Thomas Schmid beim ÖVP Untersuchungsausschuss
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ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss

Schmid blockt Fragen ab, Beugestrafe droht

Unter enormem Medieninteresse ist Thomas Schmid am Donnerstag im ÖVP-Korruptions-U-Ausschusses befragt worden. Der ehemalige Generalsekretär im Finanzministerium und Ex-ÖBAG-Chef ist eine zentrale Figur diverser Affären, ausgelöst durch die bekanntgewordenen Chats. Doch nach seinem ausführlichen Geständnis bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) blieb er im U-Ausschuss sämtliche Antworten schuldig. Er blockte sämtliche Fragen ab und wurde mit Anträgen auf Beugestrafe regelrecht eingedeckt.

Einleitend sagte Schmid, er wolle sich für sein Nichterscheinen bei den letzten Ladungen in den Ausschuss entschuldigen („Ich entschuldige mich dafür“). Er habe gegenüber der WKStA „reinen Tisch“ machen und die Ermittlungen nicht gefährden wollen. Darauf ließ er eine rechtliche Einschätzung folgen: Er berufe sich auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH), wonach die Verfahrensordnung im U-Ausschuss gelte und nicht die Zivilprozess- oder Strafprozessordnung.

Weiters brachte er vor, dass seine Aussage vor der WKStA noch laufe, er wolle daher im Zuge der Befragung hier im U-Ausschuss von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machen, so Schmid. Er werde also „keine Fragen beantworten“, weil die Beweisthemen bzw. die festgelegten Fragenkomplexe allesamt mit dem Strafverfahren zu tun hätten. Ausschussvorsitzende Doris Bures (SPÖ) und Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl verwiesen in Reaktion darauf auf die Einzelfallprüfung jeder Frage.

Schmid beruft sich auf Aussageverweigerungsrecht

Auf erste Fragen Pöschls (im Zuge der Erstbefragung durch ebendiesen) zum „Österreich-Beinschab-Tool“ berief sich Schmid auf das Recht auf Aussageverweigerung. Auf die Aufforderung nach Begründung für die Aussageverweigerung zur einleitenden Frage nach dem „Beinschab-Tool“ sagte Schmid, er werde von der Staatsanwaltschaft verfolgt, darum werde er dazu nichts sagen. Wiederholt verwies er auf sein Eingangsstatement („Werde keine Fragen beantworten“).

Thomas Schmid beim ÖVP Untersuchungsausschuss
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Schmid bei seinem Eintreffen vor der Befragung – unter den Augen einer für den ÖVP-U-Ausschuss Rekordzahl an Journalistinnen und Journalisten

Ausschuss beantragt Beugestrafe

Pöschl versuchte es unbeirrt weiter, weil er das Aussageverweigerungsrecht als „nicht gerechtfertigt“ erachtete: Er wollte wissen, was in der Umfragecausa mit dem Begriff „Sonntagsfrage“ gemeint sei. Schmid blieb dabei: Er wolle – „mit Verweis auf das bisher Gesagte“ – nichts sagen. Pöschl kündigte an, beim Verwaltungsgerichtshof eine Beugestrafe beantragen zu wollen. „Das bedeutet 500 bis 5.000 Strafe und im Wiederholungsfall bis zu 10.000 Euro“, wollte Pöschl „nur noch einmal klarstellen“.

Auf Fragen der SPÖ zum „Österreich-Beinschab-Tool“ zeigte sich ein ähnliches Bild. Fraktionschef Kai Jan Krainer stellte Fragen zum Einvernahmeprotokoll der WKStA, konkret etwa zur Aussage, nach der Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) ihm den Auftrag zum „Österreich-Beinschab-Tool“ gegeben habe. Schmid verweigerte auch hierbei die Aussage – und das auf wiederholte Fragen Krainers jeweils aufs Neue („Ich berufe mich auf das Aussageverweigerungsrecht und werde nicht aussagen“). Das habe einen weiteren Antrag auf eine Beugestrafe zur Folge, sagte Bures gleichsam wiederholt.

Kai Jan Krainer beim ÖVP Untersuchungsausschuss
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Auch Krainer erhielt keine Antworten

Fragen zur Causa Wolf

Krainer sollte es weiter „versuchen“, wie Bures sagte. Ob die Steuerberater des Unternehmers Siegfried Wolf mit ihm, Schmid, in Kontakt traten, fragte Krainer („Wenn ja, wann?“). Gegenüber der WKStA hatte Schmid Wolf schwere Vorwürfe gemacht. Wolf hätte versucht, über Interventionen bei ihm seine Steuerpflicht zu senken, gab er dort an. Hierorts im Ausschuss sagte er dazu nichts. Was Wolf „steuern“ wollte? Erneut keine Antwort, erneut ein Antrag auf eine Beugestrafe. Für Wolf gilt – wie für alle anderen Beschuldigten – die Unschuldsvermutung.

