Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP)
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„Klasse Job“

Polaschek startet Lehrkräfteoffensive

Der Lehrkräftemangel macht den Schulen seit geraumer Zeit zu schaffen: ÖVP-Bildungsminister Martin Polaschek hat deshalb nun die „größte Lehrkräfteoffensive der Zweiten Republik“ angekündigt. Mit der neuen Ressortstrategie „Klasse Job“ soll die „Erzählung von Schule“ nach Polascheks Worten modernisiert, das Personalmanagement und „Recruiting“ intensiviert und die Ausbildung weiterentwickelt werden.

„Der Lehrkräftemangel ist eine der größten Herausforderungen der Zukunft des Landes“, sagte der Minister zu Beginn der Pressekonferenz zum neuen Maßnahmenpaket am Dienstag. Dem Lehrermangel werde „täglich die Stirn“ geboten. Mit der neuen Ressortstrategie, an der Polaschek zufolge seit dem Frühjahr gearbeitet wurde, soll der Bedarf künftig nachhaltig gedeckt werden.

Er definierte drei Handlungsfelder, für die das Ministerium eigene Kampagnen und Maßnahmen erarbeitet hat: Erstens wünscht sich Polaschek den Entwurf einer neuen „Erzählung von Schule“. Erzielt werden soll das durch die Entwicklung eines neuen Lehrerbildes, die positive Positionierung des Berufs im Rahmen der Berufsorientierung an Schulen, Projekttage an besonders innovativen Schulen und den „Aufbau eines Netzwerks für Buddys“, die in der Sommerschule die Perspektive von Lehrenden einnehmen sollen.

Polaschek will neues Lehrerbild

Das neue Lehrerbild soll auch einfließen in Entwicklungen und Reformen etwa bei Schulqualitätsrahmen, Schulleitungsprofil und neuen Lehrplänen, die der Minister bereits ein Jahr vor Inkrafttreten der gerade erst fertiggestellten Neufassung schon wieder reformieren will.

Polaschek will auch hinterfragen, welche Aufgaben die Schule erfüllen kann. In der Debatte über die Lehrpläne habe sich gezeigt, dass es hier sehr hohe Erwartungen gebe, nicht alles könne die Schule bewerkstelligen.

Polaschek kündigt Lehrkräfteoffensive an

Der Lehrkräftemangel macht den Schulen seit geraumer Zeit zu schaffen: ÖVP-Bildungsminister Martin Polaschek hat deshalb nun die „größte Lehrkräfteoffensive der Zweiten Republik“ angekündigt.

Den zweiten Schwerpunkt der Strategie stellt der Bereich Personalmanagement und „Recruiting“ dar. Das Bildungsministerium will neue Zielgruppen ansprechen und bewirbt deshalb die Website Klassejob.at als „Single Point of Contact“ für alle Interessierten.

Außerdem arbeite das Ministerium an einem Bedarfsrechner für Unterrichtsfächer. Damit soll ersichtlich werden, welche Fächer für das Lehramtsstudium besonders gefragt sind bzw. wo großer Bedarf besteht. Um die Personaleinstellung zu verbessern, sollen in den Bildungsdirektionen Abläufe etwa beim Bewerbungsprozess verbessert werden.

Quereinsteiger sollen neue Perspektiven bringen

Insbesondere Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger sollen für den Beruf gewonnen werden, wenngleich diese den Bedarf nicht decken können werden, wie Polaschek auf Nachfrage einräumte. Die Voraussetzung stelle hierfür „ein abgeschlossenes, fachlich geeignetes Studium“ und „in Ergänzung eine fachliche Berufspraxis im Ausmaß von drei Jahren“ dar, so Polaschek.

Danach werde ein Bewerbungsverfahren durchlaufen, an dessen Ende eine fixe Anstellung steht. Überdies sei ein „berufsbegleitender Hochschullehrgang im Umfang von 60 bis 90 ECTS“ für Quereinsteiger vorgesehen.

600.000 Euro werden in die neue Informationskampagne, die in den kommenden Wochen starten soll, investiert. Zur einen Hälfte wird das Geld in Printmedien, zur anderen in die Bewerbung via Social-Media-Kanäle fließen. Ein konkretes Ziel, wie viele Lehrkräfte durch die Kampagne gewonnen werden sollen, wollte der Bildungsminister aber nicht nennen.

