Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP)
ORF
Brunner bei Budgetrede

Land soll „gestärkt aus Krise“ hervorgehen

Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) hat am Mittwochvormittag seine erste Budgetrede gehalten – und das in sehr ungewöhnlichen Zeiten. Es seien „wahrscheinlich die schwierigsten Zeiten seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs“, steckte Brunner den Rahmen ab. Ziel des Budgets sei es, Österreich nicht nur gut durch die Krise zu bringen, sondern dafür zu sorgen, dass das Land gestärkt daraus hervorgehe.

Mit dem Budget übernehme die Regierung „Verantwortung für morgen“. Als Politiker könne man sich nicht die Herausforderungen und Umstände wie die derzeitigen Krisen aussuchen. Aber man könne sehr wohl beeinflussen, wie man daraus herauskomme.

Brunner bekannte sich zu den riesigen Mehrausgaben angesichts der Krise. Er sei für „whatever it takes“ (was immer es braucht, Anm.), aber „in meiner Definition heißt das: das Notwendige zur Verfügung stellen“. Er spielte damit auf die Aussage von Ex-ÖVP-Kanzler Sebastian Kurz während der CoV-Pandemie an, als dieser den Schutz der Wirtschaft mit den Worten „Koste es, was es wolle“ verkündet hatte.

Die Krise sei nicht vorbei, und „ich verspreche Ihnen nicht, dass wir 2023 keine Krise mehr haben werden“. Aber man werde mit dem Budget bestmöglich vorsorgen, wenn man weiter helfen müsse. Gleichzeitig investiere die Regierung auch in die Themen der Zukunft. Der Wachstumskurs der vergangenen Jahre sei „massiv gefährdet“. Das Budget stelle die Weichen, um den Wohlstand nicht zu gefährden.

„Es Bürgern und der Wirtschaft leichter machen“

Für das nächste Jahr seien nur noch 0,2 Prozent Wachstum prognostiziert. Und anders als in der Pandemie betreffe es diesmal alle Bereiche der Wirtschaft. Wenn die Rahmenbedingungen schwieriger würden, müsse der Staat es den Bürgerinnen und Bürgern sowie der Wirtschaft leichter machen.

Brunner erinnerte an bereits ergriffene Maßnahmen, insgesamt bisher drei Antiteuerungspakete – von Einmalzahlungen bis zu den strukturellen Entlastungen, die ab Jänner wirksam würden, offenbar in Anspielung auf die weitgehende Abschaffung der kalten Progression.

Der ökologische Umbau sei die Herausforderung dieser Generation: Dafür sei Innovation nötig, aber auch, die Bevölkerung mitzunehmen. Hier nannte Brunner die Senkung der Lohntarifstufen, die bis 2026 elf Milliarden Euro Entlastung bringe. Für die Unternehmen nannte Brunner die Senkung der Körperschaftssteuer schrittweise von derzeit 25 auf 23 Prozent. 80.000 Unternehmen würden davon profitieren.

Hebt zwei strukturelle Maßnahmen hervor

Brunner hob zwei strukturelle Maßnahmen besonders hervor und verwies darauf, dass beides von vielen Regierungen in der Vergangenheit versprochen, aber nie umgesetzt wurde: die weitgehende Aufhebung der kalten Progression und die automatische Valorisierung der Sozialleistungen.

Es sei wohl das Paradoxon dieser Regierung, dass sie diese langjährigen Forderungen praktisch aller Parteien umsetze, die Opposition sie aber für die Umsetzung kritisiere, sagte er vor allem in Richtung SPÖ und FPÖ. Er schloss daran einen an die Opposition gerichteten Appell zu einem Schulterschluss in diesen schwierigen Zeiten an.

Grafik zur Steuerentwicklung 2023
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: BMF

Hilfspakete würden mittlerweile oft kleingeredet, ein paar Millionen oder Milliarden Steuergeld seien aber keine Kleinigkeit. Es gehe darum, das Steuergeld wieder „mehr zu schätzen“. Die unvorstellbar hohen, wenn auch in der Krise nötigen Beträge sollten „nicht als selbstverständliche Ansprüche gegenüber dem Staat hingestellt werden, sondern als etwas, das zuerst verdient werden muss“.

