Regierungskrise in GB: Auch Innenministerin tritt ab

Die Regierungskrise in Großbritannien hat gestern erneut an Fahrt aufgenommen. Premierministerin Liz Truss lehnte einen Rücktritt trotz des Scheiterns ihrer Steuerpolitik und katastrophaler Umfragewerte ab. Wenige Stunden später teilte dafür Innenministerin Suella Braverman ihr wohl erzwungenes Ausscheiden aus der Regierung mit und trat kräftig gegen die Regierung nach.

Truss verlor damit bereits das zweite Kabinettsmitglied innerhalb von Tagen. Den Posten Bravermans soll nun Ex-Verkehrsminister Grant Shapps übernehmen, wie der Regierungssitz 10 Downing Street mitteilte.

Die britische Innenministerin Suella Braverman
AP/Kin Cheung

„Ich bin eine Kämpferin und keine Drückebergerin“, sagte die konservative Regierungschefin bei der Fragestunde im Unterhaus in London. Die 47-Jährige geriet bei der Sitzung schwer unter Druck. Mehrere Oppositionspolitiker forderten sie direkt zum Rücktritt auf.

Spott und Häme der Opposition

Erstmals seit der demütigenden Kehrtwende in ihrer Steuerpolitik und der Verkürzung der Laufzeit des staatlichen Energiepreisdeckels musste Truss den Abgeordneten Rede und Antwort stehen. Sie erntete heftigen Spott und Häme, unter anderem, als sie Oppositionschef Keir Starmer von der Labour-Partei dazu aufforderte, den „wirtschaftlichen Realitäten ins Auge zu sehen“. Dabei war sie es, die mit der Ankündigung radikaler Steuererleichterungen Chaos an den Finanzmärkten ausgelöst hatte. Ihre Worte gingen teilweise im Gejohle und Schimpfen der Opposition unter.

Mehr Kritik kam später im Rücktrittsschreiben von Braverman. Wichtige Versprechen an die Wählerinnen und Wähler seien gebrochen worden und sie habe auch „große Bedenken hinsichtlich des Bekenntnisses dieser Regierung zu unserem Wahlprogramm, wie die Gesamtzahl der Einwanderer zu begrenzen und illegale Migration zu stoppen seien, besonders die gefährlichen Bootsüberquerungen“, schrieb Braverman.

Weitere Querschüsse zu erwarten

Die Ex-Innenministerin gehört zum extremen rechten Flügel der Partei. Sie machte immer wieder mit Äußerungen zu ihren Plänen für ein härteres Vorgehen bei Abschiebungen von sich reden. Kürzlich wetterte sie im Parlament gegen „Tofu essende“ Linke.

Als Grund für ihren Rücktritt gab Braverman „einen technischen Bruch“ von Geheimhaltungsregeln an. Sie habe ein offizielles Dokument von ihrer persönlichen E-Mail-Adresse an einen „vertrauten parlamentarischen Kollegen“ weitergeleitet, schrieb Braverman. Vieles daraus sei bereits bekannt gewesen, trotzdem sei es „richtig für mich, zu gehen“. Erwartet wird nun, dass sie von den Hinterbänken aus gegen Truss arbeitet.