Alexander Melchior beim ÖVP-Untersuchungsausschuss
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U-Ausschuss

Befragung mit ÖVP-Rückendeckung

Mit Alexander Melchior ist am Mittwoch ein „alter Hase“ im ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss den Abgeordneten Rede und Antwort gestanden. Die Auskunftsperson wurde in ihrer früheren Rolle als Generalsekretär der ÖVP befragt. Melchior zeigte sich aber in vielen Causen unwissend – Rückendeckung kam aus seiner Fraktion.

Der Beginn der Befragung stand im Zeichen kollektiver Verwirrung. Es konnte nicht aufgeklärt werden, ob ein Strafverfahren gegen Melchior anhängig ist. Ein solches würde sich auf das Entschlagungsrecht der Auskunftsperson auswirken. Obwohl die SPÖ eine Einstellung aus den vorhandenen Akten betonte, wollte Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl auf Nummer sicher gehen. Zwar sei es höchstwahrscheinlich, dass die Ermittlungen gegen Melchior eingestellt worden seien, dennoch gebe es nicht die Sicherheit, die man benötige, um das endgültig zu sagen.

Für die Befragung der ÖVP-Fraktion spielten Entschlagungen freilich keine Rolle. So fragte Noch-U-Ausschuss-Mitglied Christian Stocker (seit wenigen Tagen ist er ÖVP-Generalsekretär) nach dem Lebenslauf seines Parteikollegen oder nach dessen Aufgaben als Parteimanager.

Alexander Melchior beim ÖVP-Untersuchungsausschuss
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ÖVP-Mandatar Melchior verweigerte einen Kameraschwenk – doch im U-Ausschuss lauern die Kameras überall

Im Wesentlichen bestätigte Melchior das, was ÖVP-Funktionäre schon vor ihm gesagt hatten: Die kontrovers diskutierten Sideletter, in denen Postenbesetzungen zwischen ÖVP und FPÖ, aber auch zwischen ÖVP und Grünen abseits der Öffentlichkeit ausgemacht wurden, seien nicht unüblich. Als politisch Interessierter wisse er, dass das Regierungen zuvor auch so gehandhabt hätten. Für Umfragen, die von Ministerien bei ÖVP-nahen Umfrageinstituten in Auftrag gegeben wurden, gab es für die ÖVP keine Vorteilsgewährung, so die Auskunftsperson.

Omnibusumfragen: Melchior weiß es nicht

Nach Ansicht der Opposition hatten ÖVP-geführte Ministerin Umfragen bei Instituten in Auftrag gegeben, die für die ÖVP als Partei einen Mehrwert brachten. Der Vorwurf lautet also, dass öffentliche Gelder für die Interessen einer Partei ausgegeben wurden. Sowohl das Institut als auch die damaligen Ministerinnen Elisabeth Köstinger und Margarete Schramböck (beide ÖVP) wiesen die Vorwürfe zurück. Auch Melchior meinte, dass er in „seinem Einflussbereich“ das ausschließen könne.

Ob es sich bei den Umfragen um Omnibusumfragen (es werden Fragen von mehreren Auftraggebern zusammen abgefragt) handelte, wisse er nicht. Er sei diesbezüglich auch nicht informiert worden. Das Institut Demox-Research, das die Umfragen durchführte, hatte das nach den Vorwürfen bekanntgeben. Der Geschäftsführer meinte in seiner Befragung auch, dass die Sonntagsfrage nicht von Ministerien bezahlt wurde.

