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Reuters/Arnd Wiegmann
Credit Suisse in Turbulenzen

Abwehrkampf gegen Zweifel der Anleger

Der Platzhirsch unter den Schweizer Großbanken, die Credit Suisse, ist schwer unter Druck geraten. Die krisengeplagte Bank muss sich restrukturieren, doch die Investoren haben offenbar kein Vertrauen in ihre Finanzkraft. Am Montag kam es zum Kurseinbruch samt hektischer Beruhigungsversuche. Viel Spielraum hat die Bank derzeit nicht.

Am Wochenende schon versuchte der neue Konzernchef Ulrich Körner, seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu beruhigen: Die Bank stehe gut da, die Kapital- und Liquiditätsposition sei stark. Ausgelöst hat er damit das Gegenteil: Laut „Financial Times“ verbrachten die Konzernbanker das Wochenende damit, aufgebrachte Kundschaft, Investoren und Partner zu beschwichtigen, während in den sozialen Netzwerken eine Welle der Spekulation losbrach.

Ulrich Körner, neuer CEO von Credit Suisse
Reuters/Credit Suisse
Ulrich Körner

Gebracht hat es wenig, die Anleger flüchteten bei erster Gelegenheit am Montag und brachten die Aktie zum Einsturz. Sie brach an der Zürcher Börse zeitweise um bis zu zwölf Prozent ein, bevor sie sich wieder etwas erholte. Der Preis für Kreditausfallversicherungen (CDS) der Bank stieg zudem deutlich an. Dieser signalisiert, für wie stabil der Markt ein Institut hält.

Im Fall der Credit Suisse verteuerten sich die Versicherungen zuletzt auf 272 Basispunkte. Anleger müssen also 272.000 Euro bezahlen, um Anleihen des Instituts im Volumen von zehn Millionen Euro zu versichern. Dieser Wert hat sich seit Anfang Juni mehr als vervierfacht – eine Erinnerung an die Zeit vor der Finanzkrise 2008.

Umbau frisst Geld

Der Anlass der Turbulenzen liegt etwas zurück: Seit einiger Zeit schon befindet sich die Credit Suisse in einer Spirale aus Milliardenverlusten, Führungswechseln und Rechtsfällen. Sie musste etwa fünf Milliarden Dollar abschreiben, als ihr Partner Archegos im Vorjahr zusammenbrach.

Credit Suisse

Die Schweizer Großbank wurde 1856 als Schweizerische Kreditanstalt gegründet und gehört heute zu den 30 global systemrelevanten Banken. Derzeit beschäftigt die Bank mehr als 51.000 Personen. Zuletzt wurde die Credit Suisse von einer Reihe Skandalen erschüttert, darunter die Beschattung eines abtrünnigen Managers, Verstöße gegen Quarantäneregeln und ein Geldwäschefall rund um einen mutmaßlichen bulgarischen Kokainhändlerring.

Körner und sein Verwaltungsratspräsident Axel Lehmann kündigten unter anderem deshalb im Juli einen Umbau an, Details wollen sie aber erst am 27. Oktober bereitstellen – genug Zeit für die Märkte, nervös zu werden.

Medienberichten zufolge soll Körner das riskante Investmentbanking verkleinern und dafür die Vermögensverwaltung, die weniger Kapital verschlingt, ausbauen. Das wäre aber mit hohen Kosten und wohl dem Abbau vieler Jobs verbunden und würde die Bank weiter belasten. Die Credit Suisse wird hoffen, dass der Verkauf von Teilbereichen genügend Mittel erlösen dürfte. Anders sehen das manche Fachleute, die Analysten von Keefe, Bruyette & Woods (KBW) etwa veranschlagten den Gesamtbedarf auf über sechs Milliarden Euro. Selbst mancher Notverkauf könnte so erforderlich sein, auch eine Mobilisierung frischer Mittel am Kapitalmarkt steht zur Debatte.

Sorge vor der selbsterfüllenden Prophezeiung

Einem solchen Schritt dürften die Aktionäre allerdings nur ungern zustimmen, ist eine Kapitalerhöhung doch nach dem jüngsten Kurseinbruch keine attraktive Option. Eine Wahl dürfte das Schweizer Führungsduo Körner und Lehmann aber nicht haben: Nehmen sie die teure und aufwändige Umstrukturierung nicht in Angriff, würden die Anleger die Untätigkeit erst recht bestrafen, so der Vontobel-Analyst Andreas Venditti gegenüber Bloomberg.

Inzwischen beobachten auch die Aufseher die Zwickmühle der Credit Suisse. Wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, arbeiten die Schweizer Finanzmarktaufsicht FINMA und die Bank of England dabei zusammen. Etliche Fachleute betonen aber, dass sich die Großbank nicht an der Schwelle des Zusammenbruchs befinde und auch keine neue Finanzkrise deshalb drohe. Die Aktien seien in der Erholungsphase und allen verfügbaren Informationen zufolge habe die Credit Suisse eine gesunde Liquidität.

„Das Problem der Credit Suisse ist, dass es fast zu einer selbsterfüllenden Prophezeiung wird“, so hingegen James Finch von der New York University. Wenn Schlüsselmitarbeiter beginnen würden, die Bank zu verlassen, und reiche Leute ihr Geld abzögen, werde das Geschäft unterminiert. Das würde wieder die Anleger nervös machen.