Großbritanniens Premierministerin Liz Truss hält Rede am Parteitag
Reuters/Hannah Mckay
Mehr Wachstum, weniger Steuern

Truss schwört Torys auf ihren Kurs ein

„Wir müssen den Kurs beibehalten“, hat die britische Premierministerin Liz Truss bei ihrer Rede zum Ende des mehrtägigen Parteitags der Torys am Mittwoch betont. Mit ihrer von Greenpeace-Aktivistinnen kurz unterbrochenen Rede versuchte Truss, die eigenen Reihen wieder zu schließen und die Märkte zu beruhigen. Statt der Krönung ihrer Ernennung zur Premierministerin wurde der Parteitag zu einem Kampf um ihre politische Zukunft.

Eine Notbremse bei steuerlichen Ankündigungen und Widersprüche in den vergangenen Tagen hatten auf den Finanzmärkten und sogar innerhalb der eigenen Partei für große Unruhe gesorgt. Entscheidend sei nun Wirtschaftswachstum, so Truss. Sie will auf Steuersenkungen und Deregulierung setzen: „Zu lange hat sich die politische Debatte darum gedreht, wie wir einen begrenzten wirtschaftlichen Kuchen verteilen.“ Dieser Kuchen müsse wachsen, damit jeder ein größeres Stück bekomme.

Sie wolle Großbritannien „aus diesem Zyklus mit hohen Steuern und niedrigem Wachstum befreien“. Es seien „stürmische Tage“, sagte Truss. Angesichts zahlreicher Krisen wie der Pandemie und des Ukraine-Krieges müsse Großbritannien die Dinge anders handhaben. Auch wenn nicht alle einverstanden sein werden, werden alle davon profitieren, versuchte Truss von ihrem Steuersenkungsprogramm zu überzeugen: „Immer wenn es Veränderungen gibt, gibt es Störungen. Nicht alle werden dafür sein.“ Steuersenkungen seien moralisch und ökonomisch richtig.

Aktivistinnen halten ein Transparent am Parteitag in Händen
Reuters/Toby Melville
Aktivistinnen störten die Rede von Truss am Parteitag

Aktivisten hatten den Beginn der Rede mit einem Schild mit einem Banner mit der Aufschrift „Wer hat dafür gestimmt?“ kurzzeitige unterbrochen, bevor sie aus dem Saal geführt wurden. Truss wurde von den Parteimitgliedern, nicht aber von einer breiten Wählerschaft gewählt. Truss nahm in ihrer Rede Bezug auf die „Antiwachstumskoalition“, der auch Labour angehöre. Diese dürfe „uns nicht zurückhalten“.

Erhöhung der Sozialleistungen unklar

Unklar blieb, ob Truss wie von ihrem Vorgänger Boris Johnson angekündigt die Sozialleistungen an die Inflation anpassen lässt. Truss betonte, sich für die Schwächsten einzusetzen, und verwies auf eine Obergrenze für Energiepreise. Wie bisher vermied sie es aber, Johnsons Versprechen der Erhöhung der Sozialleistungen und Pensionen zu wiederholen. Allerdings fordern selbst führende Abgeordnete eine Anpassung der Sozialleistungen.

Kritisiert wurde im Zusammenhang mit den Steuersenkungsplänen auch, dass diese wenig dazu beitragen, Millionen von Menschen zu unterstützen, die mit der Finanzierung ihrer Lebenshaltungskosten kämpfen. Truss wird vorgeworfen, sich zu sehr auf den „Trickle-down“-Ansatz zu verlassen.

Dieser geht davon aus, dass sich der Einkommenszuwachs bei den Reichen auf die ärmeren Gesellschaftsschichten auswirke. Zahlreiche Ökonomen zweifeln aber an dieser Durchlässigkeit, befürchtet wird vielmehr eine größere Kluft zwischen Arm und Reich.

Liz Truss und ihr Ehemann
APA/AFP/Paul Ellis
Nach der Aufregung um ihre Wirtschaftspläne versuchte Truss am Parteitag der Torys zu beruhigen

Sand im Getriebe

Die neue britischen Regierung unter Truss ist mit viel Sand im Getriebe gestartet. Nach heftiger Kritik an geplanten Steuersenkungen, die vor allem den Reichsten zugutekommen sollten und über neue Schulden finanziert worden wären, zog Finanzminister Kwasi Kwarteng den Plan, den Spitzensteuersatz von 45 Prozent für Topverdiener zu streichen, zurück. Damit reduziert sich das geplante Steuersenkungspaket von 45 Mrd. Pfund (knapp 52 Mrd. Euro) um zwei Mrd. Pfund. Nicht klar ist, wie die Steuersenkungen finanziert werden sollen.

Die Ankündigung des Steuerpakts hatte vergangene Woche zu einem Absturz des Pfund-Kurses geführt sowie zu einem Einschreiten der britischen Notenbank. Die Umfragewerte der Torys sackten ab. Die Konservative Partei liegt hinter der größten Oppositionspartei Labour. Nach aktuellen Umfragen des Meinungsforschungsinstituts YouGov ist Truss nach einem Monat im Amt unbeliebter, als es ihr Vorgänger Johnson je war.

Dementiert wurden von Finanzminister Kwarteng Berichte, dass die Regierung die Vorstellung des Budgetplans auf Oktober vorziehen wolle, um das Vertrauen der Finanzmärkte zurückzugewinnen. Es werde sich am Termin Ende November nichts ändern, stellte Kwarteng klar. In dem Haushaltsplan will die Regierung darlegen, wie die Steuersenkungen, die weiterhin vorgesehen sind, finanziert werden sollen.