Tankstelle
ORF.at/Viviane Koth
Schnellschätzung

Inflation im Oktober bei elf Prozent

Die Verbraucherpreise ziehen in Österreich weiter kräftig an. Laut Schnellschätzung der Statistik Austria dürfte die Inflationsrate im Oktober auf elf Prozent geklettert sein und damit weiter im zweistelligen Bereich bleiben. Angeheizt wurde die Teuerung insbesondere von den hohen Preisen für Haushaltsenergie und Treibstoffe, teilten die Statistiker heute in einer Aussendung mit.

„Die Teuerung hat mittlerweile fast alle Bereiche erfasst, neben Nahrungsmitteln und Gastronomie sind deutliche Preissteigerungen nun auch bei der Bekleidung zu verzeichnen“, so Statistik-Austria-Generaldirektor Tobias Thomas. Gegenüber dem Vormonat steigt das Preisniveau voraussichtlich um einen Prozent. Im September waren die Preise noch um 10,5 Prozent höher als vor einem Jahr.

Nach oben geschnellt ist auch der harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI), der laut vorläufiger Schätzung gegenüber dem Vorjahresmonat um 11,5 Prozent gestiegen sein dürfte. Im Vergleich zum Vormonat stieg das Preisniveau laut HVPI um 1,2 Prozent. Die endgültigen Zahlen werden am 17. November bekanntgegeben.

Grafik zur Inflation
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: Statistik Austria

WIFO rechnet mit weiteren Preissteigerungen

Der WIFO-Inflationsexperte Josef Baumgartner erwartet für die kommenden Monate weitere Preissteigerungen. „Es haben noch nicht alle Energieversorger ihre Preise angepasst, insbesondere in Westösterreich sind für Bestandskunden die Strompreise noch deutlich niedriger als in Restösterreich“, sagte der Ökonom im Ö1-Mittagsjournal. Es sei aber davon auszugehen, dass auch dort die Preise im nächsten Jahr erhöht werden.

Im November könnte die Inflation noch höher ausfallen. Im Dezember greift dann erstmals die angekündigte Strompreisbremse, die dem Ökonomen zufolge preisdämpfend wirkt. Wie groß diese Wirkung aber sein wird, hänge stark von den Entwicklungen auf den Energiemärkten ab.

Analyse von Dieter Bornemann (ZIB Wirtschaft)

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat die Leitzinsen heuer schon dreimal stark angehoben. Kann sie damit die Teuerung in den Griff bekommen? Dieter Bornemann antwortet.

SPÖ bekräftigt Forderung nach Gaspreisdeckel

SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried sieht angesichts der Schnelleinschätzung der Statistik Austria für die Inflation in Österreich das „Scheitern der türkis-grünen Regierung im Kampf gegen die Teuerung“. Durch Mieterhöhungen und die CO2-Steuer heize die Regierung die Entwicklung weiter an. Die SPÖ fordere seit Monaten einen Gas- sowie einen Spritpreisdeckel. Auch die CO2-Steuer wirke sich schon im Oktober an den Zapfsäulen aus. „Und spätestens 2023 wird die CO2-Steuer die Inflation zusätzlich um ein Prozent erhöhen. Deshalb muss sie ausgesetzt werden, bis sich die Energiepreise normalisiert haben“, bekräftigte Leichtfried die SPÖ-Forderung in einer Aussendung.

Auch die FPÖ kritisiert angesichts der Teuerung die Regierung. „Wie lange sollen die Menschen noch auf echte Hilfe warten? Schwarz-Grün wehrt sich beharrlich, endlich bei den Preisen anzusetzen und diese durch Preisdeckel auf ein verträgliches Maß zu bringen“, kritisierte FPÖ-Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch in einer Aussendung. Besonders tragisch seien die steigenden Preise von Nahrungsmitteln und in der Gastronomie sowie von Bekleidung. Die FPÖ fordere „nachhaltige Lösungen und keine Almosen“, etwa Mehrwertsteuer-Senkungen oder -Streichungen sowie Preisdeckel auf Sprit, Energie- und Lebensmittelpreise.

„Die Rekordinflation von 11 Prozent lässt sich nicht mit Einmalzahlungen und Gutscheinen wegzaubern oder mildern, das erfordert echte Strukturreformen“, hielt NEOS-Wirtschafts- und Sozialsprecher Gerald Loacker fest. Neben einem raschen Ausbau der erneuerbaren Energien sei der wesentlichste Punkt die sofortige Entlastung des Faktors Arbeit. Österreich habe im OECD-Vergleich die fünfthöchsten Lohnnebenkosten. Das beschere den Unternehmen einen existenzgefährdenden Wettbewerbsnachteil – und es verringere auch den Spielraum für Lohnerhöhungen, die aber gerade jetzt dringend notwendig wären.

