Grüne im U-Ausschuss: „Koalition durch Tun der ÖVP belastet“

Der ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss ist heute unter bemerkenswerten Vorzeichen in den Tag gestartet – angesichts der jüngsten Entwicklungen rund um Ex-ÖBAG-Chef Thomas Schmid, der mit seinen Aussagen gegenüber der WKStA unter anderen Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Parlamentspräsident (und U-Ausschuss-Vorsitzenden) Wolfgang Sobotka (ÖVP) schwer belastet.

Und obwohl heute zwei Ladungen zu ganz anderen Causen auf der Agenda stehen (es geht um den NPO-Fonds, zu Förderungen für die Tiroler Jungbauern – es handelt sich um ÖVP-Ladungen), drehten sich die Eingangsstatements der Fraktionen freilich vollumfänglich um die jüngsten Entwicklungen. Im Fokus standen die Grünen und die Frage, ob diese die Koalition gefährdet sehen – Grünen-Fraktionsführerin Nina Tomaselli wich entsprechenden Fragen aus.

Grüne über Sobotka: „Liegt in seiner Hand“

Tomaselli verwies auf die „jungen Männer“, die nun „nicht mehr da“ seien (gemeint ist Kurz bzw. der Zirkel um den Ex-Kanzler). Was den aktuellen Kanzler betreffe, seien keine Vorwürfe bekannt. Auf Nachfrage zum aktiven Klubobmann August Wöginger und Parlamentspräsident Sobotka, die von Schmid belastet werden, sagte Tomaselli zur Koalitionsfrage: „Selbstverständlich ist die Koalition durch das Tun der ÖVP belastet.“

Nina Tomaselli (Grüne)
ORF.at/Peter Pfeiffer

Der Koalitionspartner sei mit einem „Dauerfeuer“ konfrontiert, was Korruptionsvorwürfe betreffe. Hinsichtlich der Vorwürfe gegen Sobotka sagte Tomaselli, es liege nun „in seiner Hand, ob er Konsequenzen zieht“. Klar sei, „es wäre an der Zeit, den Vorsitz zurückzulegen“.

„Große Täuschung des Machtzirkels um Kurz aufgeflogen“

Tomaselli sprach von „spannenden und interessanten Aussagen“ Schmids, die „große Täuschung des Machtzirkels um Kurz“ sei aufgeflogen, diese These sei nun wohl bestätigt. Dass NEOS sich selbst angesichts der neuen Entwicklungen gegen eine Verlängerung des Ausschusses ausspreche, sei unverständlich. Es hätten sich aktuell noch viele weitere Fragen aufgetan, die Grünen seien für eine einmalige Verlängerung aus. Anstelle von Sobotka hätte sie den Vorsitz gar nicht angetreten, so Tomaselli.

Außerhalb des Ausschlusslokals gab Vizekanzler und Grünen-Chef Werner Kogler (Grüne) an, sich in seinem Vorgehen im letzten Jahr bestätigt zu sehen. Mit dem Ultimatum an Kurz zum Rückzug habe man die richtigen Konsequenzen gezogen, so Kogler vor dem Ministerrat.

SPÖ: „Reihe von ÖVP-Politikern soll Schreibtisch räumen“

SPÖ-Fraktionsführer Kai Jan Krainer hielt sich bei seinem Ausschuss-Eingangsstatement relativ kurz und sagte, dass das Bild, dass die ÖVP zum Thema Korruption abgebe, mittlerweile sehr dicht sei. Es sei angebracht, dass eine Reihe von ÖVP-Politikern „ihre Schreibtische räumen“, so Krainer, „das Leugnen“ habe keinen Sinn mehr.

Hanger: „Sobotka weist Vorwürfe vehement zurück“

ÖVP-Fraktionsführer Andreas Hanger sprach von „bemerkenswerten Entwicklungen“, Kritik übte er am Umstand, dass die neuen Akten dem U-Ausschuss nicht vorlägen. Nun sei „eine Erzählung zu den Verdachtsmomenten da“, es gebe aber auch andere Erzählung, so Hanger.

Man wolle jedenfalls darauf einwirken, dass Schmid nun in den Ausschuss für den 3. November geladen werde. Die WKStA habe das offenbar verhindert, so Hanger. Sobotka weise "die Vorwürfe vehement zurück“ – „da passiert wieder ein Anpatzen“, so Hanger.

FPÖ: „Liebe ÖVP, es ist vorbei“

FPÖ-Fraktionsführer Christian Hafenecker kritisierte die heutigen Ladungen der ÖVP, die den U-Ausschuss „runterdodeln“ sollten. Schließlich sei gestern „wieder was passiert“. Nun sei klar: „Liebe ÖVP, es ist vorbei.“ Mit den Aussagen Schmids sei „nun der Missing-Link“ da. Wenn Schmid 15 Tage lang bei der WKStA aussage und der Innenminister sage, er könne ihn nicht finden, „stimmt was nicht im System nicht“.

NEOS „Totengräber des Ausschusses“

Die Entscheidung von NEOS, den U-Ausschuss nicht zu verlängern, sei völlig unverständlich, so Hafenecker. Offensichtlich sei es nicht die Entscheidung der Kollegin Stephanie Krisper gewesen, sondern der Partei, glaubt Hafenecker. „Ich hoffe, dass NEOS eine Kehrtwende hinlegen und nicht zu den Totengräbern des Ausschusses mutieren“, so Hafenecker.

Krisper: „Verlängerung macht keinen Sinn“

NEOS-Fraktionschefin Krisper sagte, NEOS bleibe bei der Entscheidung, den Ausschuss nicht zu verlängern („Eine Verlängerung macht keinen Sinn, für das Ziel, dass die Politik sauberer wird“). Viel sei zur Justiz gewandert, die Schlupflöcher seien identifiziert.

Krisper sprach von einem „erreichten Ziel“, nämlich zu zeigen, dass die ÖVP ein massives Korruptionsproblem habe. Die zentrale Frage sei nun, was sich ändern wird – Nehammer habe die Chance gehabt, aufzuräumen – das sei nicht passiert, so Krisper sinngemäß. Das Problem gehe viel weiter, als es „die türkise ÖVP“ betreffe. „Die Geschichte“ sei mit Rücktritten noch lange nicht erledigt.