Türkischer Politiker nach „Desinformations“-Gesetz angeklagt

Der Vorsitzende der größten Oppositionspartei in der Türkei ist wegen eines mutmaßlichen Verstoßes gegen ein umstrittenes „Desinformations“-Gesetz angeklagt worden. Nach Angaben aus seiner sozialdemokratischen Partei CHP wird Kemal Kilicdaroglu die „öffentliche Verbreitung irreführender Informationen“ vorgeworfen. Der Oppositionsführer ist damit der erste Mensch in der Türkei, der auf Grundlage des im vergangenen Monat verabschiedeten Gesetzes belangt werden soll.

Kilicdaroglu drohen bis zu drei Jahre Haft. Er gilt als möglicher Herausforderer des amtierenden Präsidenten Recep Tayyip Erdogan bei der Wahl im kommenden Jahr. Kilicdaroglu hatte Erdogans konservative AKP-Regierung am Montag auf Twitter für eine „Methamphetamin-Epidemie“ verantwortlich gemacht und ihr vorgeworfen, Geld aus Drogenverkäufen zur Tilgung von Staatsschulden zu verwenden.

Anwalt: Gesetz soll Meinungsfreiheit einschränken

Innenminister Süleyman Soylu sagte, es stehe einem Bürger „und erst recht einem Parteivorsitzenden nicht zu, den Staat, die Polizei, die Gendarmerie und die Armee zu verleumden“. CHP-Anwalt Celal Celik sagte der oppositionsnahen Nachrichtenagentur Anka, die Behörden hätten „gewarnt“, dass das Gesetz gegen Politiker angewendet werde, „um ihre Meinungsfreiheit einzuschränken. Genau das ist passiert.“

Erdogan, der seit Langem mit harter Hand gegen seine Gegner vorgeht, will sich im kommenden Jahr im Amt bestätigen lassen. Es dürfte für ihn die schwierigste Wahl seit Beginn seiner Amtszeit vor fast zwei Jahrzehnten werden. Die Umfragewerte seiner Regierungspartei sind wegen einer galoppierenden Inflation und einer Währungskrise auf einem historischen Tief.