Gernot Maier, Ex-Generalsekretär im Landwirtschaftsministerium
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ÖVP-U-Ausschuss

E-Mails lieferten Stoff für Befragung

Von Woche zu Woche scheint der ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss breiter und vielfältiger zu werden. Aktuelle Ereignisse finden ebenso in den Befragungen Eingang wie Vorbereitungshandeln vor dem Untersuchungszeitraum. Am Mittwoch beschäftigten sich die Abgeordneten aber wieder mit dem Kern der parlamentarischen Kontrolle: Umfragen, Posten und Inserate. Geladen war Gernot Maier, Ex-Generalsekretär unter der früheren Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP).

Maier sollte eigentlich schon Mitte Juni befragt werden. Weil die Befragung von Köstinger wegen einer Sondersitzung des Nationalrats länger dauerte, wurde der Termin verschoben. Die Ex-Ministerin ist damals schon mit der Inseratenvergabe des Landwirtschaftsressorts und „ressortfremden“ Umfragen konfrontiert worden. Sie hatte betont, dass sie als Ministerin nicht für das operative Geschäft, sondern für die Strategie zuständig gewesen sei. Die Fachabteilung würde sich darum kümmern, das Kabinett sei informiert.

Der frühere Generalsekretär und Kabinettschef von Köstinger sagte im U-Ausschuss, dass es für Umfragen immer wieder einmal einen Wunsch aus der Ressortleitung gegeben habe. Als Generalsekretär habe er das weitergeleitet. Später sagte er, dass von Köstinger keine Vorschläge für Umfragen kamen. Die inhaltliche Abstimmung eines Fragebogens sei über ihn selbst oder über seine Mitarbeiter erfolgt. Den Vorwurf, die ÖVP habe Fragen über das Ministerium (also Steuergelder) abfragen lassen, bestritt er. Fragen habe er nie von der Partei erhalten.

Gernot Maier, Ex-Generalsekretär im Landwirtschaftsministerium
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Maier ließ keinen Kameraschwenk zu – auf dem Weg zum Ausschusslokal wurde er aber reichlich fotografiert

Kontakte zum Umfrageinstitut

Den Geschäftsführer des beauftragten Demox-Umfrageinstituts, der auch als ÖVP-Bauernbund-Funktionär tätig war, kenne er schon länger, wie er mitteilte. Ob er ihn im Ministerium empfohlen habe, konnte Maier nicht mehr sagen. Dass das Ressort zum Thema Asyl und Arbeitskräfte Fragen stellen ließ, sei nicht außergewöhnlich. Auch im Tourismus spiele das eine Rolle. Zudem sei es eine von vielen Fragen gewesen. Der Geschäftsführer des Instituts sprach in seiner Befragung davon, dass es Omnibusumfragen gegeben habe – mehrere Fragen von unterschiedlichen Auftraggebern wurden in einer Studie abgefragt.

Es könne sein, dass er mit dem Demox-Geschäftsführer schon in seiner Zeit bei der ÖVP zusammengearbeitet habe, ergänzte Maier später. SPÖ-Mandatarin Julia Herr wollte wissen, ob er vor seiner Zeit als Kabinettschef versucht hat, Studien des Ministeriums zu beeinflussen. Herr fragte nicht ohne Hintergedanken. Ihr lag eine Chatnachricht von Maier an Ex-Kabinettschef Michael Kloibmüller über ein Gutachten zu der 2016 kontrovers diskutierten „Obergrenze“ im Asylbereich vor. Er habe mit dem Experten bereits gesprochen, soll Maier geschrieben haben. Man müsse das aber nochmals „verstärken“. „Er muss klar sagen, dass Obergrenze geht, und wie das funktionieren könnte.“

Wolfgang Sobotka
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Ausschussvorsitzender Wolfgang Sobotka (ÖVP) wechselte sich mit seinem Vertreter, Friedrich Ofenauer (ÖVP), ab

Für die ÖVP war die Frage unzulässig. Da die SPÖ diese Unterlage von Dritten bekommen habe, könne es sich bei „Gernot“ auch um eine anderen Person handeln. Man bezweifelt, dass es sich um eine authentische E-Mail handelt – dabei war es allerdings die Handynummer der Auskunftsperson. Die Frage wurde nicht zugelassen, da das eine „private Nachricht“ gewesen sei. Das Ergebnis des Gutachtens war schließlich etwas differenziert. Die Regierung fühlte sich allerdings in ihrer Meinung bestätigt, eine „Obergrenze“ einführen zu können. Damals stellte die SPÖ den Kanzler, die ÖVP die Innenministerin.

Studie „still“ online stellen

Konfrontiert wurde Maier mit mehreren E-Mails aus seiner Zeit im Landwirtschaftsministerium. In einer längeren Nachricht ist von einer Studie zur Neuausrichtung der gewerblichen Tourismusförderung die Rede. Diese sei – „trotz Bemühungen der Sektion“ – nicht positiv für das Tourismusministerium und die Österreichische Hotel- und Tourismusbank ausgefallen, zitierte NEOS-Fraktionschefin Stephanie Krisper.

