Anton Mattle
APA/EXPA/Johann Groder
Tirol-Wahl

Herbe Schlappe, aber kein Desaster für ÖVP

Die Landtagswahl am Sonntag hat der Tiroler ÖVP mit Spitzenkandidat Anton Mattle eine herbe Schlappe beschert, wenn auch nicht das Desaster, das im Vorfeld teils prognostiziert worden ist: Die ÖVP liegt mit 34,7 Prozent deutlich auf Platz eins. Auf Platz zwei landet die FPÖ mit 18,8 Prozent vor der SPÖ mit 17,5 Prozent.

Tirols ÖVP-Obmann und Spitzenkandidat Anton Mattle will trotz eines Minus von fast zehn Prozentpunkten eine Landesregierung bilden. Man habe eine „Aufholjagd“ gestartet, und das habe letztlich geklappt, sagte Mattle vor Journalisten. Die Landespartei sei zu Wahlkampfbeginn bei 29 Prozent gestartet, meinte Mattle. Es sei gelungen, Wähler zurückzuholen, wenngleich: „Wir haben verloren, das ist uns bewusst.“ Man werde aber alles tun, um dieses Vertrauen zurückzugewinnen. Er werde am Montag im ÖVP-Parteivorstand auch nicht die Vertrauensfrage stellen.

Als stimmenstärkste Partei stelle die ÖVP weiter den „Führungsanspruch“, betonte der 59-Jährige. Man werde in den kommenden Tagen mit Sondierungsgesprächen beginnen, so Mattle. In puncto Koalitionen wollte sich der ÖVP-Landesparteiobmann nicht festlegen. Diesbezüglich sei er „noch offen“.

Endergebnis LTW22 Tirol
Land Tirol

Mattle schließt Koalition mit FPÖ aus

Eine Zweierkoalition mit der FPÖ werde es jedenfalls nicht geben, erneuerte Mattle seine Ansage aus dem Wahlkampf. Er würde sich auch durchaus zutrauen, eine „Dreierkoalition ins Leben zu rufen“, wie er es ebenfalls schon vor der Wahl erklärt habe: „Jetzt werden wir in den Sondierungsgesprächen draufkommen, wie gut die Dinge funktionieren.“ Nach derzeitigem Stand gehen sich nur ÖVP-Zweierkoalitionen, und zwar mit SPÖ oder FPÖ, aus.

Anton Mattle (ÖVP) stellt Führungsanspruch

Mattle bedankt sich bei den Wählerinnen und Wählern für das Vertrauen und betont, doppelt so viele Mandate wie jeweils der Zweit- und Drittplatzierte erreicht zu haben. Die Volkspartei stelle damit den Führungsanspruch und den Anspruch, den Landeshauptmann zu stellen. Die Frage, ob er eine Koalition mit der SPÖ anstrebe, will Mattle nicht beantworten.

ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker zeigte sich ebenfalls erleichtert, dass der „prognostizierte Totalabsturz“ ausgeblieben sei. Er verwies in der ORF-Wahlsondersendung auf den ersten Platz und den deutlichen Abstand zu den anderen Parteien.

FPÖ nah an historisch bestem Ergebnis in Tirol

Tirols FPÖ-Obmann und Spitzenkandidat Markus Abwerzger hat sich mit dem vorläufigen Wahlergebnis der Freiheitlichen „sehr zufrieden“ gezeigt. „Die FPÖ ist wieder da“, sagte Abwerzger. Anfang des Jahres sei man in Umfragen noch bei rund 13 Prozent gelegen, erinnerte er. Der FPÖ-Spitzenkandidat sah noch Chancen, die 19 Prozent zu überspringen und vielleicht das beste Ergebnis in der Geschichte der Tiroler FPÖ einzufahren. Dieses lag im Jahr 1999 bei 19,6 Prozent.

