Regierung stellt gedruckte „Wiener Zeitung“ weitgehend ein

Die „Wiener Zeitung“ ist bald als tägliche Printzeitung Geschichte. Die Bundesregierung hat heute die Pläne für die älteste noch erscheinende Tageszeitung der Welt kommuniziert. So soll der Schwerpunkt der Berichterstattung im Onlinebereich liegen. „Nach Maßgabe der finanziellen Mittel“ ist ein Printprodukt geplant, wobei zehn Ausgaben im Jahr angestrebt werden. Gleichzeitig baut die Regierung das republikseigene Medienhaus zu einem Aus- und Weiterbildungsinstitut aus.

„Wir haben in den letzten Monaten ausführliche Gespräche mit der ‚Wiener Zeitung‘ und mit Expertinnen und Experten geführt“, sagte Medienministerin Susanne Raab (ÖVP) heute vor der Presse. Ziel sei es gewesen, die unabhängige Redaktion und die Traditionsmarke zu erhalten und das Medienhaus „fit“ für das digitale Zeitalter zu machen.

Keine gedruckten Pflichtveröffentlichungen mehr

Hintergrund für die Änderung des Geschäftsmodells ist die Abschaffung der Pflichtveröffentlichungen in gedruckter Form im Amtsblatt der Zeitung. Sie machen mit ca. 20 Millionen Euro einen großen Teil der „Wiener Zeitung“-Einnahmen aus und dürften mit Jahresende wegfallen. Das Amtsblatt wird künftig ausschließlich digital erscheinen und zu einer „elektronischen Verlautbarungs- und Informationsplattform des Bundes“ (EVI) ausgebaut.

Auf den Personalstand der „Wiener Zeitung“-Redaktion soll das keine Auswirkungen haben. „Jeder Mitarbeiter bekommt die Möglichkeit, sich im neuen Geschäftsmodell zu beteiligen“, so Raab. So soll die gegenwärtige, von dem Medienhaus betriebene Journalistenausbildung unter dem Namen Media Hub Austria deutlich ausgebaut und die „Wiener Zeitung“ als Weiterbildungsinstitut für den österreichischen Journalismus positioniert werden.

Kritik aus Redaktion, Lob aus Wirtschaft

Die Redaktion der „Wiener Zeitung“ reagierte nicht erfreut. Die Geschäftsführung brauche verlegerische Kompetenzen und Qualitätsjournalismus finanziellen Rückhalt. Die Redaktion befürchtet nun einen „massiven Personalabbau“ durch die Abkehr von der gedruckten Tageszeitung.

Jedoch: „Ein qualitätsvolles Onlinemedium ergänzt um eine Monatszeitung lässt sich nicht mit weniger Redakteurinnen und Redakteuren, als aktuell angestellt sind, produzieren.“ Bemängelt wird in der Resolution, dass die Redaktionsvertretung bei den geplanten „gravierenden Veränderungen“ nie hinzugezogen worden sei.

Auf Zustimmung stieß die Abschaffung der Pflichtveröffentlichungen im gedruckten Amtsblatt der „Wiener Zeitung“ bei der Industriellenvereinigung (IV), beim Wirtschaftsbund und dem Aktienforum. Sie stelle eine „finanzielle Erleichterung für die heimischen Unternehmen“ dar und sei „lange überfällig“ gewesen, hieß es in einer Aussendung der IV.