Whistleblower Edward Snowden auf einer Leinwand
APA/AFP/Getty Images North America/Phillip Faraone
US-Whistleblower

Putin gewährt Snowden Staatsbürgerschaft

Russlands Präsident Wladimir Putin hat am Montag dem ehemaligen US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden die russische Staatsbürgerschaft verliehen – neun Jahre nachdem dieser das Ausmaß der geheimen Überwachungsoperationen des US-Auslandsgeheimdiensts National Security Agency (NSA) aufgedeckt hat. Der 39-jährige Snowden floh aus den Vereinigten Staaten und erhielt Asyl in Russland.

2013 hatte er geheime Akten preisgegeben, die umfangreiche nationale und internationale Überwachungsoperationen enthüllten, die von der NSA durchgeführt wurden, für die er arbeitete. Die US-Behörden fordern seit Jahren, dass er in die Vereinigten Staaten zurückkehrt, um sich einem Strafverfahren wegen Spionagevorwürfen zu stellen.

In dem Erlass des russischen Präsidenten heißt es, „Edward Joseph Snowden, geboren am 21. Juni 1983 in den Vereinigten Staaten von Amerika“, werde in die Liste der neuen russischen Staatsbürger aufgenommen. Es gab keine unmittelbare Reaktion von Snowden, dessen Name ohne Kreml-Kommentar auf einer Liste von 72 im Ausland geborenen Personen erschien, denen Putin die Staatsbürgerschaft verlieh.

Whistleblower Edward Snowden auf einer Leinwand
IMAGO/TASS
US-Whistleblower Snowden im Vorjahr

US-Position unverändert

Dem US-Außenministerium sei keine Änderung des amerikanischen Staatsbürgerschaftsstatus von Edward Snowden bekannt, sagte der Sprecher des Außenministeriums, Ned Price, am Montag und fügte hinzu, dass sich Washingtons Position gegenüber dem ehemaligen US-Geheimdienstmitarbeiter nicht geändert habe.

Bereits im Jahr 2020 gewährte Russland Snowden ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht und ebnete ihm damit den Weg zur Erlangung der russischen Staatsbürgerschaft. In diesem Jahr befand ein US-Berufungsgericht, dass das Programm, das Snowden aufgedeckt hatte, rechtswidrig war und dass die hochrangigen US-Geheimdienstvertreter, die es öffentlich verteidigten, nicht die Wahrheit sagten.

Sohn war bereits russischer Staatsbürger

Snowden hatte sich mit seiner Frau Lindsay um die russische Staatsbürgerschaft bemüht. Nach der Geburt seines Sohnes in Russland 2020 teilte der US-Whistleblower mit, dass er die Staatsbürgerschaft beantrage, um dieselben Rechte zu haben wie sein Kind, das die russische Staatsbürgerschaft automatisch erhielt. Snowden und seine Frau wollten nicht riskieren, von ihrem Sohn getrennt zu werden, hatte der US-Amerikaner 2020 gesagt. Ihre amerikanische Staatsbürgerschaft wollten sie nicht aufgeben, teilten sie damals mit.

Snowdens Frau werde ebenfalls die russische Staatsbürgerschaft beantragen, sagte Snowdens Anwalt Anatoli Kutscherena am Montag gegenüber der russischen Nachrichtenagentur TASS. „Sobald ihm (Snowden) die Staatsbürgerschaft zuerkannt wurde, bedeutet das, dass seine Frau und dementsprechend auch Kinder einen Antrag stellen werden“, so der Anwalt.

Snowden selbst hatte in der Vergangenheit den Wunsch nach Asyl in einem EU-Land geäußert. Gegenüber der „Welt“ kritisierte er im Vorjahr, dass Frankreich und Deutschland in der Causa nichts unternommen hätten und er „aufgrund der Untätigkeit westlicher Regierungen“ in Moskau festsitze. Auf der Flucht über Hongkong wollte Snowden ursprünglich nach eigenen Angaben nach Ecuador, strandete aber auf dem Flughafen in Moskau, nachdem die US-Regierung seinen Reisepass annulliert hatte.

Putin plant kein Treffen

Putin, ein ehemaliger russischer Spionagechef, sagte 2017, dass Snowden, der sich zurückhält, während er in Russland lebt, zu Unrecht US-Geheimnisse preisgegeben habe, aber kein Verräter sei. Der russische Präsident plant jedoch kein Treffen mit Snowden. „Nein, solche Pläne gibt es nicht“, sagte Putins Sprecher Dmitri Peskow auf eine entsprechende Frage.

Spekulationen in sozialen Netzwerken

In sozialen Netzwerken wurde wenige Minuten nach Bekanntwerden der Nachricht spekuliert, ob Snowden damit ebenso von der Teilmobilmachung betroffen sein könnte. Mehrere Userinnen und User fragten – vielfach hämisch –, ob Snowden nun an die Front müsse.

Auch darauf reagierte Snowdens Anwalt. Kutscherena versicherte, dass sein Mandant im Rahmen der von Putin in der vergangenen Woche verfügten Teilmobilmachung nicht einberufen werden könnte. „Da Edward nicht in der russischen Armee gedient hat, hat er keine militärische Praxis und Erfahrung, er kann nicht mobilisiert werden“, sagte er der Agentur Interfax.

Putin hatte am vergangenen Mittwoch eine Teilmobilmachung von Reservisten angeordnet. Er reagierte damit auf jüngste Niederlagen seiner Armee im Krieg gegen die Ukraine, den Russland vor mehr als sieben Monaten begonnen hat. Offiziell sollen insgesamt 300.000 Russen für die Front eingezogen werden – bei vielen Bürgern löste das Panik aus. Seit Tagen kommt es landesweit immer wieder zu Protesten und Angriffen auf Einberufungsstellen.