Das Gebäude der Federal Reserve in Washington
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Hohe Inflation

Fed hebt US-Leitzins erneut deutlich an

Die US-Notenbank Fed hat im Kampf gegen die hohe Inflationsrate erneut den Leitzins kräftig erhöht. Das hat die Federal Reserve (Fed) am Mittwoch bekanntgegeben. Wie erwartet beschloss sie eine Leitzinserhöhung um 0,75 Prozentpunkte auf eine Spanne von 3,75 bis 4,00 Prozent, dem höchsten Niveau seit 2008. Es ist die vierte Anhebung um 0,75 Prozentpunkte in Folge und die sechste Zinserhöhung in diesem Jahr.

Der Druck auf die Notenbank ist groß: Die US-Inflation ist weiterhin hoch. Daten aus dem Oktober zufolge geht die Teuerungsrate nur leicht zurück. „Der geldpolitische Ausschuss geht davon aus, dass weitere Erhöhungen der Zinsspanne angemessen sein werden, um einen ausreichend restriktiven geldpolitischen Kurs zu erreichen“, hieß es in einem Kommentar zur Zinsentscheidung.

Man werde bei den künftigen Erhöhungen die bisherigen Schritte und die Wirkungsverzögerungen der Geldpolitik berücksichtigen, hieß es weiter. „Die Inflation ist nach wie vor hoch.“

Hier spiegelten sich weiterhin die Folgen der Pandemie wider. Zudem sorge der Krieg in der Ukraine für zusätzlichen Aufwärtsdruck bei der Inflation und belaste die wirtschaftliche Entwicklung. Man sei „sehr wachsam“ mit Blick auf weitere Inflationsgefahren.

Anzeigetafeln der New York Stock Exchange
AP/Seth Wenig
Die Fed dreht weiter an der Zinsschraube und setzt ihren Kampf gegen die Inflation fort

Voraussichtlich letzter große Zinsschritt heuer

„Aller Voraussicht nach war das aber der letzte XXL-Zinsschritt für dieses Jahr“, erklärte Ökonom Bastian Hepperle von der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank. Es brauche Zeit, bis die beispiellose Straffung der Geldpolitik auf die Gesamtwirtschaft durchwirke. Mit jedem weiteren Zinsschritt nähmen die Risiken aus einer zu starken Straffung zu. „Ab Dezember wird die Fed deshalb eine Verringerung des Leitzinserhöhungstempos beschließen“, sagte der Experte.

Das sieht auch Elmar Völker von der deutschen Universalbank LBBW ähnlich: „Nach den heutigen Signalen verfestigt sich zunächst die Aussicht, dass es im Dezember einen etwas kleineren Zinsschritt um 50 Basispunkte geben wird – sofern die bis dahin noch anstehenden Inflationsdaten nicht erneut alle Erwartungen sprengen.“

Inflation angetrieben von Ukraine-Krieg

Die Inflation in den USA war im Juni angetrieben vom russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine auf 9,1 Prozent gestiegen, den höchsten Wert seit über 40 Jahren. In der Folge sank die Inflation zwar auf zuletzt 8,2 Prozent – das liegt aber nach wie vor weit über der Fed-Zielmarke von zwei Prozent. Im September hatte die Notenbank das Zinsniveau ebenfalls um 0,75 Prozentpunkte erhöht. Zu Jahresbeginn hatte der Leitzins noch in einer Spanne von 0,0 bis 0,25 Prozent gelegen.

Kundin in einem Supermarkt in New York
IMAGO/Richard B. Levine
Die Inflation in den USA war zwischenzeitlich auf 9,1 Prozent gestiegen

Die US-Notenbank ist den Zielen der Preisstabilität und Vollbeschäftigung verpflichtet. Erhöhungen des Leitzinses durch die Notenbank verteuern Kredite und bremsen die Nachfrage. Das hilft dabei, die Inflationsrate zu senken. Ziel ist es, nur so weit an der Zinsschraube zu drehen, dass die Wirtschaft nicht kippt und in eine dauerhafte Rezession fällt.

