Feuerwehrmänner in in Weed, Kalifornien
AP/Noah Berger
Extremwetter immer häufiger

Das Problem mit der Katastrophenvorsorge

Obwohl sich Extremwetterereignisse und Klimakatastrophen häufen – UNO und Rotes Kreuz haben erst diese Woche vor häufiger auftretenden Hitzewellen gewarnt –, verfügt laut einem UNO-Bericht nur die Hälfte aller Länder weltweit über ausreichende Frühwarnsysteme. Problematisch ist insbesondere, dass diese Länder nicht über Frühwarnsysteme für Mehrfachrisiken verfügen, wie aus dem am Donnerstag in Genf veröffentlichten Bericht des UNO-Büros für Katastrophenvorsorge (UNDRR) und der Weltwetterorganisation (WMO) hervorgeht.

Solche Systeme können vor verschiedenen Arten von Katastrophen warnen und dadurch Leben retten. Viele Warnsysteme greifen nur bei einer Art von Naturkatastrophe, etwa Überschwemmungen oder Wirbelstürmen. Es sei jedoch nötiger denn je, in Systeme für Mehrfachrisiken zu investieren, mahnte die UNO. Diese Systeme ermöglichen es beispielsweise, die Bevölkerung vor einem Erdrutsch infolge eines Erdbebens zu warnen.

Ärmere Länder, die oft am stärksten von Naturkatastrophen betroffen sind, seien häufig am schlechtesten ausgestattet, heißt es in dem Bericht. Weniger als die Hälfte der am wenigsten entwickelten Länder der Welt und nur ein Drittel der kleinen Inselstaaten verfügen laut dem Bericht über solche Frühwarnsysteme.

Überschwemmungen in Florida
Reuters/Marco Bello
Überschwemmungen in Florida Ende September

Zunehmend mehr Menschen betroffen

Staaten mit unzureichenden Frühwarnsystemen weisen dabei im Schnitt eine achtmal höhere Sterblichkeitsrate im Katastrophenfall auf als Länder mit wirkungsvolleren Maßnahmen. „Jene, die am wenigsten zur Klimakrise beigetragen haben, zahlen den höchsten Preis“, sagte UNO-Generalsekretär Antonio Guterres.

Grafik zeigt Daten zum Klimafußabdruck nach Einkommen weltweit
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: Nature Sustainability

Durch die Erderhitzung nimmt die Zahl der Naturkatastrophen laut dem UNO-Bericht weltweit zu. Während zwischen 2005 und 2014 im Schnitt noch 1.147 Menschen pro 100.000 Einwohner von Katastrophen betroffen waren, waren es zwischen 2012 und 2021 bereits 2.066. Dank Frühwarnsystemen sank jedoch die Zahl der jährlich durch Katastrophen getöteten oder vermissten Menschen von 1,77 pro 100.000 Einwohner auf 0,84. „Extremwetterereignisse wird es geben“, sagte Guterres, „aber daraus müssen keine tödlichen Katastrophen werden.“

Löschhubschrauber bei Perth in Australien
AP/DFES/Evan Collis
Australien wurde von August 2019 bis März 2020 von den bisher verheerendsten Buschfeuern heimgesucht

Hitzewellen werden gefährlicher

Die Aussichten sind dennoch düster: Kommunen auf der ganzen Welt müssen sich laut UNO auf häufigere Hitzewellen vorbereiten. Extreme Hitzeperioden, die früher ohne menschengemachte Klimaerwärmung einmal alle 50 Jahre aufgetreten seien, seien heute fünfmal so wahrscheinlich, hieß es in einem Bericht des UNO-Nothilfebüros (OCHA) und der Internationalen Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmond-Gesellschaften (IFRC) zu Wochenbeginn in Genf.

Ausgetrockneter PuzhalSee in Chennai, Indien
Reuters/P. Ravikumar
Der ausgetrocknete Puzhal-See im indischen Bundesstaat Chennai

Bis Ende dieses Jahrhunderts könnten ähnlich viele Menschen an den Folgen zu hoher Temperaturen sterben wie an Infektionskrankheiten oder Krebs, hieß es in dem Bericht, der globale Maßnahmen forderte. „Die Daten sagen deutlich eine düstere Zukunft voraus“, sagte IFRC-Generalsekretär Jagan Chapagain bei einer Pressekonferenz. Schon heute führe Hitze zu Migration, Krankheiten, Hunger, Armut und Tod. Doch im Unterschied zu plötzlich hereinbrechenden Naturkatastrophen könnten sich Gesellschaften auf Hitze vorbereiten.

Folgen der Erderhitzung nach Grad der Erwärmung
Gregor Aisch/Nature (Raftery et al)

Wie sich Länder wappnen können

UNO und Rotes Kreuz forderten bereits bei Veröffentlichung dieser Prognose den forcierten Aufbau von Vorhersage- und Warnsystemen, um schon vor Beginn von Hitzewellen lokale Entscheidungen zu treffen. Dazu gehört etwa die Einrichtung von kühlen Aufenthaltsgebäuden in Städten, um Schwangere, Stillende, Kleinkinder und Alte zu schützen.

Außerdem sollten laut dem Bericht Vorkehrungen in Spitälern getroffen und die Arbeitszeiten für Tätigkeiten im Freien angepasst werden. Dazu brauche es umfassende Maßnahmenpläne, hieß es in dem Bericht, der als Beispiel die indische Millionenstadt Ahmedabad hervorhob. Dort sei ein Hitzeaktionsplan in Kraft, der jährlich mehr als 1.100 Todesfälle verhindere.

OCHA-Chef Martin Griffiths forderte Industrieländer auf, die Kosten dieser Schutzmaßnahmen zu schultern. „Ärmere Länder, die nicht für diese qualvollen Hitzewellen verantwortlich sind, haben diese Mittel nicht“, sagte er einen Monat vor der Weltklimakonferenz in Ägypten.