Schoigu kommt damit nach Meinung von Kommentatoren seinen Kritikern entgegen, die angesichts von Niederlagen eine Neuaufstellung der Truppen gefordert hatten. Die Lage war zuletzt von kremlnahen Militärbloggern als chaotisch und katastrophal beschrieben worden. Die Kriegsreporter, Feldkommandeure und die private Kampftruppe Wagner reagierten Medien zufolge begeistert auf die Ernennung des „verantwortungsbewussten“ Soldaten.
Surowikin gilt als Offizier mit breiter Erfahrung in Kriegen. Er war bereits im Bürgerkrieg in Tadschikistan in den 1990er Jahren sowie dem zweiten Tschetschenien-Krieg in den 2000er Jahren und in Syrien ab 2015 im Einsatz. Er befehligte bisher die Streitkräfte „Süd“ der russischen Armee in der Ukraine, wie aus einem Bericht des Verteidigungsministeriums vom Juli hervorgeht.

Der Name des bisherigen Kommandeurs des Einsatzes in der Ukraine war nie offiziell genannt worden. Aber russischen Medienberichten zufolge war das Alexander Dwornikow, der ebenfalls zuvor in Tschetschenien und in Syrien im Einsatz gewesen war. Der Austausch des Kommandeurs in der Ukraine, der ungewöhnlicherweise öffentlich gemacht wurde, folgt auf eine Reihe von Niederlagen der russischen Armee.
Ukraine meldete große Geländegewinne
Vor Surowikin stehen angesichts der vielen Erfolge der ukrainischen Armee bei ihrer Verteidigungsoffensive und der Rückeroberung vieler Ortschaften große Herausforderungen. Die russischen Truppen waren Anfang September von der ukrainischen Armee aus dem Großteil der Region Charkiw vertrieben worden. Auch in der Region Cherson im Süden verlor die russische Seite große Gebiete. Im Osten bei Lyman wären die russischen Soldaten beinahe eingekreist worden.
Das alles hatte die Kritik an der russischen Militärführung noch einmal deutlich verschärft. Präsident Selenskyj sah indes zuletzt Fortschritte bei der Verteidigungsoffensive der ukrainischen Streitkräfte. In der vergangenen Woche seien 776 Quadratkilometer Land von den russischen Besatzern befreit worden; 29 Ortschaften insgesamt, davon sechs im Gebiet Luhansk, so Selenskyj. Seit Beginn der Offensive seien insgesamt 2.434 Quadratkilometer und 96 Siedlungen wieder unter ukrainische Kontrolle gekommen.
Teilmobilmachung angeordnet
Kreml-Chef Wladimir Putin hatte angesichts der Rückschläge im September eine Teilmobilmachung angeordnet, die neben neuen Befehlshabern eine Wende bringen soll für Russland in der Ukraine. Es sollen etwa 300.000 Reservisten eingezogen werden, um die besetzten Teile der Gebiete Cherson, Saporischschja, Luhansk und Donezk zu halten und verlorene Regionen zurückzuerobern.
Russland hatte sich die in großen Teilen besetzten Gebiete nach Scheinreferenden über einen Beitritt zu seinem Staatsgebiet unter internationalem Protest einverleibt. Selenskyj hat angekündigt, alle besetzten Gebiete zu befreien – einschließlich der bereits 2014 von Moskau annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim.