Frau steht auf Auto, im Hintergrund hunderte Menschen auf einer Straße nahe Saqez
APA/AFP/UGC
Proteste im Iran

Bilder eines Landes in Aufruhr

Seit Wochen gehen unzählige Menschen im gesamten Iran gegen das islamische Regime auf die Straßen – und ein Ende ist nicht in Sicht. Frauen, Männer, Studierende und Schülerinnen und Schüler sind beteiligt. Menschen aus allen Klassen und Gesellschaftsschichten machen ihrem Unmut über die jahrelangen Repressalien Luft. Manche der Demonstrierenden sehen bereits den Anbeginn einer Revolution im Land.

Bild von asha Amini in Zeitung
Reuters/Wana News Agency
Der Tod der 22-jährigen Kurdin Mahsa Amini in Polizeigewahrsam Mitte September gilt als Auslöser für die Proteste. Nachdem die Religionspolizei Amini wegen ihres angeblich „unislamischen Outfits“ festgenommen hatte, fiel die Frau erst ins Koma und starb kurze Zeit später. Die genauen Umstände sind unklar. Die Polizei habe Gewalt angewandt, so die Kritik. Die Polizei weist das entschieden zurück.
Frau steht auf einem Container bei einer Demo in Karaj, Alborz, Iran
IMAGO/ZUMA Wire/Social Media
Seit dem Vorfall gingen Menschen in zahlreichen Städten im Land auf die Straßen. Der Zorn gegen die repressive Politik des Iran ist groß.
Frau schneidet sich vor dem iranischen Konsulat in Istangul die Haare ab
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Frauen, die in der Vergangenheit immer wieder Opfer des islamischen Regimes waren, schnitten sich in den vergangenen Wochen in Reaktion auf die Unterdrückung die Haare ab. Auch im Ausland – wie hier vor dem iranischen Konsulat in Istanbul – zeigten sich Frauen mit jener Aktion solidarisch.
Schulmädchen im Iran zeigen den Mittelfinger
Twitter
Anders als bei früheren Protestbewegungen stehen vor allem auch Junge an vorderster Front: Studierende sowie Schülerinnen und Schüler bringen den Protest an Schulen und Universitäten. Bereits ikonisch ist ein Bild, das in sozialen Netzwerken vielfach verbreitet wurde. Zu sehen sind junge Mädchen mit unbedecktem Haar, die einer Abbildung des obersten Führers des Iran den Mittelfinger entgegenstrecken. Seit der Islamischen Revolution 1979 gelten im Iran strenge Kleidungsvorschriften, von der Religionspolizei wurden diese häufig mit Gewalt durchgesetzt.
Protest an der Sharif-Universität
AP
Studentenprotest in Teheran: Die Generation Z sehnt sich nach einer Freiheit, die sie in den sozialen Netzwerken sieht, sagte etwa der iranische Soziologe Behrus Alichani gegenüber ORF.at
Frau steht auf Auto, im Hintergrund hunderte Menschen auf einer Straße nahe Saqez
APA/AFP/UGC
Auch das Ende der 40-tägigen Trauerzeit für Amini war am Mittwoch Anlass für landesweite Proteste. In Aminis Heimatstadt waren aus dem Anlass riesige Menschenmassen geströmt, wie Bilder und Videos in sozialen Netzwerken zeigten. Sie kamen über die Hauptstraße, ebenso wie über Felder. Kurze Zeit später wurde von Schüssen berichtet, die die Sicherheitskräfte auf Demonstrierende abgegeben hatten.
Iranische Sicherheitskräfte stoßen mit Demonstranten zusammen
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Das Regime des obersten Führers des Iran, Ajatollah Ali Chamenei, und des religiösen Hardliners und Präsidenten Ebrahim Raisi antwortete auf den Unmut immer wieder mit Gewalt und Verhaftungen. Auch der Internetzugang wurde mehrfach blockiert. Mit ähnlichen Methoden konnten im Iran in der Vergangenheit wiederholt Proteste niedergeschlagen werden.
Proteste in Tehran, 19. September
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Noch ist das nicht gelungen. Wütende Demonstranten zündeten als Zeichen ihrer Wut unter anderem Mülltonnen an und lösten eine kleine Debatte aus. „Milliarden an Mülltonnen“ schulde die korrupte Regierung den Iranerinnen und Iranern, klagte das Nachrichtenportal Aftab News an. Es reagierte damit auf Kritik von „oben“, der zufolge Demonstrierende dem Land mit dem Anzünden von Mülltonnen viel Geld kosteten.
Brandschäden im Gefängnis Evin in Tehran
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Zu einem Aufschrei kam es nicht zuletzt, nachdem das berüchtigte Ewin-Gefängnis Feuer fing, das mehrere Menschenleben forderte. Unzählige politische Gefangene und Demonstrierende sind in dem Gefängnis in Teheran untergebracht. Kritikerinnen und Kritiker spekulierten über einen Einschüchterungsversuch des Regimes. Teheran gab hingegen Inhaftierten die Schuld.
Plakat in Teheran
Plakat in Teheran
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Das Regime bemühte zuvor eine peinliche Werbekampagne: Ein riesiges Werbebanner mit Bildern von 50 bedeutenden Frauen sollte deren Leistungen für das Land würdigen. Aber schon kurze Zeit später forderten einige der Frauen – sowie die Familien der verstorbenen Persönlichkeiten –, ihre Bilder zu entfernen. Nach dem peinlichen PR-Desaster mussten die Verantwortlichen das Banner abnehmen und durch ein bildloses Plakat ersetzen.
Demo in Berlin
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Ungebrochen ist die weltweite Unterstützung für die Demonstrierenden im Iran. An einer Demo in Berlin nahmen Zehntausende Demonstrierende teil. Unterstützung erhielt die Protestbewegung in der Vergangenheit auch von Musikern, Sportlern, Filmemachern und Autoren.
Bild von Grab von Masha Amini in Zeitung
APA/AFP/Atta Kenare
Traurige Tatsache ist aber auch, dass unzählige Menschen im Kampf für die Freiheit ums Leben gekommen sind: Mindestens 234 Menschen wurden laut Angaben der norwegischen NGO Iran Human Rights (IHR) bisher getötet. Javaid Rehman, UNO-Sonderberichterstatter für die Menschenrechtssituation im Iran, sprach am Donnerstag von mehr als 250 Getöteten seit Beginn der Proteste – darunter mindestens 27 Kinder. Dabei sei die Dunkelziffer hoch.