Flughafen Wien-Schwechat
ORF.at/Christian Öser
Flughafen Wien

Spurensuche bei mysteriösem Investor

Seit 2014 ist die Luxemburger Airports Group beim Flughafen Wien an Bord. Doch erst jetzt macht die Struktur, die hinter den Luxemburgern steckt, den anderen Anteilseignern Kopfzerbrechen. Bisher haben sie stets von einem „australischen Pensionsfonds“ gesprochen, der am Flughafen engagiert ist. Eine Spurensuche von ORF und „profil“ zeigt allerdings: Hinter dem „Pensionsfonds“ steht ein aufwendiges Konstrukt, das sich von Wien über Luxemburg, die Cayman Islands und Bermuda bis nach Melbourne in Australien spannt.

Weder weiß man, wer die tatsächlichen Eigentümer der Flughafen-Aktien sind, noch, woher das Geld dafür kommt. Das Wirtschaftsministerium in Wien prüft deshalb derzeit ein heikles Angebot: Die luxemburgische Airport Group Europe, die derzeit knapp mehr als 40 Prozent am börsennotierten Flughafen Wien hält, will ihren Anteil auf knapp unter 50 Prozent aufstocken.

Je 20 Prozent halten die Stadt Wien und das Land Niederösterreich, zehn Prozent die Mitarbeiter-Stiftung, der Rest ist im Streubesitz. Nachdem es sich beim Flughafen um kritische Infrastruktur handelt, kann das Wirtschaftsministerium den Deal noch stoppen.

Boulevard de la Foire Nummer 1–3, Luxemburg

Die Anteile am Wiener Flughafen werden von der luxemburgischen Zweckgesellschaft Airports Group Europe gehalten, die wiederum der luxemburgischen Holdinggesellschaft Global InfraCo gehört. Der ORF besuchte das Bürogebäude am Boulevard de la Foire Nummer 1–3. Im Eingangsbereich befindet sich eine Handvoll Briefkästen, die allesamt mit aufgeklebten Listen beschriftet sind.

Postkästen in einem Gebäude einer Briefkastenfirma in Luxemburg
Privat
Briefkästen Boulevard de la Foire Nummer 1–3

200 Gesellschaften sitzen hier, wohl nicht alle verfügen über Büros oder Personal. Der Name der Flughafen-Aktionärin Airports Group Europe S.a.r.l. steht auf einem Briefkasten, den sie sich mit 16 Unternehmen teilt. Dem ORF-Reporter in Luxemburg sagte das Unternehmen, es beschäftige derzeit 22 Mitarbeiter.

Ein lohnendes Investment

Dass die Anteile des Flughafens in Luxemburg gehalten werden, rief bereits 2016 die österreichische Finanz auf den Plan. Der Vorwurf: Die Zweckgesellschaft in Luxemburg beschäftige „kein Personal“ und sei „nur zur Steuervermeidung zwischengeschaltet“ worden, um keine Steuern auf Dividenden zahlen zu müssen – daher liege „Missbrauch“ vor. Das Höchstgericht entschied zugunsten der Luxemburger, die aufgrund einer EU-Richtlinie in Österreich von der Kapitalertragssteuer befreit sind. Die Jahresabschlüsse der Airports Group weisen seit 2015 Ausschüttungen des Flughafens von insgesamt zumindest 97 Millionen Euro aus.

Gebäude einer Briefkastenfirma in Luxemburg
Privat
Das Bürogebäude in Luxemburg

600 Investoren

Die beiden Gesellschaften in Luxemburg haben eine Muttergesellschaft auf den Cayman Islands – eine Treuhandgesellschaft namens Conyers Trust Company. Aufgesetzt wurde diese von einer Anwaltskanzlei auf den Bermudas, die seit Jahrzehnten auf Offshore-Geschäfte spezialisiert ist. Wem die Treuhandgesellschaft auf den Caymans, die ja die Flughafenanteile tatsächlich hält, gehört, ist nicht bekannt. In ihrem Angebotsschreiben an die Flughafen-Aktionäre schreiben die Investoren lediglich: „Conyers Trust hat mehrere indirekte Gesellschafter, von denen jedoch wirtschaftlich keiner mehr als fünf Prozent der Anteile oder eine kontrollierende Beteiligung hält.“

Grafik zeigt das Organigramm Beteiligungsstruktur des Flughafen Schwechat
Grafik: ORF.at
Die auf Offshore-Dienstleistungen spezialisierte Anwaltskanzlei Conyers Dill & Pearman mit Stammsitz auf Bermuda hat auf den Caymans Islands die Firma Conyers Trust (vormals Codan Trust) errichtet. Wem diese Firma wirtschaftlich zuzurechnen ist, bleibt unklar. Die Innenverhältnisse werden nicht offengelegt. Conyers Trust fungiert nach eigener Darstellung als „unabhängiger Treuhänder mit letztlicher Entscheidungskompetenz“ für den ebenfalls auf den Cayman Islands eingerichteten IFM Global Infrastructure Fund, der als eine Art Geldsammelstelle dient. Zugleich kontrolliert Conyers Trust formell die beiden Luxemburger Gesellschaften Global InfraCo. und Airports Group Europe, von welchen letztere seit 2014 an der Flughafen Wien AG beteiligt ist.

Flughafen Wien tappt im Dunkeln

Der Trust hält für die Luxemburger treuhändig Kapital, das in einem Fonds (IFM Global Infrastructure Fund) ebenfalls auf den Caymans eingesammelt wird – von Investoren aus Australien, Kanada, USA, Großbritannien und Europa. Wer die Investoren sind, ist ebenfalls nicht bekannt. Selbst der Flughafen Wien tappt im Dunkeln, wer genau die Eigentümer von 40 Prozent seiner Aktien sind: „Wer die Eigentümer von Conyers Trust Company (Cayman) sind, ist uns nicht bekannt und geht auch aus der Angebotsunterlage nicht hervor.“

Briefkastenfirma will Anteile am Flughafen erhöhen

Der größte Aktionär des Flughafen Wien-Schwechat will seinen Anteil auf knapp 50 Prozent erhöhen. Es handelt sich dabei um eine Briefkastenfirma aus Luxemburg, dennoch ist unklar, wer die Investoren der Firma sind und woher das Geld kommt.

IFM spricht von „mehr als 600 institutionellen Investoren“, deren Gelder verwaltet würden. Diese Treuhandgesellschaft auf den Caymans wird wiederum von einer Gesellschaft in Melbourne namens IFM Investors beraten. Hinter dieser stehen wiederum zwei Gesellschaften, ehe am Ende unter anderem auch australische Pensionsfonds stehen. Die Australier sind also Berater jenes Trusts, der am Flughafen engagiert ist.

Australische Gewerkschaftsgelder

IFM lässt auf Anfrage von ORF und „profil“ wissen: „IFM Investors wurde vor mehr als 25 Jahren von gemeinnützigen australischen Pensionsfonds in Partnerschaft mit der australischen Gewerkschaftsbewegung mit dem Ziel gegründet, die langfristigen Altersvorsorgeleistungen von Erwerbstätigen zu schützen und auszubauen.“ Man sichere die „Altersvorsorge von 120 Millionen Erwerbstätigen auf der ganzen Welt, darunter Pflegepersonal, Lehrer, Bauarbeiter und Mitarbeiter im Gastgewerbe.“

Überprüfen lässt sich das nicht. Warum man auf eine komplexe Struktur globaler Briefkastenfirmen setze, beantwortet das Unternehmen so: „Der Einsatz von Fonds mit Sitz in Jurisdiktionen wie den Kaimaninseln ist für globale Investmentfonds, die internationales Kapital aufnehmen und einsetzen, üblich.“