Schild am Gebäude der WKStA in Wien
ORF.at/Christian Öser
Als Kronzeuge

Mögliche Folgen für Schmid

Der ehemalige ÖBAG-Chef und Generalsekretär im Finanzministerium, Thomas Schmid, ist Schlüsselfigur in vielen Strängen der durch das „Ibiza-Video“ ausgelösten Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA). Wie am Dienstag bekanntwurde, möchte Schmid in dem Verfahren Kronzeugenstatus erlangen. Hätte er damit Erfolg, wäre er der Anklagebank entkommen. Doch die Latte für ihn liegt hoch – und abseits des Strafrechts könnten auf Schmid noch weitere Konsequenzen warten.

Noch hat Schmid nicht offiziell den Status als Kronzeuge beantragt. Wenn er das allerdings tut und die Staatsanwaltschaft dem zustimmt, würde die Justiz damit auch ein Stück Neuland betreten. Schmid wäre in dem Verfahren bereits der zweite Kronzeuge. Vor ihm bekam schon die Meinungsforscherin Sabine Beinschab den Kronzeugenstatus zugestanden. Mehr als einen Kronzeugen in einem Verfahren hat es seit Einführung der Regelung vor elf Jahren noch nicht geben.

Ausschließen würde es das Gesetz aber nicht, sagte der Wiener Strafrechtsprofessor Robert Kert Dienstagabend in der ZIB2. „Es setzt halt voraus, dass er jetzt auch Dinge offenlegt, die bisher noch nicht bekannt waren“, so Kert. Schmid müsste der WKStA Details liefern, die sich weder aus den Aussagen von Beinschab noch aus den Chats ergeben hätten. Das sei die „entscheidende Voraussetzung“, so Kert.

Rechtsexperte und Politologe zu Thomas Schmid

Robert Kert, der Institutsvorstand für Wirtschafts- und Strafrecht an der Wirtschaftsuniversität Wien, und Politologe Peter Filzmaier sprachen zu Thomas Schmids Kronzeugenstatus und den neu aufgekommenen Belastungen.

Sein Linzer Kollege Alois Birklbauer sah das Mittwochfrüh im Ö1-Morgenjournal ähnlich. Ein umfassender Tatkomplex mache einen weiteren Kronzeugen durchaus denkbar – „wenn Neues geliefert werden kann“, so Birklbauer. Das bedeutet freilich auch: Für Schmid liegt die Latte wohl deutlich höher als noch für Beinschab. Auch weil sich die Meinungsforscherin bereits verhältnismäßig früh um einen Status als Kronzeugin bemüht hat. Schmid kam hingegen erst im Frühjahr von sich auf die WKStA zu. Schmid sei nun „irgendwie der Zweite“ und müsse „deutlich mehr“ als Beinschab bieten, so Kert.

Frage der Freiwilligkeit

Zugleich sieht die Kornzeugenregelung vor, dass eine Beschuldigte oder ein Beschuldigter „freiwillig an die Staatsanwaltschaft oder die Kriminalpolizei herantritt“. Diese Freiwilligkeit wurde aber bereits recht weit ausgelegt – nicht zuletzt bei Beinschab, die sich bereits in Untersuchungshaft befand.

Schmid begründete sein Zugehen auf die WKStA auch mit Gewissensgründen. Ein „reumütiges Geständnis“ ist freilich auch eine der Grundvoraussetzungen für den Kronzeugenstatus. Diejenigen, die Schmid in seinen Aussagen belastet, dürften wohl bemüht sein, an der Aufrichtigkeit Zweifel zu streuen. Der Anwalt von Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) tat das bereits Dienstagabend. Schmid hoffe, „indem er alle anderen anpatzt und beschuldigt, den Kronzeugenstatus erwirken zu können“, sagte Anwalt Werner Suppan. Auch Kurz wird von Schmid in dessen Aussage belastet. Für alle Beschuldigten gilt die Unschuldsvermutung.

„Gewisses Risiko“

Ein „gewisses Risiko“ dürfte allerdings auch Schmid mit seinen Aussagen eingegangen sein. „Die Staatsanwaltschaft ist jetzt auch verpflichtet zu überprüfen: Beruht das auf der Wahrheit, was er gesagt hat, sind das wirklich neue Tatsachen? Also insofern muss die Staatsanwaltschaft auf jeden Fall noch weiter ermitteln und ihn da auch mit einbeziehen“, so Strafrechtler Kert.

Am Ende entscheidet die WKStA, ob sie Schmid den Status als Kronzeugen gewährt. Tu sie das, wird eine Kronzeugenabmachung getroffen. Diese wird noch durch den Rechtsschutzbeauftragten überprüft. „Der könnte allenfalls bei Gericht eine Fortführung des Ermittlungsverfahrens beantragen“, sagte Birklbauer.

Sollte Schmid mit einem Antrag auf Kronzeugenstatus Erfolg haben, könne er freilich erwarten, „dass er nicht auf der Anklagebank vor Gericht landet, sondern dass das Verfahren eingestellt wird“, so Birklbauer. Schmid müsste aber wohl freiwillige Leistungen erbringen, „möglich wäre etwa eine freiwillig erbrachte Geldbuße von einem Jahresgehalt“.

Drohender Schadenersatz

Abseits des Strafrechts könnten Schmid auch zivilrechtliche Folgen drohen. Es sei durchaus denkbar, dass er auf zivilrechtlichem Weg zum Schadenersatz verpflichtet wird, so der Linzer Jurist. Er hält es auch für möglich, dass versucht werde, Schmid auf diesem Weg einzuschüchtern, „um sich letztlich doch nicht an den Kronzeugendeal zu halten“. Schmid müsste in so einem Fall natürlich wieder mit strafrechtlichen Konsequenzen rechnen. Sollte er in weiteren Prozessen nicht wie vereinbart aussagen, könnte die Staatsanwaltschaft das Verfahren auch wieder aufnehmen, sagte Birklbauer.