Zerstörte Brücke bei Kerch auf der Krim
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Nach Explosion

Wichtige Krim-Brücke schwer beschädigt

Die Explosion einer laut russischen Angaben in einem Lastwagen deponierten Bombe hat die strategisch wichtige direkte Verbindung Russlands mit der Halbinsel Krim unterbrochen. Die Straßen- und Bahnbrücke, ein Prestigeprojekt des russischen Präsidenten Wladimir Putin nach der Annexion der Krim 2014, ist schwer beschädigt. Kiew jubelte, ohne offen die Verantwortung zu übernehmen.

Eine Explosion und ein großer Brand haben die Krim-Brücke zwischen Russland und der von Moskau annektierten Schwarzmeer-Halbinsel schwer beschädigt. Mehrere Waggons eines Güterzugs standen Samstagfrüh nach einer Explosion in Flammen. Die Fahrbahn ist an mindestens zwei Stellen eingestürzt. Das russische Zivilschutzministerium teilte am späten Vormittag (MESZ) mit, der Brand sei gelöscht. Nach offiziellen Angaben soll es drei Tote geben.

Präsident Putin ordnete die Einrichtung einer Kommission an, die die Hintergründe des Vorfalls aufdecken soll. In der Ukraine wurden die Bilder mit Jubel aufgenommen. „Krim. Die Brücke. Der Anfang“, schrieb der Berater des ukrainischen Präsidentenbüros, Mychajlo Podoljak, am Samstag auf dem Kurznachrichtendienst Twitter. „Alles Illegale muss zerstört werden, alles Gestohlene muss an die Ukraine zurück.“ Podoljak sagte aber nicht explizit, dass die Ukraine verantwortlich sei für die Explosionen und den Brand auf der Brücke.

Autobombe beschädigt Krim-Brücke schwer

Auf der Krim-Brücke ist nach Angaben der russischen Behörden eine Autobombe explodiert, die einen Großbrand auslöste. An der Fahrbahn auf dem Straßenteil entstanden schwere Schäden, der Verkehr musste eingestellt werden.

Wiederholt Explosionen auf der Krim

Nach Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine Ende Februar kam es mehrfach zu Explosionen auf der Krim mit schweren Schäden, darunter auf Militärstützpunkten. Die Ukraine hat immer wieder angekündigt, sich die Krim zurückzuholen.

Die Militärführung in Kiew hatte auch einen Beschuss der Brückenanlagen angekündigt, sobald es die vom Westen gelieferten Waffen dafür gebe. Zuletzt kam es in der Region Kertsch, die auf der Krim direkt an die Brücke grenzt, immer wieder zu Zwischenfällen mit Drohnen, die explodierten.

ORF-Ukraine-Korrespondent Christian Wehrschütz zur Explosion auf der Krim-Brücke, die von großer Bedeutung ist, nicht nur symbolisch.

Die Brücke ist die direkteste Verbindung Russlands zu der von ihr annektierten ukrainischen Halbinsel Krim. Alternativ gibt es den seit dem Überfall auf die Ukraine eroberten Landweg über Mariupol. Die Sperre erschwert aber wohl den Nachschub für die dortige Bevölkerung und vor allem auch für die russischen Militärstützpunkte auf der Krim. Diese sind für die Versorgung und militärische Unterstützung der Fronteinheiten im Bereich Cherson – dort sind die russischen Einheiten seit Wochen in der Defensive – von großer Bedeutung.

Rote Linie für Kreml

Der Kreml hatte mehrfach betont, dass ein Angriff auf die Brücke eine rote Linie überschreiten würde. Der Machtapparat in Moskau drohte für den Fall mit Angriffen auf die Kommandozentralen in Kiew.

Russlands nationales Ermittlungskomitee teilte am Samstagvormittag mit, dass nach vorläufigen Angaben ein Lastwagen auf der Brücke explodiert sei. Das Fahrzeug kam demzufolge vom russischen Festland und fuhr in Richtung des Küstenorts Kertsch auf der Krim.

Durch die Explosion seien sieben mit Treibstoff gefüllte Kesselwagen des Güterzugs in Brand geraten. Dadurch seien Teile der Fahrbahn eingestürzt. Die Behörde erklärte nicht, wie ein einzelner Lastwagen Schäden solchen Ausmaßes habe anrichten können. Zudem blieb unklar, warum der Lkw die russischen Kontrollen passieren konnte.

