Die tschechische Ratspräsidentschaft verkündete am Mittwoch die Einigung auf das mittlerweile achte Sanktionspaket der EU. Schon zuvor hieß es aus Diplomatenkreisen, dass eine Einigung in Griffweite sei. Noch am Anfang der Woche hatte es Bedenken aus mehreren Mitgliedsstaaten gegeben, die nun offenbar ausgeräumt werden konnten. Die Einigung musste einstimmig erfolgen, jetzt durchläuft das Paket ein letztes Genehmigungsverfahren, das reine Formsache ist. Schon am Donnerstag soll es in Kraft treten.
Von der Leyen begrüßte die Einigung auf die neuen Sanktionen. „Wir werden nie (Präsident Wladimir, Anm.) Putins Scheinreferenden noch irgendeine Art von Annexion in der Ukraine akzeptieren“, twitterte sie. „Wir sind entschlossen, den Kreml weiterhin bezahlen zu lassen.“
Export- und Importverbote sollen kommen
Teil der Grundsatzeinigung zu den neuen Sanktionen sind verschiedene Exportverbote, die etwa bestimmte Schlüsseltechnologien für die Luftfahrt betreffen. Zudem soll es unter anderem ein Importverbot für bestimmten Stahl aus Russland geben. Auch soll es EU-Bürgerinnen und -Bürgern künftig verboten sein, Sitze in Führungsgremien russischer Staatsunternehmen einzunehmen. Details wurden bisher jedoch nicht genannt.
Hinzu kommen auch Strafmaßnahmen gegen Personen, die bei der Durchführung der Scheinreferenden in den mittlerweile durch Russland annektierten Gebieten auf ukrainischem Gebiet geholfen haben. Sie werden mit Einreiseverboten und Vermögenssperren belegt.
EU-Staaten einig bei Ölpreisdeckel
Die EU-Staaten haben sich auf ein achtes Sanktionspaket gegen Russland geeinigt. So billigten die Mitgliedsländer heute die rechtlichen Voraussetzungen für einen von den G-7-Staaten unterstützten Preisdeckel für Ölimporte aus Russland. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zeigte sich auch offen für einen grundsätzlichen Preisdeckel auf Gas.
Ölpreisdeckel soll Russland schwächen
Der Ölpreisdeckel soll die Grundlage dafür sein, dass Russland künftig Öl zu einem deutlich niedrigeren Preis verkaufen muss als bisher. Die EU selbst hat zwar bereits beschlossen, dass ab dem 5. Dezember kein russisches Rohöl mehr über den Seeweg in die Europäische Union eingeführt werden darf. Darüber hinaus verständigte sich die G-7-Gruppe wirtschaftsstarker Demokratien Anfang September jedoch im Grundsatz auf eine Preisobergrenze für russisches Öl, die auch für Drittstaaten gelten soll. Ein Preisdeckel gilt aber als wenig schlagkräftig, solange China und Indien ihn nicht umsetzen.
EU beschließt neue Sanktionen
Als Reaktion auf die Annexion der Ostukraine durch Russland hat die EU neue Sanktionen beschlossen. Dabei geht es unter anderem um rechtliche Grundlagen für einen Preisdeckel auf russisches Öl.
Den G-7-Plänen zufolge soll der Seetransport von Erdölprodukten und Rohöl aus Russland weltweit nur noch möglich sein, wenn das Öl unter einem bestimmten Preis gekauft wurde. Ein konkretes Limit dafür gibt es bisher nicht. Funktionieren könnte das, indem wichtige Dienstleistungen wie Versicherungen für Öltransporte an die Einhaltung der Regel geknüpft werden.
Litauen: „Zeit für starke Pakete ist vorbei“
Umgehend nach der Ankündigung der Einigung gab es auch Kritik. Litauens Außenminister Gabrielius Landsbergis hält die neuen Sanktionen etwa für schwach. „Die Zeit für starke Pakete ist vorbei, und beim Lesen der vorgelegten Dokumente hat man manchmal den Eindruck, dass es mehr Ausnahmen als Sanktionen gibt“, sagte er im litauischen Radio. „Trotzdem ist es besser als nichts, als gar kein Paket“.
Im Vorfeld gab es neuerlich Bedenken Ungarns, auch Griechenland, Zypern und Malta wollten den Sanktionen nicht zustimmen. Ungarn soll Diplomaten zufolge gefordert haben, russisches Öl, das Budapest aufgrund einer bestehenden Ausnahme weiterhin importieren darf, auch weiterverarbeiten und an andere Länder verkaufen zu dürfen. Die EU-Kommission und andere Länder fürchten dadurch eine Verzerrung des Binnenmarkts.
Ungarns Außenminister Peter Szijjarto sagte nach Angaben eines Regierungssprechers nun, dass die neuen Sanktionen Ungarns Interessen nicht verletzten. Von Zypern, Griechenland und Malta soll es Kritik wegen des Ölpreisdeckels gegeben haben. Dieser würde andere Länder wie die Türkei, Indien und Indonesien begünstigen, so die Befürchtung, da diese Länder einfach für den Transport des Öls einspringen würden.
Gaspreisdeckel könnte nächstes Thema werden
Die EU-Kommission zieht unterdessen auch einen allgemeinen Gaspreisdeckel in Betracht. In einer Rede im EU-Parlament in Straßburg sprach sich von der Leyen offen dafür aus. „Eine solche Obergrenze für die Gaspreise muss so gestaltet sein, dass die Versorgungssicherheit gewährleistet ist“, so von der Leyen. Zudem müsse es eine vorübergehende Maßnahme sein, „bis wir einen neuen EU-Preisindex entwickelt haben, der ein besseres Funktionieren des Marktes gewährleistet“.
Österreich zuletzt bei Gaspreisdeckel skeptisch
Einen solchen Preisdeckel hatte zuletzt mehr als die Hälfte der EU-Staaten gefordert. Österreich, Deutschland und andere Staaten sind jedoch skeptisch und argumentieren, dass dadurch womöglich nicht mehr ausreichend Gas in die EU geliefert werden würde. Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) sagte im September jedoch, dass er sich einen Deckel für alle Gaseinkäufe, also nicht nur für Gas aus Russland, vorstellen könne. Von der Leyen sagte, die Versorgungssicherheit müsse gewährleistet werden, das sei aber ein schmaler Grat.
Ihr Vorstoß ist Teil eines Fahrplans, den sie eigenen Angaben zufolge in einem Brief an die Staats- und Regierungschefs für den EU-Gipfel Ende der Woche schicken will. Teil davon werde auch sein, als ersten Schritt einen Gaspreisdeckel nur für jenes Gas vorzuschlagen, das zur Stromerzeugung genutzt wird.