Protestierende vor der Universität in Teheran
AP
Frauen gegen Kopftuch

Erneut landesweit Proteste im Iran

Im Iran haben die systemkritischen Proteste am Samstag in mehreren Landesteilen angedauert. Augenzeugen zufolge blockierten in der Hauptstadt Teheran Tausende Demonstrantinnen und Demonstranten mehrere Hauptstraßen und skandierten Slogans gegen die politische Führung der islamischen Republik. Frauen nahmen erneut ihre Kopftücher ab und riefen „Freiheit, Freiheit“.

In einigen Teilen der Stadt kam es zu Auseinandersetzungen mit der Polizei. Dabei sollen Polizeikräfte Tränengas eingesetzt haben. Die Proteste führten in mehreren Teilen der Hauptstadt zu erheblichen Staus. Dabei schienen sich viele Autofahrer mit den Demonstranten zu solidarisieren und ließen Hupkonzerte ertönen.

Auch international kam es am Samstag in einigen Städten, auch in Wien, erneut zu Solidaritätsdemos für die Protestierenden im Iran.

19 Tote bei Protesten in Sahedan

Zu heftigen Ausschreitungen war es am Freitag in der Stadt Sahedan im Südosten des Landes gekommen. Dabei kamen 19 Menschen ums Leben, unter ihnen auch mindestens drei Mitglieder der lokalen Revolutionsgarden. 20 weitere wurden schwer verletzt. Wegen der zunehmenden Gewaltbereitschaft auf beiden Seiten gibt es innerhalb der Bevölkerung Befürchtungen, dass sich der Vorfall in Sahedan auch in anderen Teilen des Landes wiederholen könnte.

Iran: Proteste gegen das Regime

Die regimekritischen Proteste im Iran haben rund zwei Wochen nach Ausbruch zwar etwas abgenommen, doch nach wie vor gehen Menschen für Frauenrechte auf die Straße. Ein Bericht von Amnesty International spricht von Schlägen, Tritten und scharfer Munition gegen Demonstrierende. Laut einer iranischen Nachrichtenagentur sind 60 Menschen gestorben.

Unterdessen nahm der iranische Geheimdienst neun Ausländer fest. Die Verhafteten kämen aus Deutschland, Frankreich, den Niederlanden, Italien, Polen und Schweden. Sie sollen entweder direkt an den systemkritischen Protesten teilgenommen oder im Hintergrund agiert haben, hieß es in einer Erklärung am Freitagabend. Weitere Details zu den festgenommenen Europäern nannte der Geheimdienst nicht.

Tod von Mahsa Amini als Auslöser

Auslöser der Demonstrationen ist der Tod der 22-jährigen Mahsa Amini vor zwei Wochen. Die Sittenpolizei hatte sie wegen ihres angeblich „unislamischen Outfits“ festgenommen. Was mit Amini danach geschah, ist unklar. Die Frau fiel ins Koma und starb am 16. September in einem Krankenhaus. Kritiker werfen der Moralpolizei vor, Gewalt angewendet zu haben – die Polizei weist das zurück. Seit dem Tod der jungen Frau demonstrieren landesweit Tausende Menschen gegen den repressiven Kurs der Regierung und der Sicherheitskräfte sowie das islamische System.

Neue Angriffe auf kurdische Gruppen

Unterdessen griffen die Iranischen Revolutionsgarden (IRGC) erneut Stützpunkte kurdischer Separatistengruppen im benachbarten Nordirak an. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Tasnim setzten die Revolutionsgarden bei den Angriffen am Samstag – den vierten innerhalb einer Woche – über 70 Raketen und Dutzende von Drohnen ein. Die Garden rechtfertigten die Angriffe als „legitime Reaktion“ auf Angriffe kurdischer Terrorgruppen auf iranische Militärbasen im Grenzgebiet. Teheran hatte zuvor einigen kurdischen Gruppen vorgeworfen, an den Protesten beteiligt gewesen zu sein, auch mit Waffenlieferungen an Demonstranten.