Ausgefüllte Stimmzettel
Reuters/Alexander Ermochenko
Ukraine

UNO-Chef verurteilt Annexionspläne

UNO-Generalsekretär Antonio Guterres hat den von Russland für Freitag geplanten Vollzug einer Annexion von vier ukrainischen Regionen nach umstrittenen „Referenden“ scharf kritisiert. „Jede Entscheidung, mit der Annexion der Regionen Donezk, Luhansk, Cherson und Saporischschja in der Ukraine voranzuschreiten, hätte keinen rechtlichen Wert und verdient eine Verurteilung“, sagte Guterres.

„Es ist eine gefährliche Eskalation. Es hat keinen Platz in der modernen Welt. Es darf nicht akzeptiert werden“, so Guterres weiter. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow hatte zuvor angekündigt, am Freitag sollten bei einer Zeremonie mit Staatschef Wladimir Putin die Abkommen über die Aufnahme der Regionen unterzeichnet werden.

Bei den völkerrechtswidrigen Scheinreferenden in den vier russisch kontrollierten Regionen in der Ukraine sollen sich nach Angaben der dortigen Separatisten überwältigende Mehrheiten für die Annexion ausgesprochen haben. Donnerstagnacht unterzeichnete Putin zwei Dekrete, mit denen die formale Annexion der Regionen Cherson und Saporischschja auf den Weg gebracht wird. Laut der Dekrete erkennt der Staatschef die Territorien als „unabhängige Gebiete“ an.

„UNO-Charta ist eindeutig“

Guterres betonte indes am Donnerstag, die „Referenden“ könnten nicht als „echter Ausdruck des Willen des Volkes“ betrachtet werden. Die Abstimmungen seien inmitten eines bewaffneten Konflikts in von Russland besetzten Gebieten und außerhalb des rechtlichen und verfassungsmäßigen Rahmens der Ukraine abgehalten worden.

Mangott über die Pipelinelecks und Annexionspläne Russlands

Der Politikwissenschaftler Gerhard Mangott spricht unter anderem über die beschädigten Ostsee-Gaspipelines und über die angekündigte Annexion von ukrainischen Gebieten durch Russland.

„Die UNO-Charta ist eindeutig“, erklärte der UNO-Generalsekretär. „Jegliche Annexion von Territorium eines Staates durch einen anderen Staat in Folge der Androhung oder des Einsatzes von Gewalt ist ein Verstoß gegen die Prinzipien der UNO-Charta und des internationalen Rechts.“

Scharfe Kritik an Scheinreferenden

Am Donnerstag verurteilte auch Deutschlands Außenministerin Annalena Baerbock die Vorgänge in den russisch besetzten Gebieten in der Ukraine. Die Menschen seien unter Drohungen und manchmal sogar mit vorgehaltener Waffe „aus ihren Wohnungen und von ihren Arbeitsplätzen geholt und gezwungen worden, ihre Stimme abzugeben und den Wahlzettel in eine gläserne Wahlurne zu stecken“, kritisierte sie. US-Außenminister Antony Blinken sprach von „Landraub“. „Um es ganz klar zu sagen: Der Ausgang wurde von Moskau orchestriert und spiegelt nicht den Willen des ukrainischen Volkes wider“, so Blinken.

Westliche Politikerinnen und Politiker bezeichneten die Abstimmungen schon in den vergangenen Tagen als illegal. Auch Österreich verurteilte die Abhaltung der Scheinreferenden „aufs Schärfste“. „Sie sind ein weiterer schwerwiegender Angriff auf die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine“, schrieb das Außenministerium in einer Stellungnahme von Mittwoch.

Russland kündigt Annexion an

Die vier besetzten Gebiete in der Ukraine werden nun am Freitag offiziell annektiert werden – auch wenn kaum ein Staat der Welt diesen Schritt anerkennen wird.

Im Hinblick auf die geplante Annexion kommt in der Ukraine noch vor dem Wochenende der Nationale Sicherheitsrat zusammen. „Präsident Wolodymyr Selenskyj beruft für morgen dringend eine Sitzung des Rates für nationale Sicherheit und Verteidigung der Ukraine ein“, teilte Präsidentensprecher Serhij Nykyforow am Donnerstag auf Facebook mit. Selenskyj nannte die Scheinreferenden eine „Farce“.

Beobachter wiesen auf schwere Mängel hin

Die von der Annexion betroffenen Gebiete entsprechen zusammen grob der Fläche Portugals und machen zusammen etwa 15 Prozent des ukrainischen Staatsgebietes aus. Mit einem Anschluss könnte die Regierung in Moskau die ukrainische Gegenoffensive zur Rückeroberung der Gebiete als einen Angriff auf Russland darstellen. Putin hat erklärt, er sei bereit, die „territoriale Integrität“ seines Landes mit Atomwaffen zu verteidigen.

Karte zeigt Ostukraine
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: ISW, OCHA

Die mehrtägigen Scheinreferenden in den ostukrainischen Regionen Luhansk und Donezk sowie in den südukrainischen Regionen Saporischschja und Cherson gingen am Dienstag zu Ende, tags darauf baten die Anführer der dortigen Separatisten formell Putin um die Annexion.