Erste Rede des neuen britischen Premierministers Rishi Sunak
Reuters/Hannah Mckay
Neuer britischer Premier

Sunak will gemachte Fehler korrigieren

Rishi Sunak ist am Dienstag von König Charles III. offiziell zum neuen Premierminister Großbritanniens ernannt worden. In seiner ersten Rede als Regierungschef versprach der 42 Jahre alte Konservative, gemachte Fehler korrigieren zu wollen – und kritisierte damit seine Vorgängerin Liz Truss, die das Amt der Premierministerin und Tory-Vorsitzenden nach nur sechs Wochen abgeben musste.

„Es wurden Fehler gemacht“, sagte der gerade ernannte Regierungschef in der Downing Street in seiner ersten Ansprache an die Nation mit Blick auf die kurze Amtszeit von Truss. Diese war mit ihrer radikalen Wirtschaftspolitik schnell gescheitert. Er wolle den Schaden beheben, sagte Sunak. Er versprach seinem Land mehr Stabilität in einer „ernsten Wirtschaftskrise“. Dafür müssten jedoch auch „schwierige Entscheidungen“ getroffen werden, sagte er.

„Ich werde unser Land vereinen, nicht mit Worten, sondern mit Taten“, so Sunak. Dafür werde er rund um die Uhr arbeiten. Er verwies darauf, dass er in der CoV-Pandemie als Finanzminister mit dem „Furlough“-Programm, einer finanziellen Hilfsleistung für Menschen in Kurzarbeit, zahlreiche Jobs und Unternehmen gesichert habe. „Ich werde den Herausforderungen, denen wir heute gegenüberstehen, dieselbe Leidenschaft entgegenbringen.“

Charles erteilte Regierungsauftrag

Seine Regierung werde Integrität, Professionalität und Verantwortung zeigen, kündigte Sunak nach Monaten des Regierungschaos an. „Vertrauen muss verdient werden, und ich werde mir Ihr Vertrauen verdienen.“ Er sei bereit, das Land in die Zukunft zu führen und die Sorgen der Menschen über die Politik zu stellen. „Gemeinsam können wir unglaubliche Dinge erreichen“, sagte Sunak in seiner fast sechs Minuten dauernden Rede.

König Charles III begrüßt Rishi Sunak im Buckingham Palace in London
AP/Aaron Chown
König Charles III. beauftragte Sunak am Dienstag offiziell mit der Bildung einer neuen Regierung

Sunak war am Montag von seiner Konservativen Partei zum neuen Vorsitzenden gekürt und am Dienstag von Charles III. mit der Bildung einer neuen Regierung beauftragt worden. Sunak ist nach dem Rücktritt seiner Vorgängerin Truss nach nur wenigen Wochen im Amt der dritte Premierminister innerhalb von zwei Monaten.

Truss verteidigt zum Abschied ihre Politik

Bei ihrem letzten Statement als Premierministerin wünschte Truss Sunak Dienstagvormittag viel Erfolg für das Amt. Ihre Steuerpolitik, die zu ihrem Rücktritt geführt hatte, verteidigte Truss: Sie glaube noch immer an Wirtschaftswachstum durch niedrige Steuern. Das Land müsse seine „Brexit-Freiheiten“ ausnutzen, um Dinge anders anzugehen.

Liz Truss und ihre Familie vor der Downing Street Number 10 in London
Reuters/Henry Nicholls
Truss hielt am Dienstag ihre letzte Rede als Premierministerin

Truss zitierte den römischen Philosophen Seneca mit den Worten: „Nicht weil die Dinge schwierig sind, wagen wir es nicht, sondern weil wir es nicht wagen, sind die Dinge schwierig.“ Es sei eine große Ehre gewesen, die Nation in der Staatstrauer für Queen Elizabeth II. anzuführen und den neuen Monarchen Charles im Amt zu begrüßen.

Außerdem habe ihre Regierung „schnell und entschieden“ gehandelt, um Haushalte angesichts explodierender Energiepreise zu entlasten und Unternehmen vor der Pleite zu bewahren. Das durch ihre Politik ausgelöste Chaos auf den Finanzmärkten ließ Truss unerwähnt.