Julia Herr (SPÖ)
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Am Mittwoch befragte Julia Herr (SPÖ) den ÖVP-Abgeordneten Melchior

Auf die Frage der SPÖ, ob die ÖVP diese Frage beauftragt hatte, antwortete ÖVP-Fraktionschef Andreas Hanger mit einer Kritik an der Frage: „Wir debattieren immer dasselbe. Er kann das nicht wissen. Dem Bundesgeschäftsführer wird das niemand sagen.“ SPÖ-Mandatarin Julia Herr führte anschließend aus, dass laut einer Unterlage eine Sonntagsfrage abgefragt wurde. „Eine Waschmittelfirma wird die ja nicht bezahlt haben“, sagte die Abgeordnete. Beantwortet wurde die Frage nach dem zahlenden Auftraggeber jedenfalls nicht. Sagen wollte Melchior auch nicht, wer für Umfragen in der ÖVP zuständig war.

Nicht in Postenbesetzungen involviert

Bei Postenbesetzungen sei er nicht involviert gewesen, beteuerte Melchior, der mit Ende Dezember vergangenen Jahres seine Funktion des Generalsekretärs zurücklegte. Anfang 2022 wurde dann bekannt, dass der Abgeordnete als Kommunikator zur IGO Industries des Industriellen Klaus Ortner wechselte. Ortner spendete in den Jahren 2017, 2018 und 2019 an die ÖVP, Ortners Tochter Iris sitzt heute im Aufsichtsrat der Staatsholding ÖBAG. Melchior war als Generalsekretär für Spenden zuständig.

In vorherigen Befragungen stellte er schon klar: „Unsere Politik war und wird nie käuflich sein.“ Er sei im Wahlkampf 2017 für die Kampagne zuständig gewesen, aber auch für die Spenden. „Ich kann absolut ausschließen, dass es je Gegenleistungen für Spenden gegeben hat“, sagte Melchior damals. Am Mittwoch wiederholte er im ÖVP-U-Ausschuss seine Aussagen. Das sorgte in der ÖVP für Kopfschütteln: Denn seit Jahren werde über dieselben Themen gesprochen, obwohl nichts daran sei.

Abgeordnete beim ÖVP-Untersuchungsausschuss
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Die dritte Auskunftsperson, Mandatar Franz Hörl (ÖVP), konnte nicht mehr befragt werden.

Die FPÖ kam auf die Budgeterhöhung für das Außenministerium unter dem früheren Minister Sebastian Kurz (ÖVP) zu sprechen. Ein entsprechender Chat von Ex-Kabinettschef Thomas Schmid suggerierte, dass das Geld für parteipolitische Zwecke verwendet werden sollte. Hanger meldete sich wieder zu Wort: Das seine eine falscher Vorhalt. Melchior hat keine Wahrnehmungen dazu.

Ausführliche Antworten, wenige Fragen

Vor Melchior wurde Ex-Bundeskanzler und Ex-ÖVP-Chef Sebastian Kurz von den Abgeordneten befragt. Wegen langer Antworten und vieler Wortmeldungen vonseiten der ÖVP konnte die erste Befragungsrunde nicht abgeschlossen werden. Lediglich SPÖ, ÖVP und NEOS konnten ihre Fragen stellen, Grüne und FPÖ hatten keine Chance, den früheren Kanzler zu befragen.

Kurz, der in Begleitung von ÖVP-Anwalt Werner Suppan kam, beklagte zwar am Anfang der Befragung „das Mantra, dass ich an allem schuld sein soll“. In weiterer Folge nahm er aber weder die Position des freiwilligen Sündenbocks ein, noch wehrte er jedwede Verantwortung ab. Im Gegensatz zu früheren Befragungen zeigte er sich gegenüber den Abgeordneten zudem durchaus kantiger.

Er habe seine Strategie an die Usancen des U-Ausschusses und der Abgeordneten angepasst, so Kurz, der mehrfach darauf hinwies, dass er kein Politiker mehr sei. Seine Strategie sei immer noch, an einer Aufklärung interessiert zu sein, er sei aber nun deutlich vorsichtiger, nachdem er sich nach einer Anzeige mit einem Verfahren wegen vermuteter Falschaussage herumschlagen müsse, sagte er gegenüber NEOS-Fraktionsführerin Stephanie Krisper.