Abwerzger bekundete trotz der Absage Mattles zudem das Bestreben, weiter im Koalitionsspiel zu bleiben: „Wir strecken die Hand aus und sind gesprächsbereit mit allen.“

Der FPÖ-Abgeordnete Christian Hafenecker forderte ÖVP und Grüne auf, auch auf Bundesebene abzutreten. FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz zeigte sich „sehr zufrieden“, vor allem der zweite Platz erfreue ihn: „Das haben wir in Tirol bisher noch nie geschafft.“ Trotz ÖVP-Absage sah Schnedlitz indes die Chance für eine freiheitliche Regierungsbeteiligung noch einen „Spalt offen“.

SPÖ knapp hinter FPÖ

Der Wunsch von SPÖ-Spitzenkandidat Georg Dornauer, „ganz klar einen Zweier“ vor dem roten Ergebnis zu haben, erfüllte sich ebenfalls nicht, genauso wenig wie die Hoffnung, im Laufe des Abends noch Platz zwei zu erreichen und damit die FPÖ zu überholen. Erste Gratulationen richtete Dornauer an die ÖVP. Die Schwarzen hätten nun den „demokratisch legitimierten Auftrag zur Regierungsbildung“, sagte Dornauer. Daher werde er am Abend nicht zum Hörer greifen und sich bei der ÖVP wegen einer möglichen Regierungszusammenarbeit melden.

Christoph Hofinger zu möglichen Koalitionsvarianten

SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch führte die Verluste von ÖVP und Grünen auf „Arroganz und Hochmut“ zurück. Es zeige sich, dass in Tirol kein Stein auf dem anderen bleiben werde. „Schwarz-Grün ist abgewählt“, so Deutsch. Während Schwarz-Grün ein Totalversagen eingefahren habe, sei das rote Ergebnis ein „schöner Erfolg im Wissen, dass Tirol für die SPÖ ein schwieriges Terrain“ sei.

Liste Fritz überholt die Grünen

Zugewinne verbuchte auch die Liste Fritz, die nach zwei durchwachsenen Wahlen vor den Grünen Platz vier eroberte. Sie sei „überwältigt“ und „dankbar“, so Spitzenkandidatin Andrea Haselwanter-Schneider. Es ein „großartiges Ergebnis“.

Die Grünen, bisher in der Koalition mit der ÖVP, rutschen in die Einstelligkeit zurück. Grünen-Spitzenkandidat Gebi Mair erklärte, er wolle das Ergebnis seiner Partei „nicht schönreden“. Klar sei, Schwarz-Grün sei Geschichte, und man sei bei Koalitionsgesprächen auch nicht erster Ansprechpartner. Würden aber Sondierungen anderer Parteien keine Ergebnisse bringen, stünde man für Gespräche zur Verfügung.

NEOS musste um Einzug zittern

Dominik Oberhofer von NEOS zeigte sich in einer ersten Reaktion enttäuscht, er hätte sich mehr erwartet. Das Ergebnis sei für die SPÖ kein „großer Regierungsauftrag“, wollte sich Oberhofer als Koalitionspartner weiter nicht aus dem Spiel nehmen. Die schwachen Zugewinne führte Oberhofer auf die Umfragen zurück. Er habe den Eindruck, dass Umfragen „auch für Stimmungsmache hergenommen werden“.

NEOS-Parteichefin Beate Meinl-Reisinger zeigte sich offen für eine Dreierkoalition in Tirol. Der Ball liege jedoch bei der ÖVP. Spitzenkandidat Dominik Oberhofer werde auch mit ÖVP-Chef Anton Mattle Gespräche führen, war Meinl-Reisinger überzeugt. Das Tiroler Ergebnis bezeichnete sie indes als „klares Plus“. Allerdings sei sie gespannt, was das Tirol-Ergebnis auf Bundesebene für die Regierungsparteien bedeute. „Gestärkt gehen ÖVP und Grüne da heute nicht heraus“, so Meinl-Reisinger.

Keine Chance auf einen Einzug hatten die impfkritische Liste MFG, die KPÖ sowie die Liste Mach mit.