Rezession befürchtet

Denn gleichzeitig wächst mit der strengen Geldpolitik das Risiko, dass die Zentralbank die Wirtschaft bald so stark ausbremst, dass Arbeitsmarkt und Konjunktur abgewürgt werden. Denn steigen die Zinsen, müssen Bürgerinnen, Bürger und Wirtschaft mehr Geld für Kredite ausgeben – oder sie borgen sich weniger Geld. Das Wachstum nimmt folglich ab, Unternehmen können höhere Preise nicht mehr einfach weitergeben, und idealerweise sinkt die Inflation. Einige fürchten allerdings, dass es die Fed übertreibt und die größte Volkswirtschaft der Welt in eine Rezession steuert.

Die US-Notenbank hat den soliden Arbeitsmarkt stets als Argument gegen das Abgleiten der Wirtschaft in eine tiefe Rezession angeführt. Viele Unternehmen klagen über einen Mangel an Arbeitskräften. Die US-Wirtschaft ist im Sommer außerdem etwas stärker als erwartet gewachsen. US-Präsident Joe Biden wertete das als einen Beleg für die fortschreitende wirtschaftliche Erholung der USA und die Widerstandsfähigkeit der Menschen im Land. Die US-Wirtschaft war im ersten Halbjahr noch geschrumpft.

„Hilfe gesucht“-Schild auf einem Geschäft in Bedford, N.Y. (USA)
AP/Julia Nikhinson
US-amerikanischen Unternehmen fehlt es an Arbeitskräften

„Die oberste Aufgabe der Fed sollte es sein, die steigenden Preise zu bremsen. Solange es keine zwingenden Beweise für eine Trendwende gibt, sollte die Fed hart bleiben“, schrieb die „Washington Post“. „Eine Rezession wäre nicht wünschenswert. Aber eine hohe Inflation ist eine größere Bedrohung, und sie ist bereits da.“ Sollten die Reallöhne wegen steigender Verbraucherpreise weiter sinken, träfe das Menschen mit niedrigem Einkommen am stärksten. Die Wirtschaft dürfe nicht in eine Inflationsspirale wie in den 1970er Jahren geraten, warnte die Zeitung.

Inflation als Wahlkampfthema

Mit Blick auf die wichtigen US-Zwischenwahlen am 8. November sind die hohen Verbraucherpreise auch eine enorme Belastung für Biden und seine Demokraten. Bei den Wahlen könnten die Demokraten ihre ohnehin schon knappe Mehrheit im US-Kongress verlieren. Umfragen zeigen, dass das Thema Inflation die Menschen im Land besonders beschäftigt.

Den Befragungen zufolge sehen viele Wählerinnen und Wähler die Republikaner bei der Wirtschaftskompetenz vorne. Diese prangern im Wahlkampf die hohe Inflation an, für die sie die Demokraten verantwortlich machen, während sie auch eine Folge des russischen Angriffskrieges ist.

Auch in Großbritannien und Schweiz Zinserhöhung möglich

Weltweit haben viele Länder mit einer sehr hohen Inflation zu kämpfen. Auch der Präsident der Schweizerischen Nationalbank (SNB) hat bei einem Treffen mit der Regierung darauf hingewiesen, dass wegen des Teuerungsdrucks weitere Zinserhöhungen nötig sein könnten. „SNB-Präsident (Thomas, Anm.) Jordan erläuterte, dass die straffere Geldpolitik dem gestiegenen Inflationsdruck entgegenwirken und ein Übergreifen auf bisher von der Teuerung weniger betroffene Waren und Dienstleistungen erschweren sollte“, erklärte die Regierung am Mittwoch.

„Es ist nicht auszuschließen, dass weitere Zinserhöhungen nötig sein werden, um die Preisstabilität in der mittleren Frist zu gewährleisten.“ Die SNB hatte angesichts der anziehenden Inflation im Juni die Zinswende eingeleitet, im September die Ära der Negativzinsen hinter sich gelassen und die Finanzmärkte auf weiter anziehende Zinsen eingestimmt.

Auch die Bank of England wird am Donnerstag (13.00 Uhr MEZ) den Leitzins vermutlich deutlich erhöhen. Finanzexperten erwarten, dass die britische Zentralbank den Leitzins von derzeit 2,25 Prozent erheblich anhebt, um die hohe Inflation in den Griff zu bekommen. Im Gespräch ist, dass die Bank den Zins um 0,75 Punkte auf drei Prozent festlegt, das wäre die größte Erhöhung seit 33 Jahren. Zuletzt hatte sich die Europäische Zentralbank (EZB) mit einer Zinserhöhung um 0,75 Prozentpunkte gegen die Rekordinflation im Euro-Raum gestemmt.