Zwei Frauen in Teheran stehen vor Straße
APA/AFP/Atta Kenare
Festnahme durch Sittenpolizei

Tod von Iranerin sorgt für Protest

Die 22-jährige Iranerin Mahsa Amini ist nach ihrer Festnahme durch die Sittenpolizei am Freitag gestorben. Begründet wurde ihre Verhaftung damit, dass sie sich angeblich nicht an die strengen Vorschriften zur Kopfbedeckung gehalten hatte. Ihr Tod löste nun im Iran Proteste in sozialen Netzwerken und auf der Straße aus. Das Internet wurde eingeschränkt. Die USA bezeichneten den Tod der jungen Frau als „unverzeihlich“ und gaben den iranischen Behörden die Schuld.

Die 22-jährige hatte nach Polizeiangaben nach ihrer Festnahme einen Herzanfall erlitten und war ins Koma gefallen. Laut Polizei gab es keinerlei „körperlichen Kontakt“ zwischen ihr und den Polizeibeamten. Die genauen Umstände ihres Todes sind jedoch unklar. Aminis Familie zweifelt an der Darstellung der Polizei. Sie sei eine gesunde junge Frau ohne gesundheitliche Probleme gewesen, berichtete die BBC.

Im Internet wurde der Vorfall anders dargestellt als von der Polizei. So soll die Frau zunächst festgenommen worden sein, weil ihr Kopftuch nicht richtig saß. Nach Protest gegen ihre Festnahme sei sie von der Polizei auf die Wache gebracht worden. Dort soll ihr auf den Kopf geschlagen worden sein, was zu einer Hirnblutung führte. Diese Darstellung wiesen die Behörden vehement zurück.

Kritische Kommentare von Prominenten

In den Onlinenetzwerken kursierten nach dem Tod der Frau Videos mit vielen Sicherheitskräften vor einer Klinik. In den sozialen Netzwerken wurden Videos gepostet, die Demonstranten zeigten, die „Tod dem Diktator“ skandierten. Zu sehen waren auch Videos, auf denen Beamte Frauen festhalten, sie auf den Boden zerren und gewaltsam abführen.

In sozialen Netzwerken verliehen viele Iranerinnen und Iraner, darunter auch regierungsnahe Personen, ihrer Empörung über die Existenz der Sittenpolizei Ausdruck. Auf der Straße hupten Autofahrer, um die Proteste auf einem Teheraner Platz in der Nähe von Aminis Krankenhaus unter starker Polizeipräsenz zu unterstützen.

Mehrere prominente Persönlichkeiten aus Sport und Kunst posteten in sozialen Netzwerken kritische Kommentare zu Aminis Tod, und der Reformpolitiker Mahmud Sadeghi forderte den obersten Religionsführer Ajatollah Ali Chamenei auf Twitter auf, sich zu äußern, so wie er die Tötung von George Floyd durch die US-Polizei im Jahr 2020 verurteilt hatte. Offenbar um eine Ausbreitung der Proteste zu verhindern, wurde im Land das Internet eingeschränkt.

Amnesty berichtet von Foltervorwürfen

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International berichtete, es gebe „Vorwürfe von Folter und anderen Misshandlungen während des Gewahrsams“, und forderte eine Untersuchung der Umstände des „verdächtigen“ Todes der jungen Frau.

Die Staatsanwaltschaft in Teheran kündigte eine Untersuchung an. Der iranische Präsident Ebrahim Raisi wies das Innenministerium an, die Hintergründe zu durchleuchten. Der Vorfall wurde auch im Parlament diskutiert. Mehrere Abgeordnete forderten die Veröffentlichung der Polizeivideos, um Klarheit zu schaffen. Auch Ex-Präsident Mohammed Chatami äußerte Kritik.

„Unangemessene Kleidung“

Amini war am Dienstag in Teheran von der Sittenpolizei festgenommen worden, die für die Durchsetzung der strengen Kleidervorschriften für Frauen zuständig ist. Die 22-Jährige wurde nach Polizeiangaben wegen „des Tragens unangemessener Kleidung“ zusammen mit anderen Frauen auf eine Polizeidienststelle gebracht, um über die Kleidervorschriften unterrichtet zu werden. Dort sei sie in einem Besprechungsraum „plötzlich ohnmächtig“ geworden und ins Krankenhaus gebracht worden.

Was genau zwischen ihrer Ankunft auf der Dienststelle und ihrer Einlieferung ins Krankenhaus geschah, ist jedoch unklar. Laut der Aktivistengruppe 1500 Taswir, die über Menschenrechtsverstöße im Iran berichtet, erlitt sie einen Schlag gegen den Kopf.

Ebrahim Raisi, Irans Präsident
Reuters/Sputnik
Präsident Raisi will die islamischen Gesetze wieder strenger umsetzen

Sittenpolizei verstärkt in Kritik

Seit der Islamischen Revolution im Jahr 1979 gelten im Iran strenge Kleidungsvorschriften. Insbesondere in den Metropolen und reicheren Vierteln sehen viele Frauen die Regeln inzwischen eher locker – zum Ärger erzkonservativer Politiker.

Die Regierung unter Präsident Raisi und Hardliner im Parlament versuchen seit Monaten, die islamischen Gesetze strenger umzusetzen. Die Sittenpolizei setzt die Kleidungsvorschriften teils auch mit Gewalt durch. Aminis Tod wird die Kluft zwischen der jungen iranischen Gesellschaft und den radikalen Machthabern wohl noch weiter vertiefen.