Seidl nimmt nicht an „Sparta“-Premiere in San Sebastian teil

Der österreichische Regisseur Ulrich Seidl reist morgen nun doch nicht zur Weltpremiere seines ob der Drehumstände umstrittenen neuen Films „Sparta“ und zum Filmfestival von San Sebastian. Das teilte der Filmemacher heute in einem Statement mit. „Der erste Impuls, nach San Sebastian zu kommen, war, den Film, an dem mein Team und ich so viele Jahre gearbeitet haben, nicht allein zu lassen“, so der 69-Jährige.

„Mir wurde jedoch klar, dass meine Anwesenheit bei der Premiere die Rezeption des Films überschatten könnte, während es jetzt an der Zeit ist, dass ‚Sparta‘ für sich selbst spricht“, begründete der Regisseur seine Entscheidung. Zugleich bedankte er sich beim Festivaldirektor: „Ich bin Jose Luis Rebordinos sehr dankbar, dass er von Anfang an zu ‚Sparta‘ gestanden hat, trotz des Drucks der Medien und trotz der großen Turbulenzen, die plötzlich damit einhergingen. Das bedeutet mir sehr viel.“

Rebordinos hatte zuletzt im APA-Interview eine Lanze für das Drama um einen Mann gebrochen, der mit seinen pädophilen Neigungen kämpft: „Es ist nicht nur eine von Seidls besten Arbeiten überhaupt. Mit der Premiere werden hoffentlich auch die ganzen Debatten über die Dreharbeiten endlich in den Hintergrund treten.“ Entscheidungen wie die der Kollegen vom Festival in Toronto, den Film nicht zu zeigen, halte er für falsch: „Es wird gefährlich, wenn Filmfestivals aufgrund medialen Drucks und bloßer Anschuldigungen ohne Belege anfangen, vom Schuldprinzip und nicht vom Unschuldsprinzip auszugehen.“

Auch nach Seidls persönlicher Absage bleibe der Film selbstredend im Wettbewerb. Man akzeptiere die Entscheidung des Filmemachers, hieß es von der Festivalleitung gegenüber der APA.

„profil“ berichtet über Reaktionen von Seidl-Mitarbeitern

Das „profil“ berichtete unterdessen über die Reaktion weiterer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Seidl. „Sparta“-Produktionsleiter Steven Swirko unterstrich: „Die Eltern wussten, worauf sie sich einließen.“ Es stimme schlicht nicht, „dass wir uns schlecht um die Kinder gekümmert hätten“. Zahlreiche der gemachten Vorwürfe hätten sich anders abgespielt.

Auch Editorin Monika Willi springt Seidl zur Seite, kenne sie doch zumindest alle Vor- und Nachläufe einzelner Aufnahmen: „Ich habe da nichts Verdächtiges gesehen.“

Serafin Spitzer, im Sommer als Kameramann für „Sparta“ engagiert, unterstreicht gegenüber „profil“, Seidl weder verurteilen zu wollen, noch sei er in der Position, ihn zu verteidigen. Grenzen seien individuell verschieden, und er sei davon ausgegangen, dass auch darauf individuell eingegangen wurde.

Seidl und die Folgen

Vor der Weltpremiere von „Sparta“ stellt sich die Frage nach den Konsequenzen. Die Debatte macht deutlich: Die Filmbranche ist im Umbruch – und es ist höchste Zeit dafür.

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