Streikende Raffinerie-Mitarbeiter in La Mede (Frankreich)
Reuters/Eric Gaillard
Streiks in Raffinerien

Frankreich verpflichtet Personal zu Arbeit

Nach zwei Streikwochen in den französischen Raffinerien machen sich die Auswirkungen bei den Tankstellen zunehmend durch Engpässe bemerkbar. Die französische Regierung von Präsident Emmanuel Macron greift nun hart durch, um eine Blockade des Landes abzuwenden. Das Personal wurde zur Arbeit verpflichtet. Die Sorge ist groß, dass die Proteste sonst noch größer werden.

Premierministerin Elisabeth Borne habe angeordnet, dass das notwendige Personal der Raffinerie von Port-Jerome in der Normandie zur Arbeit verpflichtet wird, sagte Regierungssprecher Olivier Veran in Paris. Diese Zwangsmaßnahme war bereits am Dienstag in der Nationalversammlung angekündigt worden. Möglicherweise würden für eine zweite Raffinerie in Dunkerque noch am Mittwoch ebenfalls Zwangsmaßnahmen ergriffen, so Veran. Zuvor hatten die Beschäftigten in fast allen Raffinerien für eine Verlängerung des Streiks gestimmt.

An etwa einem Drittel der französischen Tankstellen gibt es nach rund zwei Streikwochen inzwischen Engpässe, Autofahrer stehen Schlange oder suchen stundenlang nach Kraftstoff. Handwerker können mangels Kraftstoff so manchen Lieferwagen nicht mehr nutzen, und die häusliche Krankenpflege muss Termine absagen. Inzwischen gibt es Sorge, dass auch der Busverkehr und Landwirte behindert werden. Zur Empörung von Autofahrern erhöhten manche Tankstellen außerdem die Preise kräftig – auf bis zu drei Euro pro Liter.

Autoschlange an einer Tankstelle in Bayonne (Frankreich)
AP/Bob Edme
Nach zwei Wochen Streiks verschärfen sich die Engpässe an den französischen Tankstellen

Energieministerin Agnes Pannier-Runacher appellierte an die Autofahrerinnen und Autofahrer, keine Kanister aufzufüllen. Dadurch werde die Knappheit weiter verstärkt. In mehreren Departements wurde eine Abgabehöchstgrenze von 30 Litern Treibstoff verhängt.

Sechs von sieben Raffinerien betroffen

Sechs der sieben Raffinerien des Landes sind von den Streiks betroffen, die Gewerkschaft CGT will eine zehnprozentige Lohnerhöhung bei den Raffinerien des Energiekonzerns Total durchsetzen. Am Mittwoch sollte es Gespräche von Total mit allen Gewerkschaften geben. Die Geschäftsführung von Esso-ExxonMobil hatte am Montag mit zwei Gewerkschaften eine Vereinbarung getroffen, die jedoch von den Arbeitnehmern in den Raffinerien nicht mehrheitlich unterstützt wird.

Anordnung beendet Raffineriestreik

Frankreichs Regierung greift angesichts der Benzinknappheit bei den Streiks in den Raffinerien hart durch. Mit einer Anordnung verpflichtet Frankreichs Premierministerin Elisabeth Borne das notwendige Personal der Raffinerie in der Normandie zur Arbeit.

„Die Auswirkungen des Arbeitskonflikts sind für zu viele Franzosen unerträglich geworden“, sagte der Regierungssprecher. Menschen könnten nicht mehr zur Arbeit fahren, Einkäufe erledigen oder ihre Kinder zur Schule bringen. Die Dienstverpflichtung von Beschäftigten solle das Befüllen der Tankwagen in den Raffinerien ermöglichen. Veran rechnet damit, dass bald eine Normalisierung der Lage möglich wäre, wenn die Belieferung der Tankstellen wieder in Gang komme. Die Mehrheit der beteiligten Gewerkschaften lehne den Streik ab, so Veran, auch daher greife der Staat ein.

Opposition hofft auf Generalstreik

Die Opposition versuchte unterdessen bereits, die angespannte Lage für eine Schwächung von Macron zu nutzen, der innenpolitisch nach dem Verlust der absoluten Mehrheit gerade in schwieriges Fahrwasser gerät. „Ich hoffe, dass das der zündende Funke sein wird, der einen Generalstreik auslösen wird“, sagte die Grünen-Abgeordnete Sandrine Rousseau dem Sender France Info. Für kommenden Sonntag wird für einen gegen Macrons Regierung gerichteten „Marsch gegen das teure Leben und das Nichtstun in der Klimakrise“ mobilisiert, zu dem Linkspartei, Sozialisten und Grüne aufgerufen haben.

Befürchtet wird im Elysee, dass der Raffineriestreik Potenzial hat, sich zu einer ähnlichen Protestwelle wie die der Gelbwesten 2018 und 2019 entwickeln könnte, analysiert der „Figaro“. Damals war die Erhöhung von Steuern auf Kraftstoff der Auslöser für umfangreiche Sozialproteste.