FPÖ fragt zu „Sideletter“

Auch zu FPÖ-Fragen durch Christian Hafenecker wollte Schmid nichts sagen – auch nicht zur Frage, ob er Mitglied der ÖVP sei. Auch ob Schmid im Vorfeld unter Druck gesetzt oder bedroht worden sei, ließ ebendieser unbeantwortet. Fragen zu einem „Sideletter“ zwischen Ex-Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) und Kurz zur signifikanten Budgeterhöhung des Außenministeriums (Kurz war damals Außenminister) gingen ebenfalls ins Leere.

Nach wiederum mehrfachen Anträgen auf Beugestrafen sprach Hafenecker von „unglaublichen Verhalten“ Schmids und einer „Farce“, wie er sich hier verhalte. Man werde wohl zum Schluss kommen, dass er „sicher keine Person sein kann, der die Justiz vertrauen kann“. Er, Hafenecker, werde dafür plädieren, Schmid den Kronzeugenstatus nicht zu geben, weil er gegenüber dem U-Ausschuss nicht kooperiere.

Doris Bures beim ÖVP Untersuchungsausschuss
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Bures führt den Vorsitz – sie pochte auf Einzelfallprüfung jeder Frage

Grüne fragen zu Benko

Auch die Grünen-Fraktionsführerin Nina Tomaselli versuchte, Antworten zu erhalten. Sie erfragte, ob sich Schmid über die Steuerverfahren Benkos mit ebendiesem unterhalten habe. Wieso er sich für einen Multimillionär eingesetzt habe? Ob er Wahrnehmungen habe, dass eine Jacht Benkos von der Steuer abgeschrieben worden sei? Freilich waren auch hier keine Antworten zu erhalten. Ebenso nicht zu Fragen nach der steuerlichen Geltendmachung eines Weinkellers von Benkos Signa Holding und nach den Jagdausgaben des ehemaligen Lobbyisten Alfons Mensdorff-Pouilly.

Nina Tomaselli beim ÖVP Untersuchungsausschuss
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Auch Tomaselli erhielt – wenig verwunderlich – keine Antworten

Schmid behauptete in seinen Einvernahmen vor der WKStA, Benko hätte versucht, über Schmid Steuererleichterungen zu bekommen. Unter anderem sei es um eine Nachzahlung im Zusammenhang mit der Errichtung des „Goldenen Quartiers“ in Wien gegangen, das wegen der Adresse auch als „Tuchlaubenkomplex“ bekannt ist. Im Gegenzug habe Benko Schmid einen Job als Generalbevollmächtigter in seinem Konzern angeboten. Benko hat das dementiert – für ihn gilt die Unschuldsvermutung.

NEOS-Fraktionschefin Stephanie Krisper wollte von Schmid wissen, ob der ehemalige SPÖ-Berater Tal Silberstein für Benko tätig gewesen sei bzw. ob der über diesen Umstand informiert gewesen sei. Wenig verwunderlich blieb es auch hier bei einer Frage ohne Antwort.

Hanger fragt zu Sobotka – Frage nicht zulässig

Auch nicht besonders lange dauerte die Befragung durch die ÖVP. Fraktionsführer Andreas Hanger erkundigte sich bei Schmid etwa nach möglichen Interventionen von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) zu einer Steuerprüfung bei der Erwin-Pröll-Stiftung und dem Alois-Mock-Institut. Hierbei gilt freilich die Unschuldsvermutung. Da diese Frage nicht vom zulässigen Fragenkatalog gedeckt ist, wurde die Frage nicht zugelassen – eine Aussageverweigerung Schmids war in diesem Fall also (ausnahmsweise) nicht nötig.

Wirbel über Fragen – bis zuletzt

Apropos Fragen: Diskussionen gab es im Ausschusslokal einleitend noch über eine von der WKStA angestrebte Konsultationsvereinbarung, um die noch laufenden Ermittlungen nicht zu gefährden. Einzig die ÖVP wollte der Einschränkung der Befragungsthemen nicht zustimmen. Ein Antrag des Justizministeriums beim VfGH sollte dafür sorgen, dass dennoch nur die von der WKStA gewünschten Ermittlungsstränge behandelt werden dürfen.

Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl beim ÖVP Untersuchungsausschuss
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Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl stellte wie gewohnt erste Fragen – Antworten erhielt er keine

Über die Zulässigkeit der Fragen entscheiden muss grundsätzlich die Vorsitzführende Bures. Fixe Befragungsthemen waren (ungeachtet einer Nichtbeantwortung) aber etwa das „Österreich-Beinschab-Tool“, die Steuercausen rund um die Investoren Benko und Wolf sowie die mutmaßliche Falschaussage von Ex-Bundeskanzler Kurz. U-Ausschuss-Vorsitzender und Parlamentspräsident Sobotka war wegen einer „seit Langem geplanten Auslandsreise“ nicht anwesend.