.

Alle weiteren Aktien gehen an die ebenfalls extra gegründete Nonprofit-Organisation Holdfast Collective, der künftig auch die Firmengewinne zugutekommen. Die Gewinne, die nicht reinvestiert werden, sollen anschließend für den Schutz von Umwelt- und Klima verwendet werden. Chouinard bezifferte diese auf etwa 100 Mio. US-Dollar jährlich.

„Wir geben die maximal mögliche Menge an Geld an Menschen, die aktiv daran arbeiten, den Planeten zu retten“, so Chouinard gegenüber der „New York Times“. Durch das Geld und den großen Handlungsspielraum – das Holdfast Collective kann durch die Einstufung als Wohlfahrtsorganisation auch politisch lobbyieren – werde die Organisation zu einem der wichtigsten Akteure im Klimaaktivismus.

Familie scheidet aus

„Die Erde ist jetzt unser einziger Aktionär“, schrieb Chouinard. Er habe erwogen, das Unternehmen zu verkaufen und den Erlös zu spenden, sagte Chouinard. „Aber wir wären dann nicht sicher gewesen, dass ein neuer Eigentümer unsere Werte beibehalten und unser Team von Mitarbeitern auf der ganzen Welt weiterbeschäftigt hätte.“ Ein Börsengang hätte „zum Desaster“ geführt, so Chouinard weiter.

Yvon Chouinard, Gründer und Inhaber der Outdoor-Bekleidungs Marke Patagonia
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Der Unternehmer Chouinard war Extremkletterer, gründete dann aber mehrere Outdoor-Unternehmen

Mit dem gewählten Weg soll Patagonia ein wirtschaftlich orientiertes Unternehmen mit einem Vorstand und einem Geschäftsführer bleiben. Die Geschäftsführung mit Ryan Gellert als CEO bleibt im Amt. Die Familie Chouinard wird kein Geld mehr von der Firma erhalten und verliert den Besitz des Unternehmens, bleibt aber im Unternehmensvorstand vertreten und beaufsichtigt die Stiftung und die Umweltorganisation, der die Gewinne gespendet werden.

Die Maßnahme sei „ein erster Schritt“, so Chouinard in dem offenen Brief: „Wenn wir in den nächsten 50 Jahren auch nur die geringste Hoffnung auf einen lebenswerten Planeten – geschweige denn auf ein prosperierendes Unternehmen – haben wollen, müssen wir alles tun, was wir mit den uns zur Verfügung stehenden Ressourcen können.“ Man müsse sich nur dazu „verpflichten“.

„Großer Ausreißer“ bei Wohltätern

Mit dem Schritt gehöre die Familie Chouinard zu den größten Wohltätern der USA, so die „New York Times“. „Diese Familie ist ein großer Ausreißer, wenn man bedenkt, dass die meisten Milliardäre jedes Jahr nur einen winzigen Bruchteil ihres Nettovermögens verschenken“, zitierte die Zeitung David Callahan, Gründer der Website Inside Philanthropy.

Auch jene, die Bill Gates’ Spendeninitiative „The Giving Pledge“ für Superreiche unterzeichnet hätten, würden jährlich nur einen Teil ihres Vermögens weggeben und währenddessen stetig reicher werden, so Callahan. Der Vermögensberater Dan Mosley, der an der Ausarbeitung der Konstruktion beteiligt war, bezeichnete diese als „außergewöhnlich“. Die Entscheidung sei „unwiderruflich“, die Familie könne die neuen Strukturen nie mehr ändern und wolle das auch nicht. Sie muss laut „New York Times“ für die Übertragung der stimmberechtigten Aktien zudem rund 17,5 Mio. US-Dollar Steuern zahlen.

Funktionsjacken und Aktivismus

Chouinard hatte Patagonia vor fast 50 Jahren gegründet und war bei der Unternehmensführung zunehmend auf Umwelt- und Klimaschutz bedacht. Zum Beispiel veranlasste das Unternehmen mehrfach Verbesserungen bei den verwendeten Rohstoffen, nachdem es zu Kritik an deren Herkunft gekommen war – etwa bei Baumwolle, Daunen und Wolle. Auch in der Personalführung sah sich das Unternehmen stets als Vorreiter. So führte man bereits in den 80er Jahren Betriebskindergärten und vegetarische Restaurants ein, später setzte man unter anderem auf flexible Arbeitszeitmodelle.

Zudem spendet Patagonia jedes Jahr ein Prozent des Umsatzes an Umweltorganisationen. Auch gesellschaftspolitisch mischt sich das Unternehmen immer wieder ein, startete etwa jüngst einen Facebook-Werbeboykott und rief seine Kundschaft auf eingenähten Etiketten dazu auf, Klimakrisenleugner abzuwählen.

Der Extremkletterer, Surfer und Angler Chouinard hatte stets betont, dass er sich nicht als Unternehmer sehe. Bis heute fahre er einen alten Subaru und besitze weder Computer noch Smartphone, so die „NYT“. Allerdings musste sich das Unternehmen auch immer wieder den Vorwurf gefallen lassen, dass vieles am Aktivismus gleichzeitig zum Marketing werde.