Opposition fordert Neuwahl

Sunak ist bereits der dritte Premier innerhalb weniger Monate – angesichts der fehlenden Abstimmung bezweifelt die Opposition sein demokratisches Mandat und fordert eine Neuwahl. Labour-Vizechefin Angela Rayner kritisierte: „Die Torys haben Rishi Sunak zum Premierminister gekrönt, ohne dass er ein einziges Wort darüber gesagt hat, wie er das Land regieren würde, und ohne dass irgendjemand die Möglichkeit hatte abzustimmen.“ Ähnliche Töne kamen von den Liberaldemokraten und der Schottischen Nationalpartei (SNP).

Weil die Torys in Umfragen weit abgeschlagen hinter der größten Oppositionspartei Labour liegen, fürchten sie eine vorgezogene Abstimmung. Die Partei würde bei einer Parlamentswahl „völlig zerstört“, sagte der ehemalige konservative Spitzenpolitiker Robert Hayward. Verschiedene Parteiströmungen riefen die Torys dazu auf, sich hinter dem neuen Premier zu vereinen.

Johnson gratuliert Sunak

Allerdings gilt Sunak an der Parteibasis als umstritten. Viele Mitglieder werfen ihm vor, mit seinem Rücktritt als Finanzminister Anfang Juli das Aus des skandalumwitterten, aber an der Basis noch immer sehr beliebten Ex-Premiers Boris Johnson ausgelöst zu haben.

Johnson selbst gratulierte Sunak am Dienstag zum Amtsantritt. „Dies ist der Moment für alle Konservativen, unseren neuen Premierminister von ganzem Herzen zu unterstützen“, schrieb Johnson auf Twitter. Er bezeichnete den Amtsantritt Sunaks als „historischen Tag“.

Analyse: Herausforderungen für Sunak

Der neue britische Premierminister Rishi Sunak wurde am Dienstag von König Charles offiziell mit der Regierungsbildung beauftragt. Die Journalistin Tessa Syszkowitz sprach über die großen Herausforderungen des neuen Premiers.

Auch sein Wohlstand sorgt für Zweifel, ob Sunak wirklich die Alltagsprobleme kennt. Der einstige Investmentbanker gilt als reichster Abgeordneter. Das liegt auch an seiner Ehefrau, die einen Hunderte Millionen Pfund schweren Anteil am indischen IT-Giganten Infosys hält.

Jüngster Premier seit über 200 Jahren

Als Sohn indischer Eingewanderter ist der in Southampton geborene Sunak der erste Premierminister, der einer ethnischen Minderheit in Großbritannien angehört. Vertreter der großen indischstämmigen Gemeinschaft sprachen angesichts der Wahl Sunaks von einem historischen Moment. Insbesondere der Vedic Society Hindu Temple in Southampton feiert seinen Erfolg – mehr dazu in religion.ORF.at.

Sunak wird auch der jüngste Premierminister seit mehr als 200 Jahren. Zudem wird er bereits sieben Jahre nach seinem Einzug ins Parlament 2015 Premier – so schnell wie kein anderer Politiker der jüngeren britischen Geschichte.

Der designierte Premierminister Großbritanniens, Rishi Sunak
Reuters/Henry Nicholls
Der frühere Banker wird der erste nicht weiße Premier und der erste gläubige Hindu in der Downing Street 10

Wirtschaftsfachleute bezweifeln, dass Sunak die Finanzen des Landes in den Griff bekommen und gleichzeitig die zahlreichen zerstrittenen Fraktionen der Partei zusammenhalten kann. Finanzminister Jeremy Hunt – die vierte Person in dieser Funktion innerhalb von vier Monaten – soll am 31. Oktober einen Budgetentwurf vorlegen, um ein schwarzes Loch in den öffentlichen Finanzen zu stopfen, das auf bis zu 40 Milliarden Pfund gewachsen sein dürfte.

Offene Fragen gibt es zu Sunaks Kabinett. Hunt soll dauerhaft seinen Posten behalten, Sunaks Büro wollte das allerdings noch nicht bestätigen. Laut der Zeitung „The Guardian“ trat Wirtschaftsminister Jacob Rees-Mogg indes zurück. Dem Brexit-Hardliner soll der bisherige Innenminister Grant Shapps im Wirtschaftsressort folgen. Auch diese Personalien wurden nicht bestätigt. Sunak wollte sein Kabinett nach seiner Vereidigung als Premierminister vorstellen.