Gasbohrinsel im Karish Gasfeld
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Streit um Gasfeld

Historischer Deal Libanon – Israel

Die beiden verfeindeten Nachbarn Libanon und Israel haben sich im jahrelangen Streit um lukrative Erdgasfelder vor deren Küste geeinigt. Der Konflikt drohte zu eskalieren, da insbesondere die vom Iran unterstützte Hisbollah im Libanon eine Einigung lange ablehnte. Eine Beilegung könnte sich nun dagegen gleich auf mehreren Ebenen positiv auf die Region auswirken – und auch für Europa ist das eine doppelt gute Nachricht.

Israel und der Libanon einigten sich laut israelischen Angaben nach jahrzehntelangem Ringen auf eine gemeinsame Seegrenze im Mittelmeer. „Das ist eine historische Errungenschaft“, teilte Israels Regierungschef Jair Lapid am Dienstag mit. Beide Seiten beanspruchen dort Gasvorkommen für sich. Israel könnte damit für die EU als Gaslieferant an Bedeutung gewinnen und Europas Energiekrise künftig mildern. Eine Absichtserklärung über Gaslieferungen via Ägypten war bereits vor Monaten unterzeichnet worden. Darüber hinaus ist eine Stabilisierung der Sicherheitslage in der Region für Europa von großer Bedeutung.

Mit dem Abkommen wird erstmals eine Grenze zwischen libanesischen und israelischen Gewässern festgelegt. Zudem sollen beide Länder Zugang zu einem Offshore-Gasfeld erhalten, das sich über die gemeinsame Grenze erstreckt. Der Deal zwischen den ehemaligen Kriegsparteien wurde von libanesischer Seite als „historisches Abkommen“ bezeichnet.

Beirut: „Keine Partnerschaft“

Dennoch sei eine solche Vereinbarung keine Partnerschaft mit Israel, sagte der libanesische Präsident Michel Aoun. US-Verhandler Amos Hochstein traf die beiden Parteien stets separat, direkte Gespräche hätten nicht stattgefunden. Die Regierung in Beirut bezeichnet Israel als Feind und erkennt das Land nicht an.

Eine offizielle Bestätigung von libanesischer Seite stand zunächst auch noch aus. Aus dem Präsidentenamt hieß es informell aber, dass auch Beirut und insbesondere die Hisbollah dem unter US-Vermittlung zustande gekommenen Abkommen zustimmt. Israels Regierung will das Abkommen binnen weniger Tag beschließen.

Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah
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Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah versuchte lange die Einigung zu verhindern, stimmte aber nun offenbar auch zu

Gasfund verschärfte Grenzstreit

Über den genauen Verlauf der Seegrenze wurde seit Jahren gestritten. Der Konflikt hatte sich nach der Entdeckung von Erdgasvorkommen weiter verschärft. Israel will in dem umstrittenen Gebiet so bald wie möglich mit der Gasförderung aus dem Karisch-Gasfeld (hebräisch für Hai) beginnen. Dieses ist Teil eines Meeresgebiets, das sowohl Israel als auch der Libanon als ausschließliche Wirtschaftszone beanspruchen. Die Schiitenmiliz Hisbollah hatte den Beginn der Förderung vor einer Einigung als „rote Linie“ bezeichnet. Offiziell befinden sich Israel und der Libanon noch immer im Krieg.

Historischer Gasfeld-Deal zwischen Libanon & Israel

Die beiden verfeindeten Nachbarn Libanon und Israel haben sich im jahrelangen Streit um lukrative Erdgasfelder vor deren Küste geeinigt. Der Konflikt drohte zu eskalieren, da insbesondere die vom Iran unterstützte Hisbollah im Libanon eine Einigung lange ablehnte.

Zwei Jahre lang hatte der US-Vermittler Amos Hochstein zwischen den beiden Ländern vermittelt und vor wenigen Tagen den endgültigen Vorschlag an beide Parteien übermittelt. Die Details der Einigung sind bisher nicht bekannt.

Vermutet wurde zuletzt aber, dass der Kompromiss vorsehen könnte, dass der Libanon das Gasfeld Kana und Israel das Gasfeld Karisch nutzt. Israel hat an der Karisch-Plattform Anfang Juli mehrere Drohnen der Hisbollah abgeschossen und wollte dort in den kommenden Wochen mit der Gasförderung beginnen.

Lichtblick in von Konflikten gebeutelter Region

Nach der Unterzeichnung der Abraham-Verträge 2020 – der Friedenssschluss der Vereinigten Arabischen Emirate und Bahrains mit Israel noch unter US-Präsident Donald Trump – war in israelischen Medien gemutmaßt worden, dass das auch einen Friedensvertrag mit dem Libanon ermöglichen könnte. Das ist jedenfalls kurzfristig unwahrscheinlich. Trotzdem ist es ein wichtiger Lichtblick in der von Konflikten gebeutelten Region. Insbesondere der syrische Bürgerkrieg und die Millionen in den Libanon Geflüchteten haben das Land vor wirtschaftliche und soziale Herausforderungen gestellt, mit denen es seit Jahren ringt.

Cupal (ORF) zum historischen Gasfeld-Deal

Tim Cupal, ORF-Korrespondent für Israel, erklärt, wie es zum historischen Gasfeld-Deal zwischen Libanon und Israel gekommen ist. Es sei das „Aufeinandertreffen unterschiedlicher Interessen zum richtigen Zeitpunkt.“ Israel wolle, dass Libanon weniger vom Iran abhängig ist, Libanon auf der anderen Seite sei krisengebeutelt und brauche dringend Gaseinnahmen.

Dringend benötigte Einnahmequelle für Libanon

Den Ausschlag für das Ja des Libanon zur Beilegung des Grenz- und Wirtschaftskonflikts gab daher wohl die wirtschaftliche Notlage, in der sich das Land seit Jahren befindet. Der Libanon braucht die Einnahmen aus dem Gasverkauf mehr als dringend – anders als Israel hat der Libanon aber noch nicht einmal den Förderauftrag an eine Firma vergeben. Bis libanesisches Gas fließt, wird es noch Jahre dauern.

Dazu kommen vermutlich auch Zusagen der USA, den Libanon finanziell zu unterstützen. Dass die Hisbollah dem Deal zustimmt, dürfte darüber hinaus auch an der zunehmenden Kritik vieler Teile der libanesischen Bevölkerung an der Einmischung des Iran in die libanesische Politik liegen.

Wichtiger Erfolg für USA

Für den Westen und die USA insgesamt ist das Abkommen ebenfalls ein diplomatisch-politisch wichtiger Erfolg im Wettrennen um Einfluss – in diesem Fall mit dem Iran und vor allem Russland, das mit seinem militärischen Eingreifen seit Jahren die De-facto-Garantiemacht für das Regime von Präsident Baschar al-Assad in Syrien ist.