Die Mitarbeiterin, die die E-Mail an Maier schickte, schlug vor, die Studie „still“ online zu stellen. Krisper wollte mehr über die Studie erfahren. Doch Maier konnte sich nicht erinnern, was aus dieser wurde. Diese stamme nämlich aus der Coronavirus-Zeit, begründete die Auskunftsperson.

Bei Vergabe von Inseraten sei er nicht involviert gewesen, sagte er. Die Frage, wieso das Inseratenbudget des Landwirtschaftsministeriums im Wahljahr 2017 um das Vielfache gestiegen sei, konnte Maier nicht beantworten. Er sei erst 2018 in das Kabinett von Köstinger gekommen, davor war übrigens Andrä Rupprechter (ÖVP) Landwirtschaftsminister. Nach 2017 sei die Inseratensumme ohnehin gesunken, meinte Maier, der die wiederholte Frage nach den Kriterien für die Inseratenvergabe nicht konkret beantwortete.

Stephanie Krisper
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NEOS-Mandatarin Krisper nahm sich die Aufgaben des früheren Generalsekretärs vor

„Liebe Grüße von Wolfi“

Anschließend legte die NEOS-Mandatarin eine E-Mail vom Falstaff-Verlag an die Fachabteilung Kommunikation im Ministerium vor. In dieser schilderte ein Mitarbeiter, dass man in „Kurier“ und „Krone“ ein Inserat zu Erntehelfern gesehen habe. Das würde „auch perfekt zu unserem Magazin“ passen, schrieb der Mann und richtete „vorweg ganz liebe Grüße von Wolfi Rosam“ aus.

Der Mitarbeiter schrieb, dass er für Falstaff-Herausgeber und Kommunikationsberater Wolfgang Rosam einige Kooperationspartner betreuen dürfe, „darunter auch das Landwirtschaftsministerium durch sein besonderes Verhältnis zu Elli Köstinger“. Der Absender bat um Unterstützung „in diesen nicht so einfachen Tagen“. Die Auskunftsperson konnte sich an die E-Mail nicht erinnern.

Julia Herr
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Zu mehreren Wortgefechten kam es zwischen SPÖ-Mandatarin Herr und der ÖVP

Die wesentliche Kritik der Opposition und der Grünen lautet, dass es zu enge Verbindungen zwischen dem Geldgeber, also dem Ministerium, und diversen Inseratenkunden gebe. Dass die E-Mail mit der Bitte, bei dem Verlag ein Inserat zu schalten, direkt an die zuständige Fachabteilung gesendet wurde, sei Alltag, hieß es im U-Ausschuss. Das passiere aber öfters, wenn man sich eben kennt und gute Kontakte habe.

Mit Arbeitsleihvertrag im Ministerium

Schon zu Beginn der Befragung wurde Maier auf seine Karriere im Ministerium angesprochen. Er habe die Regierungsverhandlungen 2017 zwischen ÖVP und FPÖ maßgeblich mitgestaltet. Danach sei er gefragt worden, ob er mit der damaligen Nationalratspräsidentin Köstinger ins Landwirtschaftsministerium gehen wolle. Nach seiner Kabinettstätigkeit ist er zwei Jahre später Generalsekretär geworden. Der Posten ist umstritten, weil er ohne Ausschreibung mit einem Weisungsrecht ausgestattet ist.

Eindrücke aus dem ÖVP-Untersuchungsausschuss
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Der ruhige Schein trügt fast immer: Während den Befragungen geht es recht ruppig zu

Das für Außenstehende Besondere, für in der Verwaltung tätige Personen Alltägliche, ist allerdings Maiers Arbeitsleihvertrag. Er kam nämlich über das Umweltbundesamt in das Ressort von Köstinger. Maier erwiderte auf eine Frage, dass dieser Vorgang üblich sei. Die Frage nach seiner Gehaltseinstufung war nicht zulässig, und der frühere Kabinettschef wolle diese auch nicht freiwillig beantworten. Maier war laut Opposition in die Gehaltsebene eines Kabinettschefs des Kanzlers eingestuft worden – nicht in jener eines Kabinettschefs einer „einfachen“ Ministerin.

Thema war abschließend auch die „Causa Ohlsdorf“. Im Mittelpunkt steht dabei ein Betriebsansiedelungsgebiet in der oberösterreichischen Gemeinde, für das mehr als 18 Hektar Wald gerodet wurden. Der Ex-Industrielle Hans Asamer, der auch an die ÖVP gespendet hat, verkaufte das Grundstück nach der Umwidmung mit hohem Gewinn an eine belgische Immobilienfirma. Rund ein Drittel der Waldfläche hatte er zuvor von den Bundesforsten erworben. Maier ist noch bis Mitte nächsten Jahres im Bundesforste-Aufsichtsrat. Zum Verkauf habe er als ehemaliger Kabinettchef keine Wahrnehmungen, so Maier. Als nunmehriges Aufsichtsratsmitglied nutzte er sein Entschlagungsrecht, da er einer Schweigepflicht unterliege.