ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss
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Ende für ÖVP-U-Ausschuss

SPÖ und FPÖ über NEOS verwundert

Dass sich NEOS gegen eine Verlängerung des laufenden ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses ausgesprochen hat, sorgt bei den anderen Oppositionsparteien für Verwunderung. FPÖ-Fraktionschef Christian Hafenecker sagte am Samstag, er habe den Eindruck, dass „sich die NEOS der ÖVP andienen“. SPÖ-Fraktionschef Kai Jan Krainer bedauerte, dass „die NEOS den gemeinsamen Weg der Aufklärung verlassen“. Die Grünen denken einen Russland-U-Ausschuss an.

Dem Unverständnis von SPÖ und FPÖ liegt ein Interview von NEOS-Fraktionsführerin Stephanie Krisper in der „Kleinen Zeitung“ (Samstag-Ausgabe) zugrunde. Darin hatte Krisper angekündigt, dass ihre Fraktion eine Verlängerung des ÖVP-U-Ausschusses „nicht unterstützen“ werde. Krisper argumentierte, dass das Problem nun ohnehin klar sei – „anstatt noch mehr Einzelfälle im U-Ausschuss abzuhandeln“, schlug sie vor, die Zeit für Reformen zu nutzen.

Die Dauer des U-Ausschusses ist laut Verfahrensordnung grundsätzlich auf 14 Monate begrenzt, eine zweimalige Verlängerung um jeweils drei Monate ist möglich – wird aber im aktuellen Fall nicht in Anspruch genommen. Denn ohne NEOS, das Teil jener Fraktionen war, die den Ausschuss eingesetzt haben, ist eine Verlängerung nicht möglich. Die letzten Befragungen von Auskunftspersonen werden also am 7. Dezember stattfinden.

FPÖ kritisiert Info „über die Medien“

Mit den anderen Fraktionen war die Entscheidung von NEOS offenbar nicht abgesprochen und kam scheinbar überraschend: „Ich finde es eigenartig, dass man das nicht unter Kollegen bespricht, sondern dass man das über die Medien erfahren muss“, sagte Hafenecker „Ich bin schon der Meinung, dass es noch viele Dinge aufzuklären gäbe“, etwa im Bereich des Innenministeriums, aber auch der Justiz.

Christian Hafenecker (FPÖ)
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Hafenecker kann das Vorgehen seiner Ausschusskollegin Krisper nicht nachvollziehen

Hafenecker sagte, er „habe den Eindruck, dass sich die NEOS langsam, aber sicher der ÖVP andienen – das muss man zur Kenntnis nehmen“. Die FPÖ werde jedenfalls bis Dezember noch ihre ganze Energie in den Ausschuss stecken und die Aufklärungsarbeit ordentlich fortsetzen. Krainer nahm auf dem Kurznachrichtendienst Twitter Stellung: „Ich finde es sehr schade, dass die NEOS den gemeinsamen Weg der Aufklärung verlassen.“ Und weiter: „Wir machen jedenfalls weiter. Auch wenn es schwieriger wird.“

Grüne: „Kuschelkurs mit Putin von Kurz & Co.“

Ebenfalls nicht begeistert zeigte sich Grünen-Fraktionsführerin Nina Tomaselli gegenüber der APA. „Aus unserer Sicht bestand das Rezept der großen Täuschung durch Sebastian Kurz (Ex-ÖVP-Chef und Ex-Kanzler, Anm.) und seinen Machtzirkel aus drei Grundzutaten: gefakte Umfragen, die mittels mutmaßlicher Inseratenkorruption unters Volk gebracht wurden, Spezialbehandlung für superreiche Freunde und Postenschacher im großen Stil“, zeigte sich Tomaselli einmal mehr angriffig gegenüber dem Koalitionspartner.

„Der ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss hat zahlreiche Belege für die große Täuschung des Sebastian Kurz in den Akten finden und belegen können“, betonte sie. Bis Dezember könne man sicher einzelne Kapitel abschließen.

Im Laufe des U-Ausschusses seien aber noch Fragen dazugekommen, meinte Tomaselli, am drängendsten davon sei „der Kuschelkurs mit Putin von Kurz & Co., der die unerträgliche Abhängigkeit von russischem Gas massiv verschärft hat“. Wenn der aktuelle Untersuchungsausschuss beendet werde, würden die Grünen jedenfalls einen neuen Russland-U-Ausschuss „sehr begrüßen“, erklärte Tomaselli, „um die politische Verantwortung für die derzeitige Energiemisere klären zu können“.

NEOS gegen U-Ausschuss-Verlängerung

NEOS sieht keinen Sinn in einer dreimonatigen Verlängerung des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses, der Anfang Dezember endet, wie man der „Kleinen Zeitung“ mitteilte. Die anderen Oppositionsparteien hätten die NEOS-Stimmen gebraucht, um den Ausschuss bis Februar auszuweiten, und sind nun enttäuscht.

Krisper: „Problem ist klar“

„Für alle, die den U-Ausschuss verfolgt haben, ist das Problem klar. Und dank Rechnungshof und Antikorruptionsvolksbegehren ist auch klar, wo man ansetzen sollte, um Missstände zu beheben. Daher sollten wir die drei Monate, die wir für die Verlängerung des U-Ausschusses hätten, intensiv für die Umsetzung von Reformen nutzen“, hatte Krisper angegeben. Sie nannte die Themenbereiche Auftragsvergaben, Postenbesetzungen, Korruptionsbekämpfung und Medientransparenz.

Stephanie Krisper (NEOS)
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Krisper schlägt Fokus auf Reformen vor

Der parlamentarische U-Ausschuss zur „Klärung von Korruptionsvorwürfen gegen ÖVP-Regierungsmitglieder“ wurde im Dezember 2021 von SPÖ, FPÖ und NEOS eingesetzt. Nach dem Abschluss der Zeugenbefragungen werden Berichte erstellt – mit der Vorlage an den Nationalrat ist der Ausschuss dann beendet.