Bei der Katastrophe im beliebten Ausgehviertel Itaewon der südkoreanischen Hauptstadt wurden zudem 133 Menschen verletzt. 37 davon befinden sich in kritischem Zustand. Präsident Yoon Suk Yeol ordnete eine gründliche Untersuchung an und rief eine Staatstrauer aus. Sie soll bis zum nächsten Samstag dauern. Es war die schlimmste Katastrophe in Südkorea seit dem Untergang der Fähre „Sewol“ 2014 vor der Küste des Landes, als 304 Menschen starben.
Unter den Todesopfern der Massenpanik sind auch Menschen aus China, dem Iran, Russland, den USA, Frankreich, Australien, Vietnam, Usbekistan, Norwegen, Kasachstan, Sri Lanka, Thailand und Österreich. Mindestens 97 der Todesopfer seien Frauen gewesen, berichtete die nationale Nachrichtenagentur Yonhap.
Seoul: Staatstrauer nach Massenpanik mit 154 Toten
Bei der Massenpanik in Seoul (Hauptstadt von Südkorea) mit mehr als 150 Toten ist auch ein Österreicher ums Leben gekommen.
Außenministerium bestätigt Opfer aus Österreich
„Mit großer Bestürzung müssen wir den Tod eines österreichischen Staatsbürgers im Zuge der gestrigen Massenpanik in Seoul bestätigen“, teilte das Außenamt mit. Der Österreicher habe sich auf Besuch in der südkoreanischen Hauptstadt befunden. „Unsere Botschaft in Seoul ist mit den zuständigen Behörden und den Angehörigen in Österreich in Kontakt und wird sie bei allen weiteren Schritten unterstützen.“ Unter anderem aus Rücksicht auf die Angehörigen werde man keine weiteren Angaben machen.
Enge Gasse als Todesfalle
Für die vorwiegend jungen Partygänger wurde die etwa vier Meter breite Gasse zur Falle, der sie offenbar nicht entkommen konnten: Zahlreiche Menschen seien auf den Boden gestürzt, während andere von oben nachgedrängt hätten, berichteten Augenzeugen. Alles sei sehr schnell passiert, sodass die Menschen in der Menge kaum Zeit zur Flucht gehabt hätten.
„Es war wie ein Dominoeffekt“, sagte ein junger Zeuge dem südkoreanischen Fernsehsender MBC. „Ich habe das Gleichgewicht verloren und bin ebenfalls hingefallen.“ Er habe nicht auf Liegende treten wollen. „Menschen waren bewusstlos und riefen nach Hilfe.“ In den ersten Berichten von der Unglücksstelle hieß es, viele Menschen hätten bei einem Massengedränge einen Herzstillstand erlitten. Rettungskräfte und Privatpersonen hätten versucht, sie wiederzubeleben.
Rettungskräfte kamen schwer voran
„Da lagen Menschen auf der Straße an der Kreuzung, die reanimiert wurden“, sagte Karl Sunglao aus Kalifornien, der in Seoul als Englischlehrer tätig ist, der dpa auf dem Rückweg aus Itaewon. Als er und seine Freundin um etwa 23.00 Uhr am Samstag (Ortszeit) aus der U-Bahn-Station gekommen seien, um zu feiern, hätten sie zunächst gedacht, ein Gebäude sei eingestürzt. „Es herrschte absolutes Gedränge, wir wussten nicht, was los war.“
Augenzeugenberichten zufolge waren die Gassen rund um das Unglücksareal derart voll, dass sich die Rettungskräfte nur schwer ihren Weg durch die Menschenmassen bahnen und zu den Opfern vordringen konnten. Etwa 140 Rettungsfahrzeuge waren laut Yonhap im Einsatz. Das Gebiet wurde weitläufig abgesperrt. In der Kritik steht die Polizei, die offensichtlich mit zu wenig Einsatzkräften vor Ort war.
Die Leichen wurden in den Morgenstunden in eine Sporthalle transportiert, wo sie von Angehörigen identifiziert werden sollten. Bis zum Sonntagabend war die Identität der meisten Opfer bekannt. Die Behörden richteten eine Leitung für Vermisstenmeldungen ein.
Erste große Neuauflage nach Pandemie
Das alljährliche Halloween-Fest ist eine der größten öffentlichen Feiern in Südkoreas Hauptstadt. Dieses Jahr fanden zum ersten Mal wieder größere Veranstaltungen zu dem Fest statt, nachdem die Coronavirus-Maßnahmen weitgehend gelockert wurden. Zehntausende Menschen zog es laut den Berichten ins Itaewon-Viertel, viele von ihnen in Halloween-Kostümen verkleidet.
„In Itaewon ist es jedes Jahr extrem voll, aber dieses Jahr war es einfach nur verrückt“, schrieb eine Frau in einer Instagram-Story. Den Berichten zufolge machten Gerüchte die Runde, dass ein prominenter YouTuber auf dem Weg zu einem Club in der betroffenen Straße oder dort schon angekommen sei. Das habe noch einmal sehr viele Menschen angezogen.
Stadtteil zur Katastrophenzone erklärt
„Das ist wirklich schrecklich“, sagte Präsident Yoon in einer Rede an die Bürger am Sonntag. Solch eine Tragödie im Zentrum von Seoul hätte niemals passieren dürfen. Als Präsident, der für das Leben und die Sicherheit der Bürger verantwortlich sei, fühle er tiefe Trauer. Yoon, der auch den Unglücksort besuchte, erklärte laut Yonhap später den betroffenen Stadtteil zur speziellen Katastrophenzone. Dadurch soll unter anderem den Hinterbliebenen der Opfer und den Verletzten schneller Hilfe zugutekommen.
Weltweite Trauer
Die Tragödie rief weltweites Bestürzen hervor. Zahlreiche Staats- und Regierungschefs kondolierten und sprachen den Angehörigen ihr Mitgefühl aus. US-Präsident Joe Biden erklärte, die USA stünden in dieser tragischen Zeit „an der Seite“ Südkoreas. „Wir trauern mit dem Volk der Republik Korea und wünschen allen Verletzten eine schnelle Genesung“, schrieb der Demokrat im Internetdienst Twitter. Auch EU-Ratschef Charles Michel zeigte sich erschüttert und drückte sein tiefstes Mitgefühl den Familien und Freunden der Opfer des schrecklichen Unfalls aus, schrieb der Belgier am Samstag auf Twitter.
Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) ließ ebenfalls via Twitter (im Original auf Englisch) wissen: „Ich bin gerade aus Südkorea zurückgekehrt und zutiefst schockiert über die tragische Massenpanik in #Seoul heute Abend. Meine Gedanken sind bei den Angehörigen der Opfer und allen, die bei der Massenpanik verletzt wurden.“ Schallenberg hatte im Zuge einer mehrtägigen Reise Südkorea besucht. Anlass war das 130-jährige Jubiläum der diplomatischen Beziehungen zwischen Österreich und Korea, die voriges Jahr zu einer „Strategischen Partnerschaft“ aufgewertet worden waren.