Landschaftsfoto von Bombardierung in Kiew
Reuters
Angriffe auf ukrainische Infrastruktur

Hunderttausende ohne Strom und Wasser

Die Infrastruktur für Energie- und Wasserversorgung in der Ukraine ist seit Tagen im Visier russischer Angriffe. Am Dienstag wurde in der Hauptstadt Kiew eine Energieversorgungsanlage unter Beschuss genommen und getroffen. Auch Mykolajiw und Charkiw wurden angegriffen. Innerhalb einer Woche seien 30 Prozent der ukrainischen Elektrizitätswerke zerstört worden, sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj.

Das habe zu großen Stromausfällen im gesamten Land geführt. Kiew meldete am Dienstagabend, dass über 1.100 Orte ohne Strom seien. Die Angriffe seien Teil einer sich ausweitenden Kampagne, die die Ukraine in die Kälte und Dunkelheit treiben und Friedensgespräche unmöglich machen solle. Es gebe „keinen Raum mehr für Verhandlungen“ mit dem Regime von Russlands Präsident Wladimir Putin, fügte Selenskyj hinzu. „Die Ukraine steht unter dem Feuer der Besatzer. Diese tun weiterhin das, was sie am besten können – Zivilisten terrorisieren und töten.“

Kiews Bürgermeister Witali Klitschko sagte, es habe Berichte über Explosionen im Nordosten der Stadt gegeben, nachdem eine „kritische Infrastruktureinrichtung“ getroffen worden sei. Es gebe drei Einschläge an der Anlage am linken Ufer des Flusses Dnipro, sagte der stellvertretende Leiter des ukrainischen Präsidialbüros, Kyrylo Tymoschenko.

Menschen beim Einkaufen währen Stromausfall
Reuters/Clodagh Kilcoyne
Auch Charkiw war von Stromausfällen betroffen

„Lage ist kritisch“

Laut Klitschko wurden bei dem Angriff auf einen Energiespeicher in Kiew zumindest drei Menschen getötet. Einem Bericht der ukrainischen Staatsanwaltschaft zufolge kamen dabei „nach internationalem Recht verbotene Kriegsmittel“ zum Einsatz.

In Schytomyr im Norden fiel in der gesamten Stadt nach Angriffen die Stromversorgung aus. „Es gibt zurzeit weder Licht noch Wasser in der Stadt“, schrieb Bürgermeister Serhij Suchomlyn auf Facebook. Die Krankenhäuser hätten auf Notstromversorgung umgestellt. In Kiew gab es ebenfalls Unterbrechungen der Strom- und Wasserversorgung. Nach Angaben des Betreibers waren allein in der Hauptstadt 50.000 Menschen ohne Strom.

„Die Lage ist jetzt im ganzen Land kritisch, weil unsere Regionen voneinander abhängen“, sagte Tymoschenko. Die ganze Ukraine müsse sich nun so gut wie möglich auf Ausfälle der Strom- und Wasserversorgung sowie von Heizungen vorbereiten. Selbst weit entfernt von den Fronten ist die Grundversorgung nicht mehr gewährleistet. Die täglichen Angriffe reichen weit ins Land und beschädigen wichtige Einrichtungen – manchmal schneller, als sie repariert werden können.

Polizisten schießen auf russische Drohne in Kiew
Reuters
Polizisten in Kiew schießen auf eine Drohne

Russland bestätigt Angriffe auf Infrastruktur

Russland bestätigte Angriffe, Ziele seien erneut militärische Infrastruktur und Energieanlagen gewesen. Schon am Montag hatte Russland wichtige Infrastruktur in drei ukrainischen Regionen angegriffen. Dadurch fiel nach Angaben der ukrainischen Regierung in Hunderten Städten und Dörfern der Strom aus.

Allein in der vergangenen Woche waren nach Angaben des ukrainischen Außenministeriums mehr als 100 selbstzerstörende Drohnen aus iranischer Produktion in Kraftwerke, Kläranlagen, Wohngebäude, Brücken und andere Ziele in städtischen Gebieten eingeschlagen. Bei den Angriffen am Montag setzte die russische Armee nach ukrainischen Angaben auch iranische Kamikazedrohnen ein.

Moskau dementierte den Einsatz iranischer Drohnen. Beobachter sehen in der verstärkten Verwendung von Kampfdrohnen auch einen Versuch, die mit der Luftabwehr beschäftigte ukrainische Armee von weiteren Vorstößen abzuhalten. Selenskyj zeigte sich überzeugt, dass Russland die Drohnen einsetze, weil es in dem Krieg an Boden verliere.

NATO: Ukraine bekommt Drohnenabwehr binnen Tagen

NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg erklärte unterdessen, das Bündnis werde der Ukraine „in den kommenden Tagen“ Systeme zur Drohnenabwehr liefern. Damit solle das Land bei der Verteidigung gegen Drohnen aus iranischer Produktion unterstützt werden. Gleichzeitig bat die Ukraine Israel um militärische Hilfe und die umgehende Lieferung von Luftabwehrsystemen.