Schulden steigen auf 367 Mrd. Euro

Kurz vor Brunners Rede wurde das Zahlenwerk des Budgets 2023 vom Finanzministerium veröffentlicht. Das Maastricht-Defizit wird kommendes Jahr bei 2,9 Prozent der Wirtschaftsleistung liegen und soll bis 2026 auf 1,6 Prozent sinken. Die Schulden steigen auf 367 Mrd. Euro, der Anteil am Bruttoinlandsprodukt (BIP) sinkt aber leicht von 78,3 auf 76,7 Prozent.

Bemerkenswert sind die explodierenden Zinszahlungen, diese verdoppeln sich von 4,3 Mrd. auf fast neun Mrd. Euro im Jahr 2023. Der administrative Nettofinanzierungssaldo des Bundes beläuft sich auf minus 17 Mrd. Euro, gegenüber 2022 ist das eine Verbesserung von 6,1 Mrd. Euro. Die Auszahlungen steigen gegenüber 2022 um 7,6 auf 115,1 Mrd. Euro, die Einzahlungen um 13,7 auf 98,1 Mrd. Euro.

Brunners Schwerpunkte

Brunner hat für sein erstes Budget drei Schwerpunkte definiert: Neben der Krisenbewältigung sind es inhaltliche Schwerpunkte mit Blick auf die Zukunft. Die Regierung investiere dabei einerseits in Sicherheit, militärisch wie sozial und wirtschaftlich, und anderseits werde die ökologische Transformation der Wirtschaft mit viel Geld gefördert, um Abhängigkeiten zu reduzieren.

Eine erste Aussprache über den Haushaltsentwurf folgt am Donnerstag. Von 4. bis 11. November wird in den Nationalratsausschüssen debattiert, begonnen wird wie üblich mit einem Hearing mit Expertinnen und Experten. Das Budget für 2023 soll am 17. November im Nationalrat zur Beschlussfassung vorliegen.

der ehemalige Finanzminister Gernot Blümel
APA/Hans Punz
Im letzten Jahr hielt noch der mittlerweile aus der Politik ausgestiegene Gernot Blümel (ÖVP) als Finanzminister die Budgetrede

Kosten für Schulden stark gestiegen

Im Vorjahr hatte noch Gernot Blümel (ÖVP) die Budgetrede gehalten. Das von Brunner geplante Budget wird von hohen Schulden, die in den vergangenen Pandemiejahren durch die großzügigen CoV-Hilfen angehäuft wurden, und den stark gestiegenen Zinsen belastet. Hinzu kommen milliardenschwere Antiteuerungspakete, die enorme Inflation und ein stagnierendes Wirtschaftswachstum.

Harsche Kritik der Opposition

In einer ersten Debattenrunde nach Brunners rund 80-minütiger Rede warf SPÖ-Budgetsprecher Kai Jan Krainer der Regierung vor, denselben Fehler, den sie in der Pandemie gemacht habe, zu wiederholen: zu viel zu wenig. ÖVP-Klubchef August Wöginger replizierte: Dass Krainer mit keinem Wort die am Mittwoch anstehende Abschaffung der kalten Progression und die automatische Valorisierung erwähne, sei das Zeichen dafür, dass die SPÖ wirtschaftspolitisch abgedankt habe.

FPÖ-Budgetsprecher Hubert Fuchs nannte das Budget ein „Manifest der Verantwortungslosigkeit“. Er kritisierte erneut die Sanktionen gegen Russland als schweren Fehler. Ähnlich wie die SPÖ kritisierte er, dass die Hilfen gegen die Inflation zu gering seien. Zugleich kündigte er an, dass die FPÖ dem Aus der kalten Progression jedenfalls zustimmen wird. Er brachte aber einen Abänderungsantrag ein.

Der grüne Budgetsprecher Jacob Schwarz verteidigte das Budget und verwies auf höhere Investitionen für Klimaschutz und die Valorisierung der Sozialhilfen. NEOS-Klubchefin Beate Meinl-Reisinger betonte, es gebe keine einzige wirkliche Entlastung, sondern nur einen Teilverzicht auf Steuereinnahmen. Entscheidend sei eine Senkung der Lohnnebenabgaben. Auch NEOS brachte einen Abänderungsantrag zur Abschaffung der kalten Progression ein.