Thomas Schmid im ÖVP Untersuchungsausschuss
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ÖVP-U-Ausschuss

Schmid soll neu geladen werden

Das Interesse an der Befragung von Thomas Schmid im ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss am Donnerstag ist enorm groß gewesen – gleichsam die Erwartungshaltung an jenen Mann, der als ehemaliger Generalsekretär im Finanzministerium und Ex-ÖBAG-Chef gegenüber der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) schwer Belastendes über diverse Vorgänge in und um die ÖVP preisgab und damit Kronzeugenstatus erlangen will. Doch gegenüber dem Ausschuss war er kaum redefreudig, zum Ärger so mancher Fraktion. Nun soll Schmid neu geladen werden.

Nach dem Befragungstag waren sich die Fraktionen darüber einig – der Antrag zur neuerlichen Ladung von Schmid wurde einstimmig angenommen. Ein Termin ist noch festzulegen. Aufhorchen hatte zuvor NEOS-Fraktionsvorsitzende Stephanie Krisper lassen, die unmittelbar nach der Befragung Schmids von der erst zuletzt vorgebrachten Position ihrer Partei abrückte, den Ausschuss nicht über den 7. Dezember hinaus verlängern zu wollen.

Für eine Neuladung ist eine Verlängerung (um zumindest einen benötigten neuen Befragungstag für Schmid) insofern nötig, als der Ausschuss eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) abwarten will. Nämlich jene bezüglich der im Zuge der Befragung Schmids eingereichten Anträge auf Verhängung einer Beugestrafe. Es war am Ende waren dem Vernehmen nach 15 bis 20 davon.

Thomas Schmid beim ÖVP Untersuchungsausschuss
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Schmid kam mit seinem neuen Anwalt Roland Kier

Denn die Anträge kamen zusammen, weil Schmid nichts sagte und sich dabei stets auf das Recht zur Aussageverweigerung berief – zu Unrecht, wie der Ausschuss jedes Mal aufs Neue befand. Und würde der Ausschuss vor einem (rechtskräftigen) Urteil des BVwG beendet, könnte es ein solches rechtlich auch nicht mehr geben. Also soll der Ausschuss verlängert werden, um mit Grundlage der Urteile Schmid dann noch einmal befragen zu können.

Verweigerung in Dauerschleife

Generell hatte sich die von vielen mit Hochspannung erwartete Befragung Schmids als maximal unergiebig erwiesen: Schmid verweigerte sämtliche Antworten und berief sich dabei unter anderem auf weitere ausständige Einvernahmen bei der WKStA. Nicht einmal das Protokoll seiner Einvernahme bei der WKStA wollte er auf Nachfrage bestätigen. Der Satz „Ich berufe mich auf das Aussageverweigerungsrecht und werde dazu nicht sagen“ geriet zur Dauerschleife.

„Reinen Tisch machen“ gegenüber WKStA

Schmid hatte sich zunächst in seiner Stellungnahme für sein Nichterscheinen vor dem Ausschuss trotz mehrmaliger Ladungen entschuldigt, führte das aber auch auf seine Einvernahmen bei der WKStA beziehungsweise sein Bestreben zurück, „reinen Tisch“ zu machen und mit den Behörden kooperieren zu wollen. Er habe das geheim halten müssen, um etwa den von ihm angestrebten Kronzeugenstatus nicht zu gefährden.

Die Ausschussvorsitzende Doris Bures und Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl wollten sich dem nicht anschließen, nach entsprechenden Beratungen mit den Fraktionsvorsitzenden ging die Befragung wie üblich los – doch schon bei der ersten Frage von Pöschl zum „Österreich-Beinschab-Tool“ begann die Befragung, gelinde gesagt, zu stocken: Schmid verweigerte eine Antwort. Pöschl verlangte eine Glaubhaftmachung der Aussageverweigerung, doch Schmid beharrte auf seiner Aussageverweigerung.

ÖVP Untersuchungsausschuss
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Die Erwartungshaltung beim Kameraschwenk unmittelbar vor Befragungsstart war groß bis enorm

Dieses Spiel, angereichert durch den Hinweis auf ebenjene Anträge auf Beugestrafe beim Verwaltungsgerichtshof, wiederholte sich im weiteren Verlauf der Sitzung unzählige Male: Schmid bekam eine Frage gestellt, verweigerte die Aussage, diese Verweigerung wurde als ungerechtfertigt eingeschätzt, und eine Beugestrafe wurde angedroht. Nicht einmal seine eigene Unterschrift auf dem Vernehmungsprotokoll der WKStA wollte Schmid auf Nachfrage von SPÖ-Fraktionsführer Kai Jan Krainer bestätigen.

ÖVP blockierte Konsultationsverfahren

Dabei hatte die Befragung ohnedies schon unter ungewohnten Vorzeichen begonnen: Im Rahmen eines Konsultationsverfahrens wollte die WKStA nur jene Fragen zugelassen wissen, die ihrer Meinung nach Ermittlungen nicht behindern oder Verdächtige warnen könnten. Über eine entsprechende Positivliste mit zulässigen Themengebieten konnte zwischen den Fraktionen allerdings keine Einigung erzielt werden.

Die ÖVP verweigerte ihre Zustimmung und verlangte eine Negativliste mit Themen, die nicht abgefragt werden dürfen – damit bestehe aber die Gefahr, dass anhand von Überschriften auch geschwärzte Teile des Protokolls bekanntwerden, argumentierten die anderen Fraktionen unter dem Verweis, dass auch die ÖVP selbst Beschuldigte sei.

