Trucker-Proteste von Bolsonaro-Anhängern in Embu das Artes, außerhalb von Sao Paulo (Brasilien)
AP/Andre Penner
Bolsonaro-Niederlage

Trucker blockieren Straßen in Brasilien

Aus Protest gegen den Sieg des Linkspolitikers Luiz Inacio Lula da Silva bei der Präsidentschaftswahl in Brasilien haben Anhängerinnen und Anhänger des ultrarechten Amtsinhabers Jair Bolsonaro an zahlreichen Orten Straßensperren errichtet. Fast alle Bundesstaaten waren bis Dienstag von den Protestaktionen betroffen. Errichtet wurden die Sperren vielfach von Truckern. Bolsonaro wolle das Ergebnis nicht anfechten, kündigte unterdessen Kommunikationsminister Fabio Faria an.

Bolsonaro werde das im Laufe des Tages in einer offiziellen Erklärung kundtun, kündigte Faria gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters am Dienstag an. Kurz vor seiner Rede werde Bolsonaro sich mit Richtern des Obersten Gerichtshofs treffen. Bisher hat Bolsonaro seine Niederlage nicht öffentlich eingeräumt. Einige seiner Verbündeten sowie zahlreiche Staats- und Regierungschefs in aller Welt erkannten Lulas Sieg bereits an.

Der Ärger unter Bolsonaro-Anhängern scheint jedenfalls groß: Mittlerweile gebe es in mindestens 23 der 27 brasilianischen Bundesstaaten insgesamt mehr als 250 teilweise oder vollständige Straßensperren, teilte die Bundesverkehrspolizei (PRF) Dienstagfrüh (Ortszeit) mit. Laut „Guardian“ hätten manche Trucker in sozialen Netzwerken zu einem Militärputsch, der Lulas Amtsantritt verhindern soll, aufgerufen. „Nein zu Lula!“, skandierten Demonstrierende an einer Brücke in Sao Paulo. Dort wurden gleich mehrere Straßen blockiert, darunter eine große Verbindungsstraße, die nach Rio de Janeiro führt.

Am Montagabend sorgte die Blockade von Straßen rund um den Guarulhos-Flughafen in Sao Paulo, den größten internationalen Flughafen des Landes, für die Streichung mehrerer Flüge. Besonders viele Straßensperren wurden aus dem südlichen Bundesstaat Santa Catarina gemeldet, in dem fast 70 Prozent der Wählerinnen und Wähler für Bolsonaro gestimmt hatten.

Der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro vor der Wahl
Reuters/Ricardo Moraes
Bolsonaro lag in der Stichwahl knapp hinter Lula

Bolsonaro schweigt weiterhin

Der linksgerichtete Lula hatte die Präsidentschaftswahl am Sonntag in einem dramatisch knappen Rennen gegen den ultrarechten Bolsonaro gewonnen. Lula bekam in der Stichwahl 50,9 Prozent der Stimmen, Bolsonaro 49,1 Prozent. Es ist das engste Ergebnis einer Präsidentschaftswahl in Brasiliens neuerer Geschichte.

Der Präsident des Obersten Wahlgerichts, Alexandre de Moraes, hatte sowohl Lula als auch Bolsonaro bereits in der Wahlnacht telefonisch über das Ergebnis informiert. „Das Ergebnis wurde verkündet und akzeptiert“, sagte Moraes. Die Beobachtermission der Interamerikanischen Union der Wahlbehörden nannte die Wahlen frei, fair und transparent und fand keine Hinweise auf Manipulation.

Bolsonaro-Anhänger blockieren Straßen

Aus Protest gegen den knappen Sieg des Linkspolitikers Luiz Inacio Lula da Silva bei der Präsidentschaftswahl in Brasilien errichten Anhänger des ultrarechten Amtsinhabers Jair Bolsonaro an immer mehr Orten Straßensperren.

Richter ordnete Beendigung der Blockaden an

Die befürchtete Gewalt durch Bolsonaro-Anhänger blieb zwar aus, dennoch beschränkte die Polizei am Dienstag in der Hauptstadt Brasilia den Zugang zur Plaza de los Tres Poderes (dt.: Platz der drei Gewalten). Auf dem Platz befinden sich der Sitz des Präsidenten, das Parlament und Brasiliens Oberster Gerichtshof. Die Einschränkungen seien eine Vorsichtsmaßnahme angesichts von Protestaufrufen im Internet, hieß es.

Ein Richter des Obersten Gerichtshofs ordnete am Montagabend die „sofortige Beendigung der Blockade der öffentlichen Autobahnen und Straßen“ an. Die Bundesverkehrspolizei müsse dazu alle notwendigen Schritte ergreifen.

Sollte ihr Generaldirektor nicht dafür sorgen, drohe ihm eine Geldstrafe oder sogar Ingewahrsamnahme wegen „Ungehorsams“, hieß es in einer Mitteilung des Obersten Gerichts. PRF-Chef Silvinei Vasques steht in der Kritik, weil er am Wahltag in einem Instagram-Eintrag zur Stimmabgabe für Bolsonaro aufgerufen hatte.

„Papa, ich stehe hinter dir“

Während sich Bolsonaro in Schweigen hüllte, äußerte sich zumindest sein Sohn Flavio auf dem Kurznachrichtendienst Twitter. „Danke an alle, die uns geholfen haben, den Patriotismus zu retten, die gebetet haben, auf die Straße gegangen sind, ihren Schweiß für das Land gegeben haben. Erheben wir unsere Häupter und geben wir unser Brasilien nicht auf“, schrieb der Senator. „Papa, ich stehe hinter dir.“

Der gewählte Präsident von Brasilien Luiz Inacio Lula da Silva
Reuters/Carla Carniel
Lula wird am 1. Jänner 2023 sein Amt antreten

Lula bereitet sich auf Regierungswechsel vor

Lulas Team bereitete sich unterdessen bereits auf einen Regierungswechsel ohne die Mithilfe des amtierenden Staatschefs vor. „Ich hoffe, dass zum Wohle Brasiliens und des brasilianischen Volkes Normalität Einzug halten wird. Wenn der Präsident, wenn Jair Bolsonaro nicht teilnehmen möchte, o. k.“, sagte die Vorsitzende von Lulas Arbeiterpartei (PT) und Leiterin der Wahlkampagne, Gleisi Hoffmann, am Montag im Fernsehsender Globo News.

Zumindest auf der Arbeitsebene gab es erste Kontakte. So sprach Medienberichten zufolge der Kommunikationschef von Lulas Wahlkampagne, Edinho Silva, am Montag mit Bolsonaros Kabinettschef Ciro Nogueira. Zudem telefonierte Lulas künftiger Vizepräsident Geraldo Alckmin mit Bolsonaros Stellvertreter Hamilton Mourao. „Der Regierungswechsel ist gesetzlich geregelt. Das ermöglicht uns, die Machtübergabe zu vollziehen, unabhängig von der Beteiligung des Präsidenten“, sagte PT-Chefin Hoffmann. Lula wird am 1. Jänner 2023 sein Amt antreten.