EU-Fahnen vor dem EU-Kommissionsgebäude in Brüssel
Reuters/Yves Herman
Drohnenlieferungen

EU verhängt Sanktionen gegen Iran

Die Europäische Union verhängt Sanktionen gegen den Iran wegen der mutmaßlichen Lieferung von Kamikazedrohnen an Russland. Die Mitgliedsstaaten einigten sich nach Angaben der tschechischen Ratspräsidentschaft am Donnerstag vor Beginn des Gipfels.

Beschlossen werden soll, die Vermögenswerte von drei Personen und einer Einrichtung einzufrieren, die für die Lieferungen verantwortlich sein sollen. Die EU habe nun „Beweise“, dass die von Russland gegen die Ukraine eingesetzten, mit Sprengstoff bestückten Drohnen aus dem Iran stammen, hieß es aus EU-Ratskreisen.

Offiziell dementiert der Iran, Drohnen an Russland zu liefern. Auch Moskau weist die Vorwürfe zurück: Vor dem UNO-Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in New York sagte der Vizechef der russischen UNO-Vertretung, Dmitri Poljanski, am Mittwoch (Ortszeit), die eingesetzten Drohnen seien in Russland hergestellt worden. „Wir haben unsere eigene Drohnenindustrie, die die Dinge produziert, die wir für diesen Einsatz benötigen.“

Unterstützung für Ukraine in Entwurf der Gipfelerklärung

Die Unterstützung für die Ukraine wird auf dem EU-Gipfel ebenso debattiert werden wie die Position gegenüber Russland. „Der Europäische Rat verurteilt auf das Schärfste die jüngsten wahllosen russischen Raketen- und Drohnenangriffe auf Zivilisten, zivile Objekte und Infrastruktur in Kiew und in der gesamten Ukraine“, heißt es laut AFP im Entwurf der Gipfelabschlusserklärung.

Energiethema im Mittelpunkt des Gipfels

Auf dem Gipfel selbst wird einmal mehr das Energiethema im Mittelpunkt stehen. Diskutiert werden wohl nicht nur die neuen Vorschläge der EU-Kommission, um die Preise in den Griff zu bekommen. Auch das Thema Gaspreisdeckel wird für hitzige Debatten sorgen: Weder gibt es einen konkreten Vorschlag der Kommission noch eine klare Linie der EU-Staaten.

Schon unter der Woche gab es zahlreiche Wortmeldungen zu einem möglichen Preisdeckel – wenig hilfreich ist, dass unter dem Begriff Gaspreisdeckel verschiedene Maßnahmen verstanden werden. Kroatien und Litauen etwa fordern eine Preisobergrenze für alle Gasarten. Deutschland lehnt eine Preisdeckelung weiter ab und verweist stattdessen auf gemeinsame Gaseinkäufe.

Auch Österreich hält nichts von einem Preisdeckel – für russisches Gas, wie Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) am Dienstag sagte. „Warum? Weil es um unsere Versorgungssicherheit geht“, so Edtstadler in Luxemburg. Schon länger fordern 15 EU-Staaten einen EU-weiten Preisdeckel, immer wieder im Gespräch stand auch eine Regel nach spanischem Modell, bei der es nur um eine Preisobergrenze für Gas geht, das zur Erzeugung für Strom genutzt wird. Doch auch dieser Vorschlag ist umstritten.

EU-Kommission bei Deckel zurückhaltend

Die EU-Kommission meldete sich ebenfalls am Dienstag zu Wort, nicht zuletzt, um auch einen Impuls für den Gipfel der EU-Staaten zu geben. Konkrete Vorschläge zu einem Gaspreisdeckel gab es aber nicht. Stattdessen will man 40 Milliarden Euro aus dem EU-Budget für die Energiekrise umwidmen, gemeinsame Gaseinkäufe für mindestens 15 Prozent der vorgeschriebenen Speicherfüllstände verpflichtend machen und auch einen neuen Preisindex für Flüssiggas (LNG) auf die Beine stellen.

Gasspeicher Haidach
ORF.at/Roland Winkler
Die Diskussion über Gaspreise wird wohl das größte Streitthema bei dem Gipfeltreffen werden

Vor allem beim Thema Gaseinkauf ist Österreich auf der Seite der Kommission. Unmittelbar vor Gipfelbeginn sagte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP), das große Thema sei, wie man die Versorgungssicherheit in Europa sicherstellen und die Preise senken können. Es gebe jetzt „verschiedene Modelle“, Österreich hätte sich dabei das „iberische Modell“ gewünscht. Er erwarte „intensive“ Diskussionen. Die Union lebe davon, „27 verschiedene Interessen unter einen Hut zu bringen“, das sei „schwierig“, so Nehammer weiter.

Nehammer: „Müssen uns auf nächsten Winter vorbereiten“

Österreichs Gasspeicher seien voll, man sei bereits über 85 Prozent Speicherstand, so Nehammer. „Wir können schon über zehn Monate mit dem Gas, das eingelagert ist, durchhalten. Aber wir müssen uns auf den nächsten Winter vorbereiten. Ich halte einen gemeinsamen Gaseinkauf hier für eine durchaus gute Idee.“

Zum Thema Gaspreisdeckel stellte die Kommission lediglich in Aussicht, dass im Fall extremer Preise als letztes Mittel ein beweglicher Preisdeckel, ein „Korridor“, auf dem Großhandelsplatz TTF vorgeschlagen werden könnte. Nach Auffassung der Brüsseler Behörde stieg der TTF auch durch Spekulationen von Investoren an und trieb die Preise in die Höhe.

Olaf Scholz und Emmanuel Macron
IMAGO/ZUMA Press/Paul Chiasson
Die Beziehungen zwischen Berlin und Paris sind momentan angespannt

„Alles oder nichts“

EU-Ratspräsident Charles Michel schrieb in seinem Einladungsschreiben, dass es für die Staats- und -Regierungschefs drei Aufgaben gebe: eine Reduzierung der Nachfrage, die Gewährleistung der Versorgungssicherheit und eine Eindämmung der Preise. „Europa steht vor seiner Woche der Wahrheit“, sagte im Vorfeld der belgische Premierminister Alexander De Croo. „In dieser Woche geht es um alles oder nichts.“

Dabei ist die Stimmung zwischen den Staaten durchaus angespannt – nicht zuletzt zwischen Frankreich und Deutschland. Dazu könnte auch Berlins Version der Preisbremse in Form des 200-Milliarden-Euro-Hilfspakets beigetragen haben. Ein Treffen zwischen Deutschlands Kanzler Olaf Scholz und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, das an sich für kommende Woche geplant war, wurde kurzfristig auf Jänner verschoben.

Einigung bei „Midcat“-Pipeline

Unmittelbar vor Gipfelbeginn gab es unterdessen neue Entwicklungen bei einem anderen Thema, das West- und Mitteleuropa beschäftigt: Spanien, Frankreich und Portugal einigten sich auf einen Ersatz für die „Midcat“-Pipeline. Es solle einen „grünen Korridor“ zwischen Barcelona und Marseille geben, sagte Spaniens Ministerpräsident Pedro Sanchez vor der Presse. Die Verbindung werde unter Wasser sein – und nicht wie „Midcat“ über die Pyrenäen verlaufen.