Zwei Männer verbarrikadieren ein Geschäft in Tampa (US-Bundesstaat Florida)
AP/Phelan M. Ebenhack
Rüsten vor „Ian“

„Lebensbedrohlicher“ Hurrikan vor Florida

Der US-Bundesstaat Florida rüstet sich für den gefährlichen Hurrikan „Ian“, der auf Kuba bereits große Schäden angerichtet hat. „Die Vorhersagen können sich ändern, aber im Moment sagen die Experten, dass das ein sehr schwerer Hurrikan sein könnte, lebensbedrohlich und mit verheerenden Auswirkungen“, sagte US-Präsident Joe Biden am Dienstag (Ortszeit). Zuvor hatte „Ian“ eine Spur der Verwüstung auf Kuba gezogen.

Das US-Hurrikanzentrum (NHC) warnte für die Westküste Floridas vor einer lebensbedrohlichen Sturmflut und Orkanböen. Das NHC stufte „Ian“ am Mittwoch auf einen Sturm der Kategorie vier, der zweithöchsten Kategorie der Hurrikanwarnstufen, hoch. Für 2,5 Millionen Menschen galten Anweisungen, ihre Häuser zu verlassen – zahlreiche Menschen brachten sich in Sicherheit. „Ian“ soll voraussichtlich am Mittwochabend (Ortszeit) auf Land treffen.

Der Wirbelsturm bewegte sich am Dienstagabend (Ortszeit) als Hurrikan der Kategorie drei von fünf auf die Küste Floridas zu. Meteorologen warnten, dass „Ian“ über dem warmen Golf von Mexiko an Stärke gewinnen werde und anhaltende Windgeschwindigkeiten von mehr als 200 Kilometer pro Stunde erreichen könnte.

Anrainer befüllen in Tampa (US-Bundesstaat Florida) Sandsäcke
Reuters/Shannon Stapleton
Menschen in Florida füllen Sandsäcke als Vorbereitung auf „Ian“

Gouverneur: Zeit läuft schnell ab

Es werde zwar erwartet, dass sich der Hurrikan abschwäche, bevor er südlich der Stadt Tampa auf Land treffen werde, sagte Floridas Gouverneur Ron DeSantis. Weil er sich dann aber im „Schneckentempo“ bewege, werde sehr viel Regen in der Küstenregion fallen.

DeSantis rief die Menschen auf, sich zu schützen. Niemand solle davon ausgehen, dass es dieses Mal wieder glimpflich ausgehen werde, weil das in der Vergangenheit oftmals so gewesen sei. Häuser könne man wieder aufbauen – die persönliche Sicherheit aber gehe über alles. „Sie haben noch etwas Zeit, aber diese Zeit läuft schnell ab“, sagte DeSantis.

Stau auf einer Autobahn im US-Bundesstaat Florida
APA/AFP/Getty Images/Win Mcnamee
Stau auf einer Autobahn in Florida – die Menschen flüchten von der Küste weg

Warnungen vor Überflutungen auch im Landesinneren

Die voraussichtlich von dem Sturm betroffene Region habe seit rund 100 Jahren nicht mehr einen solchen Hurrikan erlebt, warnte Deanne Criswell von der Katastrophenschutzbehörde FEMA. Es sei wichtig, dass auch Menschen, die noch nicht lange in dem südöstlichen Bundesstaat lebten und wenig Erfahrung mit Wirbelstürmen hätten, die Sache ernst nehmen.

Florida bereitet sich auf Wirbelsturm „Ian“ vor

Der US-Bundesstaat Florida rüstet sich für den gefährlichen Hurrikan „Ian“, der auf Kuba bereits große Schäden angerichtet hat.

Expertinnen und Experten beunruhigt auch, dass in den vergangenen Jahrzehnten in der Region immer näher am Wasser gebaut wurde. Überschwemmungen könnten viele Gebäude beschädigen oder zerstören. Auch im Inneren des Landes müsse mit Überflutungen und Tornados gerechnet werden, teilte der Wetterdienst mit.

Nationalgarde bereit

Aus dem US-Verteidigungsministerium hieß es, mehr als 3.200 Mitglieder der Nationalgarde in Florida seien aktiviert, weitere 1.800 hielten sich für den Bedarfsfall bereit. Florida habe Soldaten, Luftwaffenangehörige und Ausrüstung an Stützpunkten im ganzen Bundesstaat positioniert, um sie für einen Einsatz in den vom Sturm betroffenen Gebieten vorzubereiten, sagte ein Sprecher des Ministeriums in Washington. Die Nationalgarde könne sich beispielsweise um die Räumung von Straßen kümmern und bei Such- und Rettungsaktionen helfen.

Leer gekauftes Regal mit Wasserflaschen in einem Supermarkt in Kissimmee (US-Bundesstaat Florida)
APA/AFP/Gregg Newton
Die Supermärkte in Florida sind teils leer gekauft – hier gibt es keine Wasserflaschen mehr

Disney kündigte an, seine Themen- und Wasserparks in Orlando am Mittwoch und Donnerstag vorsorglich zu schließen. Auch andere Freizeiteinrichtungen, zahlreiche Geschäfte und Schulen in Florida sollen geschlossen bleiben. Auch in der Hauptstadt Washington brachte „Ian“ den politischen Terminplan durcheinander. Eine für Mittwoch angesetzte öffentliche Anhörung des Untersuchungsausschusses zur Kapitol-Attacke wurde verschoben.

NASA verschiebt Start

Das US-Hurrikanzentrum warnte bis einschließlich Donnerstag vor starkem Regen in Florida – anschließend sollte „Ian“ weiter Richtung Norden ziehen, allerdings mit deutlich geringerer Stärke. Aber auch im angrenzenden Bundesstaat Georgia müsse dann mit Überschwemmungen gerechnet werden.

Wegen des Hurrikans hat die NASA auch den Start der nächsten Crew zur Internationalen Raumstation (ISS) verschoben: Statt am 3. Oktober könne es für die „Crew-5“ frühestens am 4. Oktober losgehen, teilte die US-Raumfahrtbehörde am Dienstag mit. Das Wetter werde genau beobachtet.

Satellitenaufnahme des Hurrikans „Ian“ über dem Golf von Mexiko
AP/NOAA
Satellitenaufnahme des Hurrikans über dem Golf von Mexiko von Dienstag

Spur der Verwüstung auf Kuba

Zuvor hatte „Ian“ auf Kuba für große Schäden gesorgt und war mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 205 Kilometer in der Stunde auf Land getroffen. Landesweit fiel der Strom aus, der staatliche Stromanbieter des Landes kündigte an, dass die Versorgung schrittweise in der Nacht und in der Früh wiederhergestellt werde. Wegen der Stromausfälle und Störungen des Internetzugangs sowie der Telefonverbindungen erreichten nur allmählich Informationen aus den besonders betroffenen Gebieten die Öffentlichkeit.

Zerstörung nach dem Hurrikan Ian in Pinar del Rio (Kuba)
Reuters/Alexandre Meneghini
Die Zerstörung in Pinar del Rio, Hauptstadt der gleichnamigen Provinz

Fotos zeichneten ein Bild großer Zerstörung – sie zeigten Trümmer in den Straßen, Häuser unter Wasser, entwurzelte Bäume, abgedeckte Häuser und überflutete Straßen. „Die Schäden sind groß, wenn auch noch nicht statistisch erfasst“, schrieb Staatspräsident Miguel Diaz-Canel nach einem Besuch der besonders betroffenen Provinz Pinar del Rio auf Twitter. In dieser Provinz seien zwei Menschen nach dem Einsturz ihrer Häuser gestorben, teilte die kubanische Regierung am Dienstag mit.

Stromausfall auf Kuba nach Hurrikan

Hurrikan „Ian“ hat auf Kuba für einen großflächigen Stromausfall gesorgt. Der Wirbelsturm habe das Stromnetz so stark beschädigt, dass der Inselstaat „ohne Stromversorgung“ sei, teilte der Energieversorger Union Electrica am Mittwoch mit. „Ian“ war als Hurrikan der Kategorie drei im Westen Kubas auf Land getroffen und hatte nach Angaben des Wetterdienstes mit Windgeschwindigkeiten von mehr als 200 Stundenkilometern fünf Stunden lang in der Region gewütet, bevor er auf den Golf von Mexiko zog.

Hunderte Techniker im Einsatz

Von der südkubanischen Insel Isla de la Juventud meldete die Zeitung der Kommunistischen Partei, „Granma“, einen totalen Stromausfall und eingestürzte sowie abgedeckte Häuser. Die staatliche Stromgesellschaft schickte Hunderte Techniker für Reparaturen an der veralteten Infrastruktur in die betroffenen Provinzen.

Auch in der Hauptstadt Havanna gab es Strom- und Wasserausfälle, Bäume fielen um. Einige Häuser stürzten ein, wie „Granma“ berichtete. Tausende Menschen mussten sich laut der Zeitung vor den Sturmfolgen in Sicherheit bringen – ein Großteil von ihnen kam bei Familie oder Freunden unter.