„Wir brauchen eine bessere Studierbarkeit“

Als drittes Handlungsfeld nannte Polaschek die Ausbildung der Pädagoginnen und Pädagogen. „Wir brauchen eine bessere Studierbarkeit“, sagte er. Ziel müsse sein, dass jede Lehrperson bereits nach dem Bachelorabschluss als Vollzeitlehrperson arbeitet und den Master berufsbegleitend absolviert. Fix ist bereits die Umstellung der Volksschullehrerausbildung von derzeit vier Jahren Bachelor- und einem Jahr Masterstudium auf drei Jahre Bachelor plus zwei Jahre Master.

Die entsprechende Novelle soll laut Polaschek 2023 beschlossen werden, 2024/25 kann die neue Ausbildung dann starten. Die Pflicht zum Masterabschluss soll im Sinne der Qualitätssicherung bleiben.

Mehr praxisorientierte Studieninhalte geplant

Um den Übergang in den Beruf zu verbessern, sollen die praxisorientierten Studieninhalte verbessert werden. Außerdem soll geprüft werden, ob neben dem klassischen Studium mit zwei Unterrichtsfächern Fächerbündel wie Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT) bzw. Science angeboten werden, deren Absolventinnen und Absolventen dann in mehreren Fächern einsetzbar sind. Dadurch könnte man fachfremden Unterricht verringern.

Die Strategie soll laut Polaschek nicht zeitlich begrenzt, sondern nachhaltiger und langfristiger Schwerpunkt der Arbeit des Bildungsressorts sein. Die Bezeichnung als „größte Lehrkräfteoffensive der Zweiten Republik“ ist für ihn nicht zu hoch gegriffen.

Bisher seien nur punktuelle Änderungen vorgenommen worden, „in dieser Kombination hat es das noch nie gegeben“. Neben der Kampagne will Polaschek übrigens auch die mit einem Drittel recht hohe Teilzeitquote bei Lehrern und Lehrerinnen angehen. Jenen, die mehr arbeiten wollen, soll das ermöglicht und Teilzeitkräfte zu mehr Unterrichtsstunden ermutigt werden.

NEOS will „handfeste Verbesserungen im Alltag“

NEOS wolle Polaschek unterstützen, „wenn es darum geht, die Studierbarkeit des Lehramtsstudiums zu verbessern und die Wichtigkeit des Berufs zu kommunizieren“, so Bildungssprecherin Martina Künsberg Sarre per Aussendung. Eine „positive Erzählung“ werde aber „bei Weitem nicht reichen“. Die Regierung habe dem großen Lehrkräftemangel zu lange zugesehen. Es brauche nun „handfeste Verbesserungen im Arbeitsalltag“, so Künsberg Sarre.

NEOS schlägt ein System vor, „das das Engagement von Lehrerinnen und Lehrern belohnt und Schulen mehr Autonomie gibt“. Ferner plädierte die Partei für eine Umfrage zu den größten Belastungen und notwendigen Änderungen im Job wie auch für den Ausbau der flächendeckenden und ganztägigen Kinderbetreuungsmöglichkeiten (Stichwort: Teilzeitlehrkräfte).

„Neben einigen wichtigen längst überfälligen Optimierungsprozessen in Verwaltung, Bewerbung und Informationsaufbereitung für Studienanfänger bleiben alle zentralen Problembereiche für die Behebung des Lehrermangels unangetastet“, kritisierte Maximilian Wagner vom ÖH-Vorsitzteam an der Pädagogischen Hochschule Salzburg. „Das Studium bleibt zu lange, die unnötige bedingungslose Masterpflicht wird beibehalten.“

Die ÖVP-nahe Schülerunion begrüßte die neue Strategie des Bildungsministeriums. „Besonders die Maßnahme, in der Berufsorientierung in den Schulen anzusetzen und den Lehrberuf aufzuwerten, sehen wir als sehr sinnvoll an“, so Bundesschulsprecherin Flora Schmudermayer.

Industrie ortet „wichtigen Schritt“

Aus Sicht der Industrie sei die Offensive „ein richtiger und notwendiger Schritt“, um dem „Mangel an Pädagoginnen und Pädagogen in Österreich entgegenzuwirken“, so der Generalsekretär der Industriellenvereinigung (IV), Christoph Neumayer. Laut Industrie ist es wichtig, dass sich die Schule stärker nach außen und somit auch zur Wirtschaft und Industrie hin öffne.

Die Wirtschaftskammer Österreich (WKO) sprach von einem „richtigen Signal“. „Topmotivierte Lehrkräfte“ seien der „Schlüssel für die Zukunftsfähigkeit des heimischen Wirtschafts- und Bildungsstandortes“, so Mariana Kühnel, stellvertretende Generalsekretärin der WKO.