Russischen Angaben zufolge wurde auch der Besitzer des laut russischer Darstellung explodierten Lastwagens identifiziert. Es handle sich um einen Einwohner der südlichen russischen Region Krasnodar, erklärten russische Ermittler – ohne den Namen des Mannes zu nennen. An dessen Wohnsitz seien Ermittlungen eingeleitet worden, die dokumentierte Fahrtroute des Lastwagens werde überprüft.

Ukrainische Medien sehen SBU hinter Explosion

Die Internetzeitung Ukrajinska Prawda berichtete unter Berufung auf Sicherheitskreise in Kiew, dass der Geheimdienst SBU hinter der Spezialoperation stecke. Der SBU bestätigte das nicht, veröffentlichte aber wie viele offizielle Stellen in der Ukraine in den sozialen Netzwerken Aufnahmen von der brennenden Brücke – und stellte ein Gedicht dazu.

Nach Ansicht der ukrainischen Präsidentschaft führt indes eine Spur nach Russland. „Es ist erwähnenswert, dass der explodierte Lastwagen allen Anzeichen nach von der russischen Seite auf die Brücke fuhr“, sagte der ukrainische Präsidentenberater Mychailo Podoljak, der hier anfügte: „Die Antworten sollten also in Russland gesucht werden.“

Wieder „offen für Autos und Busse“

Die Behörden auf der Krim kündigten zunächst an, den Verkehr über Fähren und über den zuletzt in der Ukraine besetzten Landkorridor sicherzustellen. Es drohten keine Versorgungsengpässe, hieß es in der Krim-Hauptstadt Simferopol. Das russische Energieministerium teilte zudem mit, dass auch die Treibstoffversorgung ungeachtet des verbrannten Diesels gesichert sei.

Der Bahn- und Autoverkehr zum russischen Festland wurde zunächst komplett gestoppt. Zumindest teilweise wurde der Verkehr im Tagesverlauf wieder aufgenommen. Von einem russischen Bahnbetreiber hieß es am Nachmittag, dass die ersten Züge bereits wieder über die Brücke gefahren seien. Am Samstagnachmittag lief dann auch der Autoverkehr wieder an. Die Brücke sei ab sofort „offen für Autos und Busse“, teilte der Verwaltungschef der von Russland annektierten Halbinsel Krim, Sergej Axjonow, im Onlinedienst Telegram mit. Für Lastwagen bleibe das 19 Kilometer lange Bauwerk vorerst weiter gesperrt.

Teile der Brücke auf die Krim sind ins Meer gestürzt
Reuters
Mehrere Fahrbahnsegmente stürzten ins Meer

Putins Prestigeprojekt

Mit 19 Kilometern Länge gilt die Krim-Brückenanlage, die eine Autobahn und daneben eine Bahnstrecke hat, als längstes Bauwerk Europas. Kreml-Chef Putin hatte sie selbst 2018 eröffnet und war auch in einem Zug gefahren. Passagierzüge rollen seit Ende 2019, Güterzüge seit Sommer 2020.

Russian Präsident Putin lenkt einen Lastwagen
Reuters/Alexander Nemenov
Putin steuerte 2018 bei der Eröffnung selbst einen Lkw über die Krim-Brücke

Die Sprecherin des inhaftierten Kreml-Gegners Alexej Nawalny teilte ein Video in den sozialen Netzwerken von dem Feuer und den Schäden – und kommentierte dazu, dass es sich wohl um ein Geschenk zum 70. Geburtstag Putins handle. Der Kreml-Chef hatte das Jubiläum am Freitag in seiner Heimatstadt St. Petersburg begangen.

Der ukrainische Postchef Ihor Smyljanskyj kündigte auf Telegram den Druck einer Sondermarke von der Brücke an. „Der Morgen war noch nie so ein schöner. Zu diesem Feiertag bringen wir eine neue Marke heraus mit der Krim-Brücke – oder vielmehr mit dem, was von ihr übrig ist.“ Zuvor hatte die ukrainische Post schon eine Briefmarke des zerstörten Kreuzers „Moskwa“ der russischen Schwarzmeer-Flotte herausgebracht.