Europagebäude in Brüssel
ORF.at/Florian Bock
Energiepreise in EU

Viele Ideen, aber keine Einigkeit vor Gipfel

Am Donnerstag und Freitag treffen die EU-Staats- und -Regierungsspitzen in Brüssel aufeinander. Einmal mehr wird dabei das Energiethema im Mittelpunkt stehen. Diskutiert werden wohl nicht nur die neuen Vorschläge der EU-Kommission, um die Preise in den Griff zu bekommen. Auch das Thema Gaspreisdeckel wird für hitzige Debatten sorgen: Weder gibt es einen konkreten Vorschlag der Kommission, noch eine klare Linie der EU-Staaten.

Schon unter der Woche gab es zahlreiche Wortmeldungen zu einem möglichen Preisdeckel – wenig hilfreich ist, dass unter dem Begriff Gaspreisdeckel verschiedene Maßnahmen verstanden werden. Kroatien und Litauen etwa fordern eine Preisobergrenze für alle Gasarten. Deutschland lehnt eine Preisdeckelung weiter ab und verweist stattdessen auf gemeinsame Gaseinkäufe.

Und auch Österreich hält nichts von einem Preisdeckel – für russisches Gas, wie Europaministerin Karoline Edtstadler am Dienstag sagte. „Warum? Weil es um unsere Versorgungssicherheit geht“, so Edtstadler in Luxemburg. Schon länger fordern 15 EU-Staaten einen EU-weiten Preisdeckel, immer wieder im Gespräch stand auch eine Regel nach spanischem Modell, bei der es nur um eine Preisobergrenze für Gas geht, das zur Erzeugung für Strom genutzt wird. Doch auch dieser Vorschlag ist umstritten.

EU-Kommission bei Deckel zurückhaltend

Die EU-Kommission meldete sich ebenfalls am Dienstag zu Wort, nicht zuletzt, um auch einen Impuls für den Gipfel der EU-Staaten zu geben. Konkrete Vorschläge zu einem Gaspreisdeckel gab es aber nicht. Stattdessen will man 40 Milliarden Euro aus dem EU-Budget für die Energiekrise umwidmen, gemeinsame Gaseinkäufe für mindestens 15 Prozent der vorgeschriebenen Speicherfüllstände verpflichtend machen und auch einen neuen Preisindex für Flüssiggas (LNG) auf die Beine stellen.

Gasspeicher Haidach
ORF.at/Roland Winkler
Die Diskussion über Gaspreise wird wohl das größte Streitthema bei dem Gipfeltreffen werden

Vor allem beim Thema Gaseinkauf ist Österreich auf Seite der Kommission. „Wir müssen die Energiekosten drücken, wir müssen sie gemeinschaftlich drücken, wir können das nicht nationalstaatlich lösen“, sagte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) zuletzt in Prag. Der Bundeskanzler forderte mehrfach, das Tempo bei der Umsetzung des gemeinsamen Gaseinkaufs zu erhöhen.

Zum Thema Gaspreisdeckel stellte die Kommission lediglich in Aussicht, dass im Fall extremer Preise als letztes Mittel ein beweglicher Preisdeckel, ein „Korridor“, auf dem Großhandelsplatz TTF vorgeschlagen werden könnte. Nach Auffassung der Brüsseler Behörde stieg der TTF auch durch Spekulationen von Investoren an und trieb die Preise in die Höhe.

„Alles oder nichts“

EU-Ratspräsident Charles Michel schrieb in seinem Einladungsschreiben, dass es für die Staats- und -Regierungschefs drei Aufgaben gebe: eine Reduzierung der Nachfrage, die Gewährleistung der Versorgungssicherheit und eine Eindämmung der Preise. „Europa steht vor seiner Woche der Wahrheit“, sagte im Vorfeld der belgische Premierminister Alexander De Croo. „In dieser Woche geht es um alles oder nichts.“

Dabei ist die Stimmung zwischen den Staaten durchaus angespannt – nicht zuletzt zwischen Frankreich und Deutschland. Dazu könnte auch Berlins Version der Preisbremse in Form des 200-Milliarden-Euro-Hilfspakets beigetragen haben. Ein Treffen zwischen Deutschlands Kanzler Olaf Scholz und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, das an sich für kommende Woche geplant war, wurde kurzfristig auf Jänner verschoben.

Olaf Scholz und Emmanuel Macron
IMAGO/ZUMA Press/Paul Chiasson
Die Beziehungen zwischen Berlin und Paris sind momentan angespannt

Auch Iran wird Thema

Zwar wird das Energiethema wohl den Gipfel bestimmen, doch darüber hinaus kündigten sich im Vorfeld bereits einige andere Themen an. Die Unterstützung für die Ukraine wird dabei genauso debattiert werden wie die Position gegenüber Russland. „Der Europäische Rat verurteilt auf das Schärfste die jüngsten wahllosen russischen Raketen- und Drohnenangriffe auf Zivilisten, zivile Objekte und Infrastruktur in Kiew und in der gesamten Ukraine“, heißt es laut AFP im Entwurf der Gipfel-Abschlusserklärung.

Die zuletzt verschärfte Gangart gegen den Iran dürfte ebenfalls debattiert werden. Zwar erwähnt Michel den Iran nicht in seinem Einladungsschreiben, laut EU-Diplomaten drängt dieser sich allerdings auf die Agenda. Die EU habe nun „Beweise“, dass die von Russland gegen die Ukraine eingesetzten, mit Sprengstoff bestückten Drohnen aus dem Iran stammen, hieß es aus EU-Ratskreisen. Die EU-Staaten wollen noch vor Gipfelbeginn neue Sanktionen verhängen. Am Freitag stehen außenpolitische Themen auf der Agenda. Dabei soll primär über die Beziehungen zu China beraten werden.