Zadic beantragt Feststellung bei VfGH

Schließlich beantragte Justizministerin Alma Zadic (Grüne) beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) eine Feststellung, die mit dem „Schutz der Interessen der Strafverfolgungsbehörden“ begründet wurde. Das Justizministerium will eine neue Konsultationsvereinbarung für jene Bereiche, wo eine Ermittlungsgefährdung vorliegt. Der Antrag umfasst nur jene Bereiche, wo eine Gefährdung der Ermittlungen besteht, also nicht die Bereiche, wo die WKStA ihre Einvernahmen bereits abgeschlossen hat und deshalb keine Gefährdung besteht.

Kai Jan Krainer beim ÖVP Untersuchungsausschuss
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Krainer wollte wissen, ob Schmid seine Unterschrift bestätigen könne – dieser verweigerte

Zadic stehe zu einer Befragung Schmids zu den im Vereinbarungsentwurf dargelegten Bereiche – darunter unter anderem das „Beinschab-Tool“ sowie die Einflussnahme auf Steuerverfahren von Siegfried Wolf und Rene Benko sowie vermutete Falschaussagen von Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und seinem Kabinettschef Bernhard Bonelli. Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung. Es wird erwartet, dass der VfGH innerhalb von vier Wochen entscheidet.

Schon vor der Befragung am Donnerstag hatten Pöschl und Bures das angesprochen und festgehalten, dass ausschließlich zu jenen Themen gefragt werden dürfe, die die Ermittlungen und die Strafverfolgung nicht beeinträchtigen. Alle Fragen würden entsprechend einzeln geprüft, hielten beide fest.

Redundantes Spiel: Frage ohne Antwort

Trotz der unversöhnlichen Positionen wurde Schmid von den Fraktionen befragt. Um von ihm irgendwie doch an Antworten zu kommen, wurden unterschiedliche Strategien gewählt. FPÖ-Fraktionsführer Christian Hafenecker versuchte es etwa mit der Frage, ob Schmid von seiner Befragung unter Druck kam oder ob versucht wurde, seine Aussage irgendwie zu beeinflussen.

Christian Hafenecker beim ÖVP Untersuchungsausschuss
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Hafenecker war über die verweigerten Antworten merkbar verärgert

Die Beantwortung verweigerte Schmid ebenso wie die Frage, ob Schmid Mitglied der ÖVP ist. In seiner Befragung im „Ibiza“-U-Ausschuss hatte Schmid darauf noch mit Ja geantwortet. Hafenecker erklärte die Befragung enerviert zur „Farce“, die Weigerung werde Schmid bei seinem Wunsch, Kronzeuge werden zu wollen, kaum helfen.

Grüne fragen zu Benko

Grünen-Fraktionsführerin Nina Tomaselli versuchte es dann mit dem – laut Justizministerium und WKStA für Schmid ebenfalls ungefährlichen – Themengebiet rund um den Immobilienmilliardär Benko. Das skizzierte Spiel wiederholte sich auch hier: Schmid verweigerte die Aussage, was von Bures und Pöschl als nicht gerechtfertigt und begründet erklärt wurde – mit anschließender Androhung einer Beugestrafe. Tomaselli zeigte sich unbeirrt und fragte weiter, erntete von Schmid aber ebenfalls nur Antwortverweigerungen.

Stephanie Krisper beim ÖVP Untersuchungsausschuss
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Auch NEOS-Fraktionsführerin Stephanie Krisper bekam keine Antworten auf ihre Fragen

Das Thema Steuerprüfung beim Alois-Mock-Institut und der Erwin-Pröll-Privatstiftung brachte dann ÖVP-Fraktionsführer Andreas Hanger aufs Tapet – allerdings sind diese Themen samt möglicher Involvierung von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) nicht Teil der genehmigten Liste, Schmid musste also erst gar nicht die Antwort verweigern. Nach einer Runde Fragen und einer Zusatzfrage durch Krainer endete die Befragung Schmids ohne echte inhaltliche Erkenntnis.

Gute Strategie?

Hafenecker meinte nach der Befragung, man dürfe Schmid nicht trauen, er sei nicht kooperationsfähig. Er werde Zadic einen Brief schreiben, dass Schmid den Kronzeugenstatus nicht bekommen sollte. Doch offen ist, ob Schmids Strategie ihm beim Versuch, den Kronzeugenstatus zu erreichen, hilft oder nicht. Strafrechtsprofessor Robert Kert von der Wirtschaftsuniversität (WU) Wien sagte gegenüber ORF.at, dass Schmids Verschlossenheit im Ausschuss für die Ermittlungsbehörden „nicht wirklich relevant“ sei, was deren Entscheidung zur Kronzeugenregelung betrifft.

VfGH-Richter Rami zur Causa Schmid

Rechtsanwalt und Verfassungsgerichtshofrichter Michael Rami kommentiert die Verweigerung der Aussage von Ex-Finanzministeriumsgeneralsekretär Thomas Schmid vor dem ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss.

Auf das Strafverfahren habe das „keinen unmittelbaren Einfluss“, hingegen wäre es dahingehend sehr wohl problematisch gewesen, so Kert, hätte Schmid im Ausschuss etwas gesagt, was er der Ermittlungsbehörde nicht gesagt hat, bzw. einen Umstand – vielleicht auch nur aus Unachtsamkeit – anders dargestellt. Die Aussagen gegenüber der WKStA seien wohl „sehr gut überlegt“ gewesen, im U-Ausschuss habe er nach justiziellen Maßstäben auch auf „untypische Fragen“ zu antworten, so Kert.