Bosnien-Herzegowina-Wahl: Verluste für Nationalisten

Im Rennen um die dreiköpfige Präsidentschaft bei der Wahl in Bosnien und Herzegowina haben nationalistische Kandidaten erstmals offenbar herbe Verluste erlitten.

So setzte sich nach Angaben der Wahlbehörde bei den bosniakischen Vertretern der als proeuropäisch geltende Denis Becirovic mit 56 Prozent der Stimmen gegen Bakir Izetbegovic durch, den langjährigen Chef der größten bosnischen Partei SDA. Im Rennen um den kroatischen Sitz sicherte sich den Teilergebnissen zufolge der Reformer Zeljko Komsic eine vierte Amtszeit.

Der für seinen Separatismus und Nationalismus bekannte Milorad Dodik sicherte sich unterdessen wohl erneut das Präsidentenamt in der Republika Srpska. Nach Auszählung von rund 80 Prozent der Wahlzettel ging Dodik laut Wahlkommission mit 48,8 Prozent der Stimmen in Führung. Oppositionskandidatin Jelena Trivic kam diesen Angaben zufolge auf rund 43 Prozent.

Komplexe Wahl

Die Abstimmung war so komplex wie das Land selbst. Auf der Ebene der gesamtstaatlichen Institutionen bestimmten die Wählerinnen und Wähler vor dem Hintergrund wachsender ethnischer Konflikte die zwei Kammern des zentralen Parlaments sowie die dreiköpfige Präsidentschaft.

Das in einen serbischen und einen kroatisch-bosniakischen Teilstaat geteilte Land mit einer Zentralregierung wählte auf drei Ebenen: Neben der gesamtstaatlichen Ebene wurden in der Republika Srpska, dem serbischen Landesteil, die regionalen Abgeordneten sowie der Präsident und seine zwei Stellvertreter gewählt.

Beobachter gehen davon aus, dass Dodik wieder Präsident der Republika Srpska wird. Der 63-Jährige hatte dieses Amt bereits zweimal inne.

In der bosniakisch-kroatischen Föderation fand die Wahl für ein Zweikammerparlament statt, das dann einen Präsidenten und zwei Vizepräsidenten bestimmen wird. Die Wählerinnen und Wähler entscheiden auch über die Mitglieder der Versammlungen der zehn Kantone, aus denen die Föderation besteht.

Auf gesamtstaatlicher Ebene besteht die Präsidentschaft aus einem Kroaten, einem Bosniaken und einem Serben, die sich alle acht Monate im Vorsitz abwechseln. Die Zentralregierung ist für das Militär, das Justizsystem, die Steuerpolitik, den Außenhandel und die Diplomatie zuständig. Die Teilstaaten haben ihre eigenen Polizei-, Bildungs- und Gesundheitssysteme.

Änderung von Wahlgesetz angekündigt

Das komplexe und wenig funktionsfähige politische System in dem Balkan-Staat ging aus dem Dayton-Abkommen von 1995 hervor, mit dem der Bürgerkrieg der 90er Jahre mit 100.000 Toten beendet worden war. Seit 1995 ernennt der UNO-Sicherheitsrat einen Hohen Repräsentanten, der die Umsetzung des Friedensabkommens überwacht. Derzeit hat der Deutsche Christian Schmidt das Amt inne. Der Gesandte ist formal befugt, in die Gesetzgebung einzugreifen und gewählte Politiker abzusetzen.

Wenige Augenblicke nach Schließung der Wahllokale hatte Schmidt eine Reihe von Änderungen des bosnischen Wahlgesetzes angekündigt. Dieser Schritt gab Anlass zu Befürchtungen, er könne zu neuer Instabilität in der politischen Landschaft führen.

Die neuen Maßnahmen würden darauf abzielen, „die Funktionsfähigkeit der Föderation von Bosnien und Herzegowina zu verbessern und die rechtzeitige Umsetzung der Ergebnisse der Wahlen vom Oktober 2022 zu gewährleisten“, hieß es in einer Erklärung von Schmidt.