Rauchschwaden über der Kerch Brücke über die Krim
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Krim-Brücke

Putin gibt Kiew die Schuld

Der russische Präsident Wladimir Putin hat den ukrainischen Geheimdienst SBU für die schwere Explosion auf der Krim-Brücke verantwortlich gemacht. „Es gibt keine Zweifel. Das ist ein Terrorakt, der auf die Zerstörung kritischer ziviler Infrastruktur der Russischen Föderation ausgerichtet war“, sagte der Kreml-Chef am Sonntagabend. Kiew hat eine Beteiligung an dem Anschlag bisher nicht eingeräumt.

Bei der Vorbereitung des „Terroranschlags“ hätten russische Bürger und ausländische Staaten mitgeholfen, sagte der Chef der nationalen Ermittlungsbehörde, Alexander Bastrykin, bei dem Treffen mit Putin, von dem Staatsmedien Videoausschnitte veröffentlichten. Der Kreml kündigte für Montag eine Sitzung Putins mit dem russischen nationalen Sicherheitsrat an. Dort könnte eine Reaktion auf den Anschlag besprochen werden.

Samstagfrüh hatte eine Explosion die 19 Kilometer lange Brücke erschüttert, die Russland und die 2014 von Moskau annektierte Schwarzmeer-Halbinsel Krim verbindet. Dabei wurde rund siebeneinhalb Monate nach Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine das strategisch und symbolisch wichtige Herzensprojekt Putins schwer beschädigt. Offiziellen Angaben aus Moskau zufolge starben drei Menschen. Zwischenzeitlich wurden Bahn- und Autoverkehr komplett eingestellt, wurden mittlerweile aber weitgehend wieder aufgenommen.

Zerstörte Brücke bei Kerch auf der Krim
IMAGO/TASS/Moya Feodosiya
Die Bilder von der brennenden und teilweise eingestürzten Krim-Brücke dominierten am Samstag weltweit die Nachrichten

Russlands nationales Ermittlungskomitee hatte in einer ersten Reaktion am Samstag mitgeteilt, dass nach vorläufigen Angaben ein Lastwagen auf der Brücke explodiert sei. Bastrykin sagte nun, es seien viele Zeugen und Augenzeugen vernommen worden. Die Untersuchungen zu dem Anschlag gingen weiter, darunter Sprengstoffanalysen, genetische und kriminalistische Expertisen.

Ruf nach Vergeltungsmaßnahmen

Auf russischer Seite wurde bereits der Ruf nach Vergeltungsmaßnahmen gegen die Ukraine laut. „Natürlich wurden Emotionen ausgelöst, und es besteht ein gesunder Wunsch, Rache zu nehmen“, so der russische Gouverneur der Krim, Sergej Axjonow. In der Ukraine wurde der Vorfall gefeiert, Verantwortung wurde aber nicht übernommen.

Vergeltungsschlag wegen Krim-Brücke?

Nach einem Raketenangriff in Saporischschja in der Ukraine gab es Tote und Verletzte. Ob dieser Anschlag ein Vergeltungsschlag für die Explosion auf der Krim-Brücke sein sollte, ist unklar.

Zusatzvollmachten für Russlands Geheimdienst FSB

Putin ordnete die Einrichtung einer Kommission an, die die Hintergründe des Vorfalls aufdecken soll. Zudem wies Putin per Dekret den Geheimdienst FSB an, die Kontrolle über die Krim-Brücke zu verschärfen. „Dem FSB werden die Vollmachten übertragen zur Organisation und Koordination von Schutzmaßnahmen für den Transportweg über die Meerenge von Kertsch, für die Strombrücke der Russischen Föderation auf die Halbinsel Krim und die Gaspipeline vom Gebiet Krasnodar auf die Krim“, hieß es in dem am Samstag veröffentlichten Dekret.

Ukrainische Medien vermuteten bereits, dass der ukrainische Geheimdienst hinter dem Angriff stecken könnte. Nach Ansicht der ukrainischen Präsidentschaft führt indes eine Spur nach Russland. „Es ist erwähnenswert, dass der explodierte Lastwagen allen Anzeichen nach von der russischen Seite auf die Brücke fuhr“, sagte der ukrainische Präsidentenberater Mychailo Podoljak: „Die Antworten sollten also in Russland gesucht werden.“

Putins Prestigeprojekt

Die 19 Kilometer lange Brücke führt über die Straße von Kertsch, eine Meerenge zwischen dem Schwarzen und dem Asowschen Meer. Putin hatte sie selbst 2018 eröffnet und war auch in einem Zug darübergefahren. Passagierzüge rollen seit Ende 2019, Güterzüge seit Sommer 2020.

Russian Präsident Putin lenkt einen Lastwagen
Reuters/Alexander Nemenov
Putin steuerte 2018 bei der Eröffnung selbst einen Lkw über die Krim-Brücke

Für Moskaus Kriegseinsatz in der Ukraine spielt die Brücke eine entscheidende Rolle, denn über sie wird vom russischen Festland ein erheblicher Teil des Nachschubs für die Soldaten auf der Krim und in der größtenteils besetzten südukrainischen Region Cherson geliefert. Die Krim war in den vergangenen Monaten wiederholt Ziel ukrainischer Angriffe. Unter anderem war dabei ein wichtiger Flugplatz getroffen worden.

Krim-Brücke teilweise wieder offen

Die bei einer Explosion schwer beschädigte Krim-Brücke ist nach Angaben des russischen Verkehrsministeriums wieder teilweise geöffnet worden.

Nach Ansicht britischer Experten dürfte der Vorfall Putin persönlich getroffen haben. „Es kam Stunden nach seinem 70. Geburtstag, er hatte die Brücke persönlich gesponsert und eröffnet, und der beauftragte Bauunternehmer war sein Kindheitsfreund Arkadi Rotenberg“, hieß es in einem am Sonntag veröffentlichten Geheimdienstbericht.

Moskau: Zugsverkehr wieder nach Plan

Nach Angaben des Verkehrsministeriums in Moskau rollen die Güter- und Fernverkehrszüge seit Sonntag wieder nach Plan. Das Ministerium veröffentlichte auch ein Foto der verbrannten Güterzugswaggons, die am Samstag in Flammen aufgegangen waren. Die Aufräumarbeiten dauerten an. Im Autoverkehr hingegen kam es zu stundenlangen Wartezeiten an der Brücke, wie Medien berichteten.