Christoph Badelt redet in Mikrofon
APA/Roland Schlager
Teuerung

Badelt warnt vor politischer Radikalisierung

Der Chef des Fiskalrats, Christoph Badelt, warnt vor einer politischen Radikalisierung im Land als Folge der starken Teuerung und ihrer Folgen. Im Ö1-Interview nahm er dazu sowohl Regierung wie Opposition in die Pflicht, das zu verhindern. Die vielen Hilfsmaßnahmen der Regierung begrüßte Badelt, der quasi als Wächter gesunder Staatsfinanzen agiert, ausdrücklich, kritisierte aber deren mangelnde Treffsicherheit.

Auf die Frage in der Ö1-Reihe „Im Journal zu Gast“, was aus seiner Sicht in der aktuellen Situation rund um hohe Inflation und Energieknappheit seine größten Sorgen seien, nannte Badelt einerseits, dass man nicht wisse, wie lange die Krise dauere, wie intensiv sie sein werde, und man daher kein „konsistentes Gesamtkonzept“ entwerfen könne. Als zweiten Punkt, der ihm Sorgen bereitet, nannte Badelt die „Gefahr einer politischen Radikalisierung“ bis hin zu gewaltsamen Protesten.

Badelt kritisierte in dem Zusammenhang auch die jüngsten Demos des Österreichischen Gewerkschaftsbunds (ÖGB). Darin spiegle sich einerseits „eine Stimmung wider, die in der Bevölkerung da ist“, zeigte er gewisses Verständnis. Er halte es aber „nicht für gut, diese Stimmung zu verstärken“. Es stimme nicht, so Badelt wohl in Richtung FPÖ und SPÖ, wenn man „in der politischen Diskussion so tut, als bräuchte man nur eine Regierung, die willig wäre, auf den Knopf zu drücken“.

Inflation lässt sich nicht wegregulieren

Die Regierung könne die Inflation aber nicht einfach wegregulieren. Und ein Eingriff in den Markt – etwa durch Preisobergrenzen – komme letztlich teurer, so Badelt, der auf einen dann drohenden Rückgang auf der Angebotsseite verwies.

Badelt appellierte an alle politischen Kräfte, sich in der Krise auf ein Mindestmaß der Kooperation zu verständigen. Die Regierung müsse stärker kommunizieren, dass sie die Nöte mancher Menschen verstehe. Da gebe es Verbesserungsbedarf, monierte Badelt. Aufgabe der Opposition wiederum sei es, „sachlich zu bleiben und nicht das Blaue vom Himmel zu versprechen“.

Die Regierung sieht Badelt hier auch als Opfer ihrer eigenen „PR-Politik“, Maßnahmen bereits zu verkünden, lange bevor sie beschlossen seien. Bis der gesamte Entscheidungsprozess durchlaufen sei und Geld tatsächlich fließe, würden noch Monate vergehen. Viele Leute aber würden sich da längst fragen, wo die angekündigten Hilfen bleiben.

Hilfen auch für Unternehmen

Badelt hält prinzipiell die staatlichen Hilfen für Haushalte für richtig und betonte, es brauche auch welche für Unternehmen, wie es derzeit ja verhandelt wird. In beiden Fällen müssten sie aber entweder Einmalzahlungen sein oder klar befristet, und bei Unternehmen dürfe jedenfalls auch nur ein Teil der krisenbedingten Zusatzkosten abgedeckt werden, so Badelt. Zudem sollten nur Betriebe gefördert werden, die nicht ohnehin vor dem Konkurs stehen, die in ihrer Wettbewerbsfähigkeit gefährdet sind und die ihre erhöhten Kosten nicht auf die Preise überwälzen können.

Kritik an mangelnder Treffsicherheit

Er kritisierte aber – so wie viele Fachleute vor ihm – die in den derzeitigen Hilfen angelegte mangelnde Treffsicherheit. Es werde wieder nach dem „Gießkannenprinzip“ gefördert. Nach den gleichen Problemen bei den Pandemiehilfen hätte die Regierung eigentlich Zeit gehabt, hier Maßnahmen zu ergreifen, um gezielter jene fördern zu können, die wirklich in Not seien, kritisierte Badelt die Regierung.

Insbesondere brauche es endlich die nötige Zusammenführung von Daten, an der zielgerichtete Förderungen bisher organisatorisch scheitern. Und selbst wenn es datenschutzrechtliche Bedenken gebe, hätten diese durch eine entsprechende gesetzliche Regelung längst behoben werden können, ortet Badelt hier klare Versäumnisse der Regierung. Der Fiskalrat habe ausgerechnet, dass man bei mehr Zielgenauigkeit zwei Drittel der Kosten der Strompreisbremse einsparen könnte, so Badelt.

Fiskalratschef Badelt kritisiert Proteste

Aufgrund der Teuerungen ist es zu Demonstrationen der Gewerkschaft gekommen. Der Chef des Fiskalrats, Christoph Badelt, hat diese Proteste nun kritisiert. Es wäre laut ihm besser, sich mit der Regierung und den anderen Parteien zusammenzusetzen, anstatt die Unzufriedenheit noch mehr anzuheizen.

Verhinderung von Not hat Vorrang

Badelt geht davon aus, dass es auch für Haushalte weitere Hilfen brauchen wird. „In der Not dürfen die Staatsschulden auch steigen“, betonte der Schuldenwächter. Hier habe das Verhindern breiter Armut mit den einhergehenden sozialen und systemischen Folgen klar Priorität. Sobald sich ein Ende der Krise abzeichne, müsse man aber für das Budget einen Konsolidierungspfad entwerfen.

Badelt sprach offen aus, dass „die Inflation Wohlstandsverluste bringt“. Menschen, die besser verdienen, könnten diese aber schultern, auch wenn sie sich nicht darüber freuen würden.

Rechnet nicht mit hoher Arbeitslosigkeit

Einen starken Anstieg der Arbeitslosigkeit erwartet Badelt nicht und verwies dabei auf die staatlichen Hilfen gerade für Unternehmen, die hier abfedernd wirken würden. Bei den Lohnverhandlungen drängte Badelt auf eine rasche Einigung, bei den Metallern läge die Mitte bei rund acht Prozent, so Badelts vorsichtige Schätzung. Er verwies darauf, dass ein geringerer Abschluss als von der Gewerkschaft gefordert auch deshalb gerechtfertigt sei, weil die Regierung ja die kalte Progression abschaffe.

Eine Übergewinnsteuer begrüßte Badelt grundsätzlich. Eine solche solle aber möglichst auf EU-Ebene und nicht national eingeführt werden, da sonst der Standort leiden könnte.