„Wiener Zeitung“ soll online und monatlich erscheinen

Die Bundesregierung plant die Einstellung der „Wiener Zeitung“ als Tagesausgabe. Stattdessen soll die älteste Tageszeitung der Welt nach APA-Informationen künftig als Monatstitel zehnmal im Jahr erscheinen und zusätzlich als Onlineplattform geführt werden.

„Die ‚Wiener Zeitung‘ ist ein Juwel, das es zu fördern gilt und nicht einfach durch Desinteresse nach unten zu fahren“, reagierte „Wiener Zeitung“-Chefredakteur Walter Hämmerle im Gespräch mit der APA nun.

„Diese Redaktion hat enormes Potenzial. Wenn man nun willkürlich die Grundlage der Zeitung wegdekretiert, dann befürchte ich, dass dieses Juwel namens ‚Wiener Zeitung‘ digital wie auch in jeder anderen Form dem Untergang geweiht ist“, so Hämmerle.

Abschaffung der Pflichtveröffentlichungen

Hintergrund für die geplante Änderung des Geschäftsmodells ist die Abschaffung der Pflichtveröffentlichungen in gedruckter Form im Amtsblatt der Zeitung. Sie machen einen großen Teil der „Wiener Zeitung“-Einnahmen aus und dürften mit Jahresende wegfallen.

Hämmerle appellierte an die Regierung, den Wert der „Wiener Zeitung“ zu steigern. „Wenn der Eigentümer das nicht selber machen will, dann soll er es andere machen lassen.“ Das müsse nicht zwangsläufig einen Verkauf bedeuten. Man könnte auch Partner hereinholen, die das Potenzial erkennen und innovativ umsetzen wollen, so der „Wiener Zeitung“-Chefredakteur.

Er verwies auf ein vom Cognion Forschungsverbund gemeinsam mit der Chefredaktion erarbeitetes Konzept. Dieses sieht umfassende digitale Veröffentlichungen von Daten und deren gemeinnützige Aufbereitung als auch eine „Hardcore-Qualitäts-Tageszeitungsredaktion“ vor. „Dieses Konzept stellt eine Zukunftsoption dar und gehört geprüft“, so Hämmerle.

Zahlreiche aktive und ehemalige Politiker und Politikerinnen quer über alle Parteigrenzen hinweg, aber auch Wissenschaftler, journalistische Interessenvertreter sowie Prominenz aus Wirtschaft und Kultur hatten sich in der Vergangenheit für den Erhalt der „Wiener Zeitung“ ausgesprochen. Auch mehrere Modelle zur Rettung der ältesten noch erscheinenden Tageszeitung der Welt wurden präsentiert.

Sorge um Qualitätsjournalismus

Barbara Teiber, Vorsitzende der Gewerkschaft GPA, bezeichnete die Pläne der Regierung am Dienstag in einer Aussendung als schweren Fehler und „Schlag gegen hochwertigen Qualitätsjournalismus“. Eike-Clemens Kullmann, Vorsitzender der Journalistengewerkschaft in der GPA, sah einen „Todesstoß auf Raten“ gegeben. Die Bundesregierung bestätige sich als „Totengräber der ältesten Tageszeitung der Welt“.

Einen Angriff auf den heimischen Qualitätsjournalismus ortete SPÖ-Mediensprecher Jörg Leichtfried. „Die ‚Wiener Zeitung‘ ist für die Medienvielfalt in Österreich unverzichtbar“, warnte er vor einem „schweren, unumkehrbaren Fehler“. Für NEOS-Mediensprecherin Henrike Brandstötter steht außer Frage, dass das Medium weiter existieren müsse, allerdings ohne den Staat als Eigentümerin. „Es gibt viele große Zukunftsfragen zu lösen: von dem dringenden Bedarf an Medienkompetenzzentren angesichts gezielter Desinformationskampagnen und Fake News, die unsere Demokratie gezielt angreifen, bis hin zu journalistischer Datenaufbereitung und -visualisierung. Und es gibt Interessenten, die diese und viele weitere Konzepte unterstützen würden“, meinte sie.