Italien: Melonis Sieg löst Turbulenzen bei Verlierern aus

Der Wahlsieg der Rechtspopulistin Giorgia Meloni hat Turbulenzen in der italienischen Politik ausgelöst. Sowohl im siegreichen Mitte-rechts-Lager als auch unter den Mitte-links-Kräften analysieren die Parteien die Ergebnisse und ziehen Konsequenzen.

Am stärksten ist der Chef der mit Meloni verbündeten Lega, Matteo Salvini, unter Druck geraten, dessen Partei gegenüber den Parlamentswahlen 2018 fast die Hälfte der Stimmen verloren hat und auf neun Prozent geschrumpft ist.

Rufe nach Salvinis Rücktritt

3,2 Millionen Stimmen büßte Salvini gegenüber 2018 ein. Die meisten davon wanderten zu Melonis Postfaschisten Fratelli d’Italia (FdI), die mit 26 Prozent der Stimmen als klare Wahlsiegerin aus den vorgezogenen Parlamentswahlen hervorgegangen ist. Im Bündnis mit der Lega und der rechtskonservativen Partei Forza Italia um den viermaligen Premier Silvio Berlusconi sicherte sich Meloni die absolute Stimmenmehrheit in beiden Parlamentskammern.

Nach dem enttäuschenden Lega-Wahlergebnis muss Parteichef Salvini um seinen Posten bangen. Die Zahl der Lega-Schwergewichte, die Salvinis Rücktritt fordern, nimmt zu. „Jetzt muss man über einen Parteitag sprechen, das ist notwendig. Ich wüsste, wen man als neuen Parteichef wählen könnte, nenne aber noch keine Namen“, sagte die langjährige Nummer zwei der Lega, Ex-Innenminister Roberto Maroni.

Sozialdemokraten-Chef Letta vor Abschied

Auch im Mitte-links-Lager herrscht Katerstimmung. Die Sozialdemokraten (Partito Democratico, PD) wurden zwar zur zweitstärksten Partei, mit 19 Prozent der Stimmen müssen sie aber die Oppositionsbank drücken. PD-Chef Enrico Letta wird insbesondere vorgehalten, dass ihm nicht gelungen ist, eine breite Mitte-links-Koalition gegen Meloni auf die Beine zu stellen. Der Mann, der Italien zwischen 2013 und 2014 als Premier regiert hatte, wird die Sozialdemokraten nur noch bis zum im März geplanten Parteikongress führen.

Um ihre Zukunft muss auch die vor drei Monaten gegründete Zentrumspartei Impegno Civico (Bürgerpflicht) um Außenminister Luigi Di Maio bangen. Seit 2018 war Di Maio ein Protagonist in Italiens politischer Szene in den Reihen der linkspopulistischen Fünf-Sterne-Bewegung gewesen; er scheiterte in seinem Wahlkreis in Neapel.

Ungewiss ist auch die Zukunft der proeuropäischen Partei „Piu Europa“ (Mehr Europa). Ihre Parteichefin, die frühere Ministerin und Ex-EU-Kommissarin Emma Bonino, verfehlte den Wiedereinzug in den Senat. Sie fordert jetzt eine Neuauszählung der Stimmen.