Der Pensionistenverband wies daraufhin, dass die Teuerung mittlerweile fast doppelt so hoch wie die Pensionsanpassung sei. Verbandspräsident Peter Kostelka sprach sich daher abermals für eine neue Berechnungsformel bei der Pensionsanpassung aus, welche die Teuerungsraten des gesamten Vorjahres als Grundlage heranzieht.

„Deutlich geändertes Konsumverhalten“

Laut Handelsverband zeige sich die Inflation bereits deutlich im geänderten Konsumverhalten. Mehr als 80 Prozent der Bevölkerung würden sich in ihrem Einkaufsverhalten einschränken, 74 Prozent würden verstärkt günstigeren Produkten den Vorzug vor Premiumprodukten geben. 18 Prozent könnten sich nur noch lebensnotwendige Güter leisten, zeige eine Konsumentenbefragung. „Die Hälfte der Österreicher:innen berichtet bereits von einer deutlichen Verschlechterung der Lebensqualität“, so Rainer Will, Geschäftsführer des Handelsverbandes, der freien, überparteilichen Interessenvertretung des gesamten österreichischen Handels in einer Aussendung.

Einkaufen im Supermarkt
ORF.at/Lukas Krummholz
Die Inflation ist im Supermarkt deutlich spürbar

Das gewerkschaftsnahe Momentum Institut wies am Montag darauf hin, dass die meisten Mieten seit Beginn der CoV-Pandemie deutlich stärker gestiegen seien als die KV-Löhne und -Gehälter. Letztere seien von Jänner 2020 bis jetzt um durchschnittlich 5,8 Prozent erhöht worden. Freie Mieten hätten sich im selben Zeitraum um 12,2 Prozent erhöht, Altbau-Kategoriemieten um 11,2 Prozent. Bei den Richtwertmieten (Altbauvertrag nach 1. März 1994) wiederum habe die Entwicklung der vergangenen drei Jahre den kollektivvertraglichen Gehalts- und Lohnerhöhungen entsprochen. Bei den Mieterhöhungen handle es sich um eine hausgemachte Inflation, so das Momentum Institut, das empfiehlt, die Mieten entsprechend gesetzlich einzubremsen.

Auch in Euro-Zone neuer Rekordwert

Die Inflation in der Euro-Zone hat im Oktober erneut einen Rekordwert erreicht. Verglichen mit dem Vorjahresmonat stiegen die Verbraucherpreise um 10,7 Prozent, wie das Statistikamt Eurostat am Montag in Luxemburg in einer ersten Schätzung mitteilte. Volkswirte hatten mit einer Rate von 10,3 Prozent gerechnet. Die Oktober-Inflation ist die höchste seit Einführung des Euro als Buchgeld 1999. Im Vormonat waren die Verbraucherpreise um 9,9 Prozent gestiegen.

Getrieben wurde die Teuerung erneut durch den starken Anstieg der Energiepreise, die sich zum Vorjahresmonat um 41,9 Prozent erhöhten. Zudem beschleunigte sich der Preisauftrieb bei Lebens- und Genussmitteln, die um 13,1 Prozent zum Vorjahr zulegten. Stärker stiegen auch die Preise von Industriegütern ohne Energie und von Dienstleistungen. Die Kerninflation, bei der besonders schwankungsanfällige Preise von Energie, Lebens- und Genussmitteln nicht berücksichtigt werden, stieg zum Vorjahr von 4,8 auf fünf Prozent.

Wirtschaft im Euro-Raum leicht gestiegen

Trotz Rekordinflation wuchs die Wirtschaft der Euro-Zone im Sommer leicht. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) stieg zwischen Juli und September um 0,2 Prozent zum Vorquartal, wie das Europäische Statistikamt Eurostat am Montag mitteilte. Von Reuters befragte Fachleute hatten damit gerechnet.

Dennoch hat die Wirtschaft im Währungsraum im Zuge der Energiekrise deutlich Fahrt verloren. Denn im Frühjahr hatte es noch 0,8 Wachstum gegeben. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum stieg die Wirtschaftskraft im Sommer um 2,1 Prozent.

Die Wirtschaftsentwicklung in den einzelnen Ländern fällt weiterhin unterschiedlich aus. Für Schwung sorgten Deutschland als größte Volkswirtschaft in der Euro-Zone mit 0,3 Prozent Wachstum und Italien, wo es sogar um 0,5 Prozent bergauf ging. In Portugal zog die Konjunktur um 0,4 Prozent an. Die Wirtschaft in Frankreich und Spanien legte je um 0,2 Prozent zu.

Während die großen Volkswirtschaften der Euro-Zone leicht gewachsen sind, ist die Wirtschaft in Lettland deutlich geschrumpft. Die baltischen Staaten leiden derzeit unter den Folgen der einst engen Wirtschaftsbeziehungen mit Russland, die im Zuge des Ukraine-Kriegs und westlicher Sanktionen zu einer